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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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konstatierte er, dass sein Wissen um den Orden auch ein Potenzial bot. Er hielt die Option, sie auffliegen zu lassen, denn Geheimkulte sah, wie er Lüning gegenüber ganz richtig behauptet hatte, die preußische Verwaltung nicht gerne in ihrem Machtbereich. Und da er ziemlich sicher war, in dieser kruden Vereinigung einige hochrangige Mitglieder der guten Gesellschaft antreffen zu können, könnte man einen gewaltigen Skandal verursachen.
    Später, wenn er mehr wissen würde.
    Einen Hoffnungsschimmer mehr hatte er auch inzwischen - seine behutsamen Fragen nach Camilla Jacobs hatten ihn ziemlich sicher gemacht, dass sie jene Gamila war, die er in Kairo kennengelernt hatte. Und damit konnte sie ihn zu ihrem Bruder führen. Jussuf, der Mann, der alles bezeugen konnte, was geschehen war. Wenn er sich denn dazu bereit erklärte.
    Sollte er Leonie in seine Pläne einweihen?
    Er erwog es ernsthaft. Sie war vertrauenswürdig und verschwiegen. Aber andererseits - er würde sie mit Dingen belasten, die eine Dame, die eine Frau, die eigentlich kein anderer Mensch mittragen
sollte. Sie hatte genug eigenes Leid erfahren, er musste sie nicht auch noch an dem Grauen teilhaben lassen, das er mit sich trug. Erst, wenn es völlig unumgänglich würde. Oder wenn er den Mann gestellt hatte, der für alles verantwortlich war.
    Nun, da er sich etwas klarer über sein Vorgehen war, wanderte er langsam nach Hause.
    Da er vermutete, dass die Kinder schon schliefen, stieg er sehr leise die Treppe hoch und öffnete die Tür zum Wohnzimmer, in der Hoffnung, hier noch Leonie anzutreffen.
    Man bemerkte sein Eintreten nicht, und es bot sich ihm ein erstaunliches Bild, das er im Spiegel der dunklen Fensterscheiben erblickte. Leonie, von einer Lampe beleuchtet, saß mit einem aufgeschlagenen Buch auf dem Sofa und las mit ihrer melodischen Stimme eine Geschichte vor. Ihren linken Arm hatte sie dabei um Lennard gelegt, der sich an ihre Seite kuschelte. Zu ihren Füßen, an ihr rechtes Knie gelehnt, saß Ursel, die verträumt diese ulkige Katze der Nachbarin in ihrem Schoß hielt und streichelte. Es war eine Szene von solch liebevoller Vertrautheit, von Mütterlichkeit und stillem Glück, er musste einfach stehen bleiben, um sie zu betrachten. Ja, so hatten er und seine Geschwister auch oft abends bei ihrer Mutter zusammengesessen, fast konnte er den Tabakduft aus seines Vaters Pfeife riechen und die Hand seiner Mutter in seinen Haaren fühlen.
    Auf leisen Sohlen schlich er näher, wurde nicht bemerkt, denn allzu fesselnd waren die Abenteuer der Ritter der Tafelrunde, und er kniete an Leonies linker Seite nieder. Sie blickte kurz auf und lächelte, las aber unbeirrt weiter. Er legte, wie Ursel, seinen Kopf an ihr Knie und hörte zu, und der zarte Duft von nachtblühendem Jasmin, Rosen und Vanille legte sich tröstend auf seine gemarterte Seele.
    Es war Lennard, der ihn als Erster bemerkte. Er sah, wie der Junge stutzte und sich dann geschwind aus Leonies Umarmung befreite.
    »Aber, aber, Lennard. Ein Mann vergibt sich nichts, wenn er die Zärtlichkeit einer Frau genießt!«, sagte er mit einem leisen Lachen.
    »Ähm - Herr Mansel?«
    »Ja, mein Junge. Deine Würde erleidet keinen Schaden dadurch. Ich freue mich, dass ihr so traulich zusammensitzt. Aber ich denke, es ist jetzt spät genug, um zu Bett zu gehen.«

    Die Katze sprang auf und hüpfte über das Fensterbrett in den Garten, und Ursel streckte ihre Beine.
    »Ja, natürlich. Und danke, Frau Mansel. Es war so schön.«
    »Husch, und träumt etwas Nettes.«
    Die beiden, ein bisschen verlegen, verschwanden umgehend, doch Hendryk blieb in seiner Position sitzen. Leonie schlug das Buch zu und faltete ihre Hände in ihrem Schoß.
    »Sie sollten nicht dort unten sitzen, Hendryk.«
    »Ich werde immer zu Ihren Füßen sitzen, Leonie. Erlauben Sie es mir.«
    Zaghaft fragte sie nach: »Sie sind mir nicht mehr böse?«
    »Nein.« Er schaute zu ihr hoch. »Ich war Ihnen nie böse. Ich war auf mich selbst wütend. Verzeihen Sie mir meine unbedachten Worte.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Da gibt es nichts zu verzeihen, ich habe mich furchtbar gehen lassen.«
    »Ja, es war ein furioser Auftritt. Die Löwin brach wieder durch die gepflegte Fassade einer untadeligen Dame. Mit Recht, Leonie. Sie werden diesem ungelenken jungen Mädchen sicher Schliff geben und ihre Fähigkeiten zur Entfaltung bringen. Darin sind Sie gut, wie man an den Zwillingen sehen kann.«
    »Lennard und Ursel mögen sie, sie kann gut mit

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