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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Überwindung es ihn kostete, aber es gab kaum eine Entschuldigung für ihn - tout le monde würde auf dem groß angekündigten Bazar erscheinen. Das Gemunkel über Camillas zweifelhafte Herkunft würde dann hoffentlich gänzlich verstummen. Überaus dankbar war Leonie Sebastienne, die zu einer der Sitzungen ihre Mutter mitgebracht hatte. Antonia Waldegg, eine Legende, diese Frau, die ihre Jugend als Trossbub verbracht hatte, die Tochter einer Marketenderin, jetzt eine der angesehendsten Damen, hatte in den letzten Kriegsjahren die Krankenversorgung der verwundeten Soldaten geleitet. Ihre Ratschläge waren Gold wert. Das Angebot, kostenlos Plakate, Anzeigen und Einladungen zu drucken, hatte ihnen eine ungeheure Resonanz verschafft.
    Ja, es würde ein anstrengender Tag werden, aber es hatte den Anschein, als ob auch das Wetter in orientalischer Pracht erglänzen wollte, der Himmel war klar, ein feiner, kühlender Wind wehte, und die sommerlichen Blüten entfalteten allerorten ihre Farben und Düfte.
    Mit Rike und den Kindern machte sie sich um neun Uhr auf den Weg zu Jacobs, dort würden sie dann die passenden Kleider anziehen. Der Kostümfundus des Theaters hatte sich als reichhaltig erwiesen, und manch phantasievolle Handarbeit ergänzte die exotischen Gewänder.

    »Leonie, wie schön, dass du so früh kommen konntest! Rike, folgen Sie Naheema, sie wird Ihnen die Kleider für die Kinder zeigen. Und du kommst am besten mit mir mit.«
    Leonie begleitete ihre Freundin in ihr Ankleidezimmer und fand sich vor einer überwältigenden Auswahl an Kleidungsstücken wieder. Weite, weich fallende Pluderhosen aus feinster Seide, Hemden aus dem gleichen Material, Überröcke, verschwenderisch bestickt, Schleiertücher, kurze Boleros, Schnabelschühchen, eigenartige Kopfbedeckungen lagen ausgebreitet vor ihr.
    »Gawrila würde Konvulsionen bekommen«, kicherte Leonie.
    »Vermutlich. Aber sie hat die Einladung abgelehnt, und darum entgeht sie diesem Schicksal.«
    Camilla klang ein wenig beleidigt, und Leonie fühlte sich bemüßigt, die Couturière in Schutz zu nehmen.
    »Camilla, sie kann nicht kommen. Du hast doch auch in einer Gesellschaft gelebt, die strenge Regeln befolgt, nicht wahr? Herr und Diener feiern nicht gemeinsam.«
    »Sie ist doch keine Dienerin, Leonie, sie ist eine Dame.«
    »Ohne Makel und über jeden Zweifel erhaben, deshalb hat sie abgesagt. Denn stell dir vor, etliche der Besucherinnen, die hier erscheinen werden, kennt sie im Hemd und ohne Mieder, weiß um ihre körperlichen Vorzüge und Fehler. Wie peinlich wäre es für jene, die Hüterin ihrer Geheimnisse fröhlich plaudernd mit der einen oder anderen oder gar einem der Herren anzutreffen.«
    Camilla errötete leicht.
    »Ich bin noch immer entsetzlich ungeschickt, nicht wahr? Daran habe ich nicht gedacht.«
    »Aber Gawrila. Eine Dame minderen Charakters hätte die Gelegenheit genutzt, neue Kunden zu fangen oder sich gar zu produzieren. Aber sei getrost, Camilla, ich glaube, Gawrila hat den Geist verstanden, in dem die Einladung ausgesprochen wurde.«
    »Das hoffe ich. Nun, wollen wir dich in die schwarze Seide von Assiut hüllen?«
    »Schwarze Seide?«
    »Das Eleganteste, was du je getragen hast!«
    Und das stimmte. Ein hauchzartes, von feinsten Silberfäden in einem komplizierten geometrischen Muster durchwobenes Gespinst
war zu einem weiten, geraden Überkleid verarbeitet, das sie über den wallende Hosen und dem zarten Hemd tragen sollte. Eine breite Schärpe ähnlicher Machart hielt das Gewand in den Hüften zusammengefasst. Unter einer bestickten Kappe mit einem Schleiertuch versteckte sie ihre Haare.
    »Unglaublich!«, flüsterte Leonie. »Und was trägst du, um mich auszustechen?«
    »Gold!«
    Und das tat sie auch. Camilla trug ein goldenes Gewand, bestickt mit goldenen, leise klingelnden Glöckchen und Plättchen. Die enge, ärmellose Jacke jedoch war schwarz und nur mit wenig Borte verziert. Sie hätte aus einem Bild orientalischer Königinnen herausgetreten sein können.
     
    Der Bazar war ein Erfolg ohnegleichen. Der Orientalismus erfreute sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit, Reise- und Expeditionsberichte wurden verschlungen, Bilder von Löwenjagden oder Haremszenen bestaunt, die prächtigen Gewänder nachgeahmt, Ghasels gedichtet und Singspiele orientalischen Inhalts aufgeführt. Ein Bazar aber war wirklich eine originelle Idee, und so schlenderten Damen in duftigen Sommerkleidern zwischen den Zelten unter den Bäumen umher,

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