Die Ungehorsame Historischer Roman
den Händen!«, meinte Leo kurz und erklomm die Stiege. Das Zimmer war klein, in dem Bett hätte er nicht gerne genächtigt, aber unter den gegebenen Umständen genügte es. Leo wählte die Bettkante, der Corporal setzte sich auf einen wackeligen Stuhl und begann: »Sie scheinen mich zu kennen, Herr Mansel.«
»Sie haben einen Ruf wie Donnerhall, Bredow. Sie haben mir - aus verständlichen Gründen, nehme ich an - verdammte Schwierigkeiten gemacht. Ich bin in einer komplizierten Situation, und mir bleibt nichts anderes übrig, als Ihnen reinen Wein einzuschenken. Sie haben den Ruf, ein ausgezeichneter Soldat zu sein. Kann ich Ihr Ehrenwort haben, dass das, was ich Ihnen jetzt anvertraue, unter uns bleibt?«
Bredow sah ihn aufrichtig an.
»Sie haben mein Ehrenwort. Ich bin Ihnen einiges schuldig, fürchte ich.«
Leo nickte nur und erklärte dann: »Ich habe aus sehr persönlichen Gründen vor fünf Jahren die Papiere des Söldners der Legion Hendryk Mansel benutzt, um mir eine Existenz aufzubauen. Von dem Mann wusste ich nur, dass er seinen Verletzungen aus einer Schlacht erlegen war. Gesehen habe ich ihn nie. Es ergab sich einfach die Gelegenheit. Ich musste Spuren verwischen. Einem Verfolger entkommen, der, wie ich fürchte, inzwischen meine Maskerade durchschaut hat.«
»Dazu habe ich vermutlich beigetragen.«
»Vermutlich. Ich habe mich bemüht, so unauffällig wie möglich zu leben, aber Ihre Einmischung hat jemanden dazu gebracht, an meiner Herkunft zu zweifeln. Nun gut, man kann es nicht ungeschehen machen.«
»Nein, aber vielleicht kann ich etwas wiedergutmachen?«
Leo wischte sich über die Augen. Ja, es gab etwas, wozu er jetzt einen Mann brauchte, dem er vertrauen konnte. Es war ein Risiko, aber viele andere Möglichkeiten hatte er nicht.
»Sie können etwas für mich tun. Erstens - finden Sie so schnell wie möglich heraus, wer auf mich geschossen hat. Ich kann mich nicht selbst darum kümmern, ich muss dringend nach Herbesheim, und da ich fürchte, dass, nachdem meine Tarnung aufgedeckt ist, meine Frau und die Kinder in Gefahr sind, könnten Sie sich mit Sven Becker in Verbindung setzen. Sie haben ihn im Hospital in Köln vergangenes Jahr kennengelernt.«
»Ja, ein vernünftiger Mann.«
»Er ist der Onkel meiner Frau. Berichten Sie ihm, was passiert ist. Bitten Sie ihn, zu ihr zu fahren und ihr zur Seite zu stehen.«
»Selbstverständlich. Dürfte ich noch einen Vorschlag machen?«
»Nur zu.«
»Einige der Kameraden, die ihre Dienstzeit beendet haben, sind als Detektive oder Leibwächter tätig.«
»Ein verlässlicher, sehr, sehr diskreter Leibwächter - das wäre mir eine zusätzlich Hilfe. Besprechen Sie es mit Sven Becker. Die Kosten übernehme ich selbstverständlich.«
»Wir werden sehen. Wer ist es, der Sie sucht? Gibt es jemanden, den wir besonders im Auge behalten müssen?«
»Sie werden es nicht können. Außerdem würde ich gerne den Anschein aufrechterhalten, ich wüsste nicht, dass er mich durchschaut hat. Diesen Anschlag wird einer seiner Handlanger durchgeführt haben, auf den der Verdacht fallen wird. Es ist sozusagen ein Geplänkel, um mit Ihren militärischen Begriffen zu operieren. Eines, mit dem man versucht, Stärke und Aufstellung des Gegners herauszufinden. Ich möchte mich aber nicht darauf einlassen, denn meine Truppen sind noch nicht vollzählig versammelt. Ich bin dabei, gerade die letzten Fakten zusammenzutragen, um den Mörder meines Bruders endgültig zu stellen.«
»Ich verstehe, Mansel. Der Mörder Ihres Bruders! Das tut mir leid. Ich vermute, er ist ein gefährlicher Mann.«
»Ein Wahnsinniger, Bredow, ein Wahnsinniger. Und daher schwer zu berechnen. Schützen Sie meine Frau und die Kinder, ich werde Ihnen ewig zu Dank verpflichtet sein.«
Ein Klopfen ertönte an der Tür.
»Gestatten Sie?«, fragte der Corporal. Leo nickte kurz. Ein Ulan öffnete auf das Herein die Tür und stand stramm.
»Melde gehorsamst, Herr Corporal, Reiterpistole und ein Objekt gefunden.«
»Gut, Mann. Geben Sie her!«
Der Soldat händigte die Waffe und eine zerbrochene Brille aus. Auf einen kurzen Wink hin polterte er wieder die Stiegen hinunter. Bredow betrachtete die Pistole.
»Eine Reiterwaffe, wie wir sie führen. Beim Waffenappell werden wir sehen, ob ein Karabiner fehlt.«
»Vermutlich nicht, aber es war geschickt, dieses Modell zu nehmen, es lenkt erst einmal den Verdacht auf Ihre Leute.«
»Idiotisch, sie wegzuwerfen.«
»Auch richtig, aber damit wird der
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