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Die Unermesslichkeit

Die Unermesslichkeit

Titel: Die Unermesslichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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Mark, und Carl nahm einen vierten Zug, aber dann gab er es auf.
    Manchmal passiert beim ersten Mal gar nichts, sagte Mark.
    Carl war sich nicht sicher, ob es ein zweites Mal geben würde. Es war alles enttäuschend. Monique vögelt Jim, sagte er zu Mark. Und er blickte in die Küche, zu Karen, die ihn jetzt ansah. Ich habe die beiden im Wohnzimmer gesehen, als wir dort übernachtet haben, und sie hat sich ziemlich oft abgesetzt.
    Mark stopfte noch ein Pfeifchen.
    Rhodas Jim?, fragte Karen.
    Genau, der Zahnarzt.
    Mark steckte sie an und nahm einen tiefen Zug, dann reichte er sie an Carl weiter.
    Nein danke, sagte Carl. Das reicht mir erst mal.
    Mark zuckte die Schultern und hielt die Pfeife in die Luft, damit Karen sie holen konnte. Sie nahm einen Zug und gab sie zurück.
    Das war sie also, die große Enthüllung, der lang erwartete Augenblick. Carls Geheimnis, das wie ein Meteor in die Welt einschlug.
    Essen ist fertig, sagte Karen.

M ilchig vor Schlick und ruhig. Man konnte sich vorstellen, es wäre nur knöcheltief. Als Gary den Motor ausstellte und sie ans Ufer glitten, hörte Irene Möwen auf einem felsigen Plätzchen weiter oben am See. Die kleinste der Inseln, freiliegender Fels, weiß bedeckt von Guano. Kein Wind heute, sonnig und still, das letzte gute Wetter des Sommers. Nächste Woche laut Vorhersage die ersten Herbststürme.
    Irene blickte über den Rand und sah unter dem Rumpf blaugraue Steine auftauchen. Das milchige Wasser von nahem irgendwie klar, ein Spiegel, der die Steine vergrößerte, sie näher brachte. Es sah aus, als müssten sie bereits aufsetzen. Schließlich stieß das Boot an, schrappte über den Boden, und Irene hievte ihren Rucksack hoch, kletterte vorsichtig über die Seite, und die Gummistiefel saugten sich im Wasser an Knöchel und Schienbeine. Glitschig. Im Rucksack ein Zelt und Schlafsack, Töpfe und Pfannen, Kleidung. Gary mit einem Coleman-Kocher und einem weiteren Zelt. Für ein Lager, damit sie länger arbeiten konnten. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen würden sie an der Hütte arbeiten.
    Irene vorsichtig auf den glatten Steinen, ein paar Schritte an Land, mehr Steine, aber trocken und grau, kleine Grasbüschel, winzige Gezeitentümpel mit Algen und Mücken, in einer Wolke jetzt um sie herum,an Knöcheln und Handgelenken, überall, wo Blut und Knochen frei lagen. Ein schmaler Streifen Gras und Fels am Ufer entlang, dann höheres Gras und Wildblumen, die nicht mehr blühten. Höchstwahrscheinlich gab es Zwergiris, Nadelrose, Moosauge, rosa Erdglöckchen, Wintergrün und andere gelbe und weiße Blumen, die sie noch nicht benennen konnte. Totholz und Furchen überall, Irene bemüht, mit dem schweren Rucksack nicht zu stolpern.
    Das Erlendickicht ein dritter Streifen vom Ufer aufwärts, hellgrün in der Sonne, die ganze Erde grün. Dicht bewachsen hier, Spinnweben ein Geflecht in der Luft. Irene versuchte, sanft aufzutreten, um Irritationen zu vermeiden. Ihr Mann hinter hier, schnellere Schritte, das Knacken kleiner Zweige.
    Ein perfekter Tag, um das Lager aufzuschlagen, sagte er im Vorbeigehen, und sie antwortete nicht. Sie hielt den Kopf gesenkt, rotes Feuerkraut in einem großen Flecken, die Spitzen bereits erblüht. Ein Zeichen von Herbst, Anfang vom Ende. Sechs Wochen bis zum Schnee, wenn die Spitzen blühen, und sie hatten sich schon vor einiger Zeit geöffnet, wobei Irene nicht gemerkt hatte, wann genau. Nach vielen Jahren hier konnte man diese Blume schon fürchten, insofern war es komisch, dass sie es nicht gemerkt hatte.
    Irene ging durch niederes Dickicht bis zum Waldrand, wo ihre Hütte an einer Seite zu weit nach innen wankte, auf der anderen zu weit nach außen. Das Ganze kurz vorm Umkippen. Sie hatten eine Ladung Kanthölzer mit, um Stützen zu bauen.
    Irene ging zum Boot zurück, Gary entgegen, der grinsend die Augenbrauen hob. Lecker, sagte er, in der Hand eine Plastikdose mit Verpflegung.
    Irene wollte etwas erwidern, wollte es ihnen leichter machen. Aber sie konnte nicht. Ohne Medikamente war alles schneidend scharf. Sie musste sich vorsichtig bewegen, musste Reden und Mimik meiden.
    Sie nahm ein halbes Dutzend Kanthölzer aus dem Boot, ging langsam hinauf durch Büschel und Furchen, legte das Holz ab und ging zurück, um die nächste Ladung zu holen. Ihr fehlte nichts, also brauchte sie nur zu warten, bis der Schmerz vorüberging.
    Was für ein schönes Fleckchen, sagte Gary. Ich liebe diesen Ort.
    Er ist schön, sagte sie und zuckte zusammen. Aber Gary war

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