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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Büttel könnten ihn suchen, aber nichts war geschehen. Man mochte ihn beschrieben haben, aber er hatte die Fahrt natürlich unter falschem Namen angetreten. Er war zurückgekehrt, hatte eine glaubhafte Geschichte von einem schmerzlichen Unfall erzählt und sich eine Woche lang nur humpelnd und am Stock zur Arbeit begeben. Von Gutermann hatte er sich klugerweise ferngehalten. Und jetzt, sechs Wochen später, hatte er mit geradezu überwältigender Erleichterung gehört, dass der alte Heuchler ins Gras gebissen hatte. Das Schicksal meinte es wahrhaftig gut mit ihm.
    Im vergangenen Monat hatte es keine Versammlungen gegeben, was er sehr bedauerte, dann aber, Mitte Oktober, hatten sie sich wieder eingefunden, um der großen Schlange der Unterwelt zu huldigen. Und aus ganz bestimmten Gründen war er selbst plötzlich zu einer wichtigen Person geworden.
    Denn die Amudat-Bruderschaft hatte einen Feind. Einen, auf den er selbst den Obersten der Brüder aufmerksam gemacht hatte. Zunächst war der Widderköpfige besorgt gewesen, dass dieser Mansel offensichtlich von der Existenz gewisser Worte der Macht wusste. Doch Lüning war ein ungemein kluger Mann, hatte Nachforschungen angestellt, und wie es schien, hatte die Schwester Katze ihm dabei weiterhelfen können. Sein ehemaliger Arbeitgeber, der ihn wegen dieser läppischen Sache mit dem Uhrmachermädel so schmachvoll behandelt hatte, schien tatsächlich selbst einigen Dreck am Stecken zu haben. Es galt, diesen Mann aus dem Verkehr zu ziehen, bevor er Schlimmeres anrichten konnte.

    Und die Wahl, das zu tun, war auf ihn gefallen.
    »Denn du willst Rache nehmen an ihm, Fra Babi. Und das gefällt dem Herrn des Chaos. Am dreißigsten Oktober wird er sich an der Bahnstrecke in Tannenbusch aufhalten. Erfreulicherweise werden auch die Ulanen in der Gegend auf ihrem Exerzierplatz sein. Schüsse werden fallen, und wenn du es richtig anstellst, wird es einen bedauerlichen Unfall geben. Kannst du mit einer Schusswaffe umgehen?«
    Er konnte es bis dato nicht, aber Fra Chnum organisierte eine Möglichkeit für ihn, auf einem Schießstand der Infanteristen in Köln diese Fähigkeit so weit zu erlernen, dass er ein sich langsam bewegendes Ziel aus moderater Entfernung treffen konnte.
    Jetzt saß er also, die Pistole im Anschlag, verborgen hinter einigen Büschen in der Nähe des Bahndamms und zitterte. Nicht nur des kalten Windes und des Nieselregens wegen, sondern auch, weil er ständig fürchtete, einer der Arbeiter, oder schlimmer noch, einer der Soldaten, die auf dem freien Feld hinter ihm wilde Attacken ritten, könnten ihn entdecken. Er wartete darauf, dass der Phaeton auftauchte, mit dem Mansel seine Dienstfahrten zu unternehmen pflegte. Während der langsam dahintröpfelnden Minuten kam ihm flüchtig der Gedanke, Fra Chnum müsse vermutlich irgendetwas mit dem Militär zu tun haben. Nicht nur, dass er ihm Waffe und Schießausbildung verschaffen konnte, er wusste um die Feldübungen der Bonner Ulanen, und seine Abwesenheit im Oktober wäre damit auch geklärt - die Herbstmanöver. Und ganz gewiss war er kein Subalterner. Ein hochrangiger Offizier, ein Mann der Macht, auch im bürgerlichen Leben.
    Lüning hegte größte Bewunderung für den Mann, der die Bruderschaft gegründet hatte und sein geheimes Wissen weitergab. Er selbst hätte nichts dagegen, ihn als den Hohepriester anzureden, und hatte das auch schon getan, aber der Widderköpfige bestand darauf, nur einer der ihren zu sein, ein einfacher Diener des Herren Apophis. Wie wohltuend unterschied ihn das von Gutermann, der die Rosenkranzler mit autokratischer Strenge geführt hatte. Aber das Kapitel war ja abgeschlossen.
    In der Ferne gab es eine Bewegung am Bahndamm. Lüning nahm das Fernrohr zu Hilfe und stellte es auf das fragliche Objekt ein. Tatsächlich,
der Einspänner war Mansels Wagen. In zügigem Trab fuhr er der Stelle entgegen, wo einige Arbeiter eine Bresche im Gleiskörper flickten. Noch war er zu weit entfernt, aber gleich würde er nahe genug an ihm vorbeifahren müssen.
    Seine Hände waren eiskalt, doch auf seiner Stirn stand der Schweiß. Leise intonierte er den Gesang der Macht, um sich für das zu stärken, was der Gebieter ihm aufgetragen hatte.
    Näher und näher kam der Phaeton.
    Er nahm die schwere Pistole mit beiden Händen und hob sie vor sein Gesicht, um besser zielen zu können.
    Mansel hätte ihn nicht so schäbig behandeln sollen.
    Alles rächt sich!
    Jetzt, jetzt war er nahe genug.
    Der Lauf der

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