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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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wuchernde Dickicht der Lichtpflanzen nach und nach ein dichtes Gitterwerk gebildet, ein farbenglühendes Gewebe, das sie einschloß wie ein großes, rundes Zelt aus Zauberteppichen. So achtete Bastian nicht darauf, was außerhalb geschah. Er wußte nicht, daß Perelin weiter-und weiterwuchs und die einzelnen Pflanzen immer größer wurden. Und noch immer regneten überall lichtfünkchenkleine Samenkörner herunter, aus denen neue Keime sproßten.
    Er saß in Mondenkinds Anblick versunken.
    Er hätte nicht sagen können, ob viel Zeit verstrichen war oder wenig, als Mondenkind ihm mit ihrer Hand die Augen verdeckte.
    »Warum hast du mich so lang auf dich warten lassen?« hörte er sie fragen. »Warum hast du mich gezwungen, zum Alten vom Wandernden Berge zu gehen? Warum bist du nicht gekommen, als ich rief?«
    Bastian schluckte.
    »Es war, weil -«, brachte er verlegen heraus, »-ich dachte - es war alles mögliche, auch Angst - aber in Wirklichkeit hab’ ich mich vor dir geschämt, Mondenkind.«
    Sie zog ihre Hand zurück und sah ihn verwundert an.
    »Geschämt? Aus welchem Grund denn?«
    »Na ja«, druckste Bastian, »ich meine, du hast doch sicher jemand erwartet, der zu dir paßt.« »Und du?« fragte sie, »paßt du nicht zu mir?«
    »Das heißt«, stotterte Bastian und fühlte, daß er rot wurde, »ich wollte sagen, eben einen, der mutig ist und stark und schön - einen Prinzen oder so was - jedenfalls nicht so einen wie mich.«
    Er hatte die Augen niedergeschlagen und hörte, daß sie wieder auf diese leise, singende Art lachte.»Siehst du«, sagte er, »jetzt lachst du auch über mich.«
    Es blieb lange still, und als Bastian es endlich über sich brachte, wieder aufzublicken, sah er, daß sie sich ganz nah zu ihm geneigt hatte. Ihr Gesicht war ernst.
    »Ich will dir etwas zeigen, mein Bastian«, sagte sie, »schau mir in die Augen!« Bastian tat es, obwohl ihm das Herz klopfte und ihm ein wenig schwindelig dabei wurde. Und nun sah er im Goldspiegel ihrer Augen, erst noch klein und wie aus weiter Ferne, eine Gestalt, die nach und nach größer und immer deutlicher wurde. Es war ein Knabe, etwa in seinem Alter, doch war er schlank und von wunderbarer Schönheit. Seine Haltung war stolz und aufrecht, sein Gesicht edel, schmal und männlich. Er sah aus wie ein junger Prinz aus dem Morgenland. Sein Turban war aus blauer Seide, ebenso die silberbestickte Jacke, die er trug und die bis zu den Knien reichte. Seine Beine steckten in hohen, roten Stiefeln aus feinem, weichen Leder, deren Spitzen waren aufgebogen. Auf seinem Rücken hing von den Schultern bis zum Boden ein silberglitzernder Mantel nieder, der einen hoch aufgestellten Kragen hatte. Das schönste an diesem Jungen waren seine Hände, die feingliedrig und vornehm und doch zugleich ungewöhnlich kräftig wirkten.
    Hingerissen und voll Bewunderung blickte Bastian dieses Bild an. Er konnte sich kaum satt sehen. Er wollte gerade fragen, wer dieser schöne junge Königssohn sei, als ihn wie ein Blitzstrahl die Erkenntnis durchzuckte, daß er es selber war.
    Es war sein eigenes Spiegelbild in Mondenkinds Goldaugen!
    Was in diesem Moment mit ihm geschah, ist mit Worten sehr schwer zu beschreiben. Es war ein Entzücken, das ihn aus sich selbst forttrug wie in einer Ohnmacht, weit fort, und als es ihn wieder absetzte und er ganz in sich zurückgekehrt war, fand er sich als jener schöne Junge wieder, dessen Bild er erblickt hatte.
    Er sah an sich hinunter und alles war so, wie in Mondenkinds Augen, die feinen weichen Stiefel aus rotem Leder, die blaue silberbestickte Jakke, der Turban, der lange glitzernde Mantel, seine Gestalt und - soweit er es fühlen konnte - auch sein Gesicht. Staunend blickte er auf seine Hände.
    Er wandte sich nach Mondenkind um.
    Sie war nicht mehr da!
    Er war allein in dem runden Raum, den das glimmende Pflanzendickicht gebildet hatte. »Mondenkind!« rief er nach allen Seiten, »Mondenkind!«
    Aber er bekam keine Antwort.
    Ratlos setzte er sich nieder. Was sollte er nun anfangen? Warum hatte sie ihn allein gelassen? Wo sollte er nun hin - falls er überhaupt irgendwohin konnte und nicht wie in einem Käfig gefangen war?
    Während er so dasaß und zu verstehen versuchte, was Mondenkind veranlaßt haben mochte, ihn ohne Erklärung und ohne Abschiedswort zu verlassen, spielten seine Finger mit einem goldenen Amulett, das an einer Kette um seinen Hals hing.
    Er betrachtete es und stieß einen Laut der Überraschung aus.
    Es war AURYN, das

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