Die Unermesslichkeit
sägen, langsam tat ihr die Schulter weh.
Gary machte Pause, entwarf Pläne, während sie arbeitete, vielleicht träumte er auch nur vor sich hin. Also hörte sie auf. Du kannst das fertigmachen, sagte sie und ging ins Zelt, um sich hinzulegen, mit schwirrendem Kopf. Der Schmerz so scharf wie eh und je, als würde sich jemand durch ihren Schädel sägen, aber das scherte sie nicht besonders. Es war einfach da. Der Schmerz war inzwischen wie Atmen. Atmen ist nicht bequem, aber wir machen es trotzdem.
Sie hörte, dass Gary schneller sägte, aber auch öfter mit dem Blatt stecken blieb. Ungeduldig. Wollte das Dach drauf haben. Irene hatte begriffen, dass das Zelt gemütlicher war, als die Hütte je werden würde, insofern hatte sie es nicht eilig.
Okay, Irene, rief Gary. Wir können jetzt die Verlängerungen anpassen.
Zunächst regte sich Irene nicht. Aufstehen schien einfach zu mühsam.
Na los, sagte Gary. Wir können heute alle Dachbalken einbauen und vielleicht sogar das Dach decken.
Okay, sagte Irene. Sie kroch aus ihrem Schlafsack, zog die Stiefel an und trat hinaus. Eigentlich ein idealer Tag zum Arbeiten. Kalt und bedeckt, aber keinNiederschlag, nicht zu windig. Sie ging zu dem Stapel Dachbalken und sah ihren Mann an. Das Gesicht eines Fremden. Keine Freundlichkeit.
Ich geh zuerst rein, sagte er. Du bist an der Rückwand.
Okay, sagte sie und folgte mit ihrem Ende. Stieg auf einen Tritt, hielt ihr Ende hoch.
Sieh zu, dass es oben gerade abschließt, sagte er.
Tut es, sagte sie. Mach deine Markierung.
Bin dabei, sagte er.
Sie setzten den Balken ab, und er nagelte die beiden Teile aneinander. Harte Hammerschläge, laut.
Sie hoben ihn wieder an, und Gary nagelte sein Ende in die Blockwand. Verdammt, sagte er. Ich weiß nicht, wie ich das machen soll.
Irene sah, dass ein Nagel am unteren Ende schief reinging, ein weiterer seitlich. Vielleicht brauchst du Winkel, sagte sie.
Ja. Das sehe ich jetzt auch. Aber ich habe keine Winkel, und ganz zufällig gibt es hier keinen Laden. Verdammt.
Also hielt sie ihr Ende hoch, während er vier schiefe Nägel einschlug.
Ein langer Morgen und Nachmittag mit den Balken, Gary zunehmend frustriert und wütend. Ohne Mütze, Jacke vor Anstrengung geöffnet, Haare ein Wust, der in alle Richtungen abstand und vom Wind geplättet wurde. Klemmte seinen Daumen ein, brach ein Ende ab, warf den Hammer zu Boden, kam mit kleinen Anfällen und Ausbrüchen durch den Tag. Ermahnte sie, ihr verdammtes Ende festzuhalten.
Schließlich aber waren die Balken, wo sie sein sollten, verliefen schräg von der Rückwand zur Vorderseite. Gary stand auf einem Tritt in der Mitte des Podests und zog sich an einem der Balken hoch, um seine Stabilität zu testen. Das hält, sagte er. Setzen wir vor Dunkelheit das Dach drauf.
Irene hatte seit Stunden kein Wort gesagt. Sie nahm ein Aluminiumblech und stellte es an die Vorderseite der Hütte. Trug die Trittleiter hinaus und hievte das Blech in Position.
Es ist nicht ganz lang genug, sagte Gary. Darum habe ich auch noch die kleineren geholt. Dann können wir dieses etwas überhängen lassen. Das hilft, den Regen von den Wänden abzuhalten.
Irene tat wie geheißen und hielt das Blech, während er hineinging, um den Nagel einzuschlagen. Ich muss etwas Paste für die Löcher holen, sagte er. Also wusste Irene, dass es auf sie tropfen würde, wahrscheinlich den ganzen Winter. Kein Bett, nur ihre Schlafsäcke mit großen nassen Tropfflecken. Vielleicht würden sie aber auch unter einer Plastikplane schlafen, die Kanten der Sperrholzplatten nass und matschig, ihr Kissen auf dem Boden. Das stand ihr bevor, genau das.
Jetzt das nächste Blech, sagte er. Abend, nur noch etwa eine Stunde Licht, ein Wettlauf gegen die Dunkelheit. Kein Mittagessen. Nur der Haferbrei zum Frühstück. Irene fühlte sich schwindelig und substanzlos, als könnte sie über dem Boden schweben, kurz unter der Baumhöhe. Hielt ein weiteres Blech, während er hämmerte, und noch eins, kaltes Aluminium. Sie trugbloß dünne Drillichhandschuhe. Fallende Temperatur, irgendwo unter dem Gefrierpunkt. Sie zitterte jetzt.
Als sie das letzte große Blech hochhievten, wurde Gary aufgeregt, das Ende in Sicht. Sie hielt fest, während er hineinging, um zu hämmern. Sein Kopf lugte durch die Balken, ein Arm schlang sich herum, um von oben zu hämmern.
Jetzt nur noch die hintere Reihe. Heute Nacht haben wir ein Dach über dem Kopf.
Es wird dunkel, sagte sie.
Wir nehmen Taschenlampen.
Also
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