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Die Unermesslichkeit

Die Unermesslichkeit

Titel: Die Unermesslichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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der Familie verbringen, es war Mist, weil man es an nichts festmachen konnte. Es gab keine kosmischen Wertungslisten. Kinder zu haben, schien einige Leute zu erfüllen, aber im Grunde stimmte das nicht. Sie logen, weil sie ihr Leben verloren hatten und es zu spät war. Und Geld, für sich genommen, bedeutete gar nichts. Also blieb nur Sex übrig, und da war Geld von Nutzen.
    Jim stand an der Spüle, wusch den Salat und begriff, dass er die Lösung gefunden hatte. Er würde sein Leben dem Sex widmen. Sich fit machen und so viele Frauen wie möglich nehmen. Er wünschte, das wäre ihm früher aufgegangen, als er noch nicht einundvierzig war, denn früher wäre es viel einfacher gewesen, aber es war immer noch nicht zu spät. Er hatte noch mindestens zehn Jahre, bevor sein Leben sich in etwas auflöste, über das er nicht nachdenken wollte.
    Er zerpflückte den Salat, schnitt Tomaten, teilte die Avocado, fügte die anderen Zutaten hinzu, setzte Wasser für die Krabbenbeine auf und legte dann erst mal eine Pause ein, weil er nicht wusste, wann sie nach Hause kam. Und das Omelette surprise ließ er bleiben. Zu viel Mühe.

C arl verbrachte den ganzen Tag am Coffee Bus. Karen gab ihm einen Kaffee aus, und als sie merkte, dass er kein Geld hatte, gab sie ihm auch Sandwiches. Er saß gegen den Bus gelehnt, je ein Rucksack zu beiden Seiten. Nickte Kunden zu und schrieb Postkarten. Eine schrieb er an sich selbst.
    Lieber Carl, Hoffentlich sehe ich dich bald wieder. Du wirkst ein bisschen verloren. Wir haben uns lange nicht mehr unterhalten. Ich glaube, wir müssen uns endlich eingestehen, dass es nicht gut läuft. Wir haben beide Träume, aber führen sie uns in dieselbe Richtung? Ha ha, Carl.
    Carl trug die Adresse ein und legte sie zu den übrigen Postkarten. All das setzte voraus, dass er irgendwann genug Geld hatte, um Briefmarken zu kaufen. Er wartete auf Mark, damit er ihn um einen Job bitten konnte.
    Aber Mark kam nicht, und um acht Uhr abends schloss Karen den Bus ab.
    Er fischt bis sieben, sagte Karen. Aber dann müssen sie zum Dock und entladen. Dauert noch etwas, bis er kommt, also nehme ich dich einfach mit nach Hause, und du kannst dort mit ihm reden.
    Danke, sagte Carl und kletterte mit den Rucksäcken in ihren VW-Bus.
    Wo ist Monique?
    Carl hatte den ganzen Tag mit den beiden Rucksäcken dagesessen, insofern war es etwas merkwürdig, dass Karen jetzt fragte.
    Hat mich sitzenlassen, sagte er.
    Karen nickte und bog auf die Straße. Tut mir leid.
    Es war unvermeidlich, sagte Carl. Sie hat mich nie gemocht. Aber wenigstens könnte sie ihr Zeug abholen. Finde ich nicht so nett, dass ich das mit rumschleppen muss.
    Ja, pflichtete Karen ihm bei. Dann fing sie an zu murmeln. Flüstern und Kopfzucken, tiefes Gegrummel, Aha-Ausrufe, alles dabei, wie eine komplette Unterhaltung mit einer anderen Person. Carl neben ihr, auf Armeslänge, völlig ausgeblendet. Er fragte sich, ob sie was genommen hatte oder irgendwie gestört war. Das war ihm an ihr bisher nicht aufgefallen. Aber er wollte nicht unterbrechen.
    Karen fuhr im Slalom den Kiesweg zum See hinunter. Schwenk nach rechts, kleiner Ruck und Schwenk nach links, dann wieder nach rechts. Carl war froh, als sie am Ziel waren.
    Karen ging hinein und machte sich ans Kochen, eingeschlossen in ihrer Welt. Carl trug die Rucksäcke nacheinander hinein und setzte sich ins Wohnzimmer. Unbearbeiteter Sperrholzboden, eine schmutzige alte Couch, aber ganz bequem. Die Luft erstaunlich kalt. Keine Heizung oder Dämmung, von irgendwoher wehte der Wind. Carl hatte seine Jacke ausgezogen, zog sie nun aber wieder an und setzte die Kapuze auf. Nicht wärmer als draußen.
    Carl hatte Hunger. Sandwiches und Kaffee reichten nicht. Eine gewisse Tortur, hier auf der Couch zu sitzen und zu wissen, dass Essen in der Nähe war. Er konnte nicht einfach aufstehen und sich einen Happen holen. Es gab bestimmt geräucherten Lachs. Essen in Reichweite, aber unberührbar. Obwohl: würde sie in ihrer Murmelei überhaupt was mitkriegen?
    Endlich fuhr Mark vor und kam herein.
    Mein Bruder vom anderen Planeten, sagte er zu Carl. Zum Gruße.
    Ahoi, sagte Carl, bemüht, angemessen zu kontern.
    Hast du Monique mitgebracht?
    Sie hat mich sitzenlassen.
    Ah, sagte Mark. Kennst du schon meinen Analysis-Witz?
    Nein.
    E zum X geht mit C die Straße runter, und sie treffen ein Integralzeichen.
    Wie bitte?
    Hattest du keine Differenzialrechnung?
    Nein.
    Na, dann ist egal. Langer Witz. Hab ich aber heute einer Frau in der

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