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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Sein Vater, im staubigen Gehrock, reinigte auf der Veranda einige Gesteinsproben, eine Arbeit, die er nach strenger Anweisung seiner Gattin nicht im Haus erledigen durfte.
    Es war so friedlich, ein so vertrautes Bild von Gemeinschaftlichkeit und Liebe, das sich ihm im Traum geboten hatte, und das nicht endete, denn in seinen Armen lag die Option für eine Zukunft, die ihm genau dieses Leben versprach.

    Leo - Leo hatte sie ihn genannt. Nach fünf Jahren war sie der erste Mensch, der ihn wieder bei seinem wahren Namen rief. Es gab ihm einen Ruck, es verwandelte ihn beinahe. Er war wieder der Mensch, der er einst gewesen war, nicht der wurzellose Abenteurer Mansel, sondern ein Mann mit tiefen Bindungen an seine Familie und seine Heimat. Es wurde Zeit, das zu erledigen, was es zu tun gab, um für alle Welt wieder Leo Flemming zu sein.
    Für den Augenblick, jetzt und in dieser Stunde aber reichte es ihm, Leo für seine Leonie zu sein.
    Sie sah so hübsch aus im Schlaf, verwuschelt, mit leicht geröteten Wangen, ein feines Lächeln auf ihren vollen Lippen. Ja, es steckte eine Löwin in ihr, gezähmt zumeist und unter der Fassade einer untadeligen Dame verborgen, doch trotz allem konnte sie sie nicht leugnen. Er freute sich, dass sie ihm so sehr vertraut hatte, dass sie sich ihm ohne Schranken hingeben und er sie das Entsetzen der Vergangenheit vergessen machen konnte.
    Draußen rüttelte noch immer der Wind an den Fenstern, und bleifarbene Wolken zogen über den Himmel. Die Reise, die vor ihm lag, würde beschwerlich werden. Aber wenn er die Zusagen und Zeugnisse bekam, die er sich erhoffte, hatte er alle Indizien zusammen, um einen brauchbaren Plan auszuarbeiten, wie er den Schuldigen an seiner Lage an den Pranger stellen konnte.
    Leonie erwachte, er bemerkte es an ihren Atemzügen, und sacht streichelte er ihre Wange. Ihre Lider flatterten, und dann sahen ihn ihre goldenen Augen an. Nicht verwundert, sondern vertraut und mit unsäglicher Zärtlichkeit.
    »Liebste!«
    »Leo!«
    Er zog sie an sich und genoss ihre warme, seidige Haut. Das Nachthemd hatte sie zum Glück nicht wieder angezogen.
    »Es ist schön, in deinen Armen aufzuwachen.«
    »Dieses Gefühl teile ich, mein Lieb.«
    Sie schnurrte leise und rieb ihre Wange an seiner Schulter. Dann aber hob sie den Kopf.
    »Wann musst du fort?«
    »Ich werde gegen Mittag aufbrechen. Morgen habe ich noch eine wichtige Angelegenheit in Bonn zu klären, von dort aus reise ich
dann am Donnerstag weiter. Ich denke, ich werde fünf oder sechs Tage bis Nürnberg brauchen. Meine Gespräche werden hoffentlich nicht mehr als zwei, drei Tage in Anspruch nehmen, dann komme ich zurück. Wenn alles glatt geht, bin ich so um den zwanzigsten November wieder hier.«
    »Das Wetter wird ungemütlich.«
    »Ja, und darum wirst du dir nicht zu viele Sorgen machen, wenn es etwas länger dauert.«
    Sie lächelte.
    »Doch, werde ich!«
    »Wenn es mir möglich ist, werde ich dir Nachricht zukommen lassen.«
    »Nimmst du die Post?«
    »Ich wollte mit dem Phaeton fahren. Aber es kommt auf das Wetter an. Es wäre schon schön, wenn es eine durchgehende Eisenbahnstrecke gäbe.«
    »Das wird in Zukunft das Reisen leichter machen. Aber auch da gibt es Verzögerungen und Unfälle.«
    »Ich werde mir sehr große Mühe geben, in einem Stück zu dir zurückzukommen. Es ist mir sozusagen ein Herzensanliegen.«
    Sie fuhr ihm durch die Haare und schaute ihm ins Gesicht.
    »Die Mädchen müssen dir reihenweise zu Füßen gesunken sein - bei diesen Augen!«, murmelte sie.
    »Ich watete durch die Massen. Es war sehr, sehr lästig!«
    »Ein bedauernswertes Schicksal. Erlag auch Frances ihnen?«
    »Frances? Oh - sag mal, hast du hinter meinen Schränken spioniert?«
    »Man kann es nicht eigentlich spionieren nennen, Lennard hatte einen Unfall mit der mittleren Lade, und ich musste ihn befreien.«
    »Wobei du offensichtlich keine Hemmungen hattest, Schlösser aufzubrechen.«
    »Nun, wer Spieldosen …«
    »Verbrecherische Fähigkeiten, kann ich da nur sagen. Aber nein, Lady Frances lag mir nicht zu Füßen. Praktisch gesehen, tat ich es bei ihr.«
    Ihr Gesicht überzog eine winzige Düsternis, und er lachte leise.
    »Lady Frances beherbergte mich ein ganzes Jahr lang, und die
meiste Zeit davon verbrachte ich in einem ihrer Betten«, konnte er nicht lassen, sie zu necken.«
    »Eine leidenschaftliche Affäre?«
    »Eine schmerzhafte eher. Sie sammelte mich unter einem Dornbusch auf, als ich halb verdurstet und verletzt

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