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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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erinnern. Aber Sie sind so, wie wir uns eine Mama wünschen.«
    »Ja«, murmelte Lennard und streichelte ihr die Hand.
    »Ach verflixt, jetzt muss ich schon wieder weinen!«, schnupfte Leonie. »So ist das mit der Haltung.«
    »Nur Herren dürfen nicht weinen. Damen schon!«, erklärte mannhaft der junge Herr und wischte sich die Nase mit einem nicht ganz sauberen Taschentuch.
     
    Leo hatte auf sie gewartet und bemerkte die Tränenspuren, als sie eintrat.
    »Haben dich die Kinder aufgeregt, Leonie?«
    »Nein. Oder vielleicht doch. Auf eine sehr schöne Art. Sie … sie betrachten mich als ihre Mama. Es ist ein großes Kompliment, Leo.«
    »Das ist es ganz bestimmt.«
    »Trotzdem - auch sie haben ihre Geheimnisse. Und vollkommen ist ihr Vertrauen noch nicht. Aber zunächst sind sie erst einmal aufgeregt wegen des Zusammentreffens morgen.«
    Er konnte es ihnen nachfühlen. Auch der heimkehrende Sohn verspürte Anspannung und Sorge.
     
    Der morgendliche, feuchtkalte Nebel hatte sich auf den letzten Meilen verzogen, und als die große Reisekutsche sich gemächlich schaukelnd über die ausgefahrenen Wege dem Gut näherte, leuchtete die Dezembersonne tapfer über den kahlen Wipfeln der Pappeln, die das weite Areal umstanden. Knirschend rollten die Räder über den weißen Kies des Vorplatzes vor dem Haus und blieben dann stehen.
Leo öffnete den Wagenschlag, und im selben Augenblick sprang auch die Tür des Hauses auf. Ein grauhaariger, sehr hochgewachsener, hagerer Herr mit einer schlanken Dame am Arm traten hinaus. Leonie konnte vom Fenster aus sehen, wie sich plötzlich die Dame losmachte und in schnellen Schritten auf ihren Sohn zulief und ihm um den Hals fiel.
    »Lennard, Ursel, kommt, wie steigen aus, aber wir bleiben ein wenig im Hintergrund.«
    »Ja, Tante Leonie.«
    Sie hatten beide ihre Hände gefasst und standen so neben der Kutsche, während nun auch der Herr Leo fest in die Arme zog. Es war ein bewegendes Bild, wie die Eltern ihren Sohn willkommen hießen. Und es dauerte eine geraume Zeit, bis sich der Vater von ihm löste.
    »Olivia, wir benehmen uns unmöglich. Lass uns bitte auch die junge Frau und die Kinder begrüßen!«, sagte er mit heiserer Stimme und machte ein paar Schritte auf sie zu. Leonie drückte den Zwillingen die Hände und ging ihm entgegen.
    »Sie sind Leonora, nicht wahr? Und das sind Ursel und Lennard?«
    »Ja, gnädiger Herr!«, flüsterten die Kinder und sahen zu ihm hoch. Auch Leonie musste zu ihm aufsehen und entdeckte Leos Züge in seinem Gesicht. Doch beide Augen waren braun, sanft und ein wenig gerötet.
    »Ich bin Laurens Flemming. Willkommen daheim.«
    »Danke, Herr Flemming.«
    Leonie löste ihre Rechte aus Ursel Klammergriff und reichte sie ihm. Er hielt sie fest in seiner Hand und betrachtete sie still.
    »Ernst von Benningsen hat Sie als eine schöne, charaktervolle Frau geschildert. Ich freue mich, dass Sie unseren Sohn begleitet haben, Leonora. Und dass Sie sich unserer Enkelkinder angenommen haben.«
    »Begrüßt euren Großvater, Zwillinge!«
    Auch Leonie war sich ihrer Stimme noch ganz sicher. Aber da der Herr die Kinder als seine Enkel bezeichnete, verspürte sie eine große Erleichterung. Man würde sie anerkennen.
    Sehr höflich machten die beiden ihren Knicks und Diener.

    »War die Reise sehr anstrengend?«
    »Nein, gnädiger Herr. Wir haben dreimal übernachtet. Und Tante Leonie hat Ratespiele mit uns gemacht.«
    Inzwischen hatte sich auch die Dame ein wenig gefangen und ließ sich von Leo zu ihnen führen.
    »Mutter, dies ist Leonie, meine Frau, und Lennard und Ursel, eure Enkel, Urs’ Kinder.«
    Olivia Flemming mochte Anfang der Fünfzig sein, hatte aber eine glatte, zarte Haut, in der die Zeit nur feine Linien gezogen hatte. Ihre Augen waren blau und ihr Blick nun wieder klar und sehr intensiv. Ihre braunen Haare durchzogen einige Silberfäden, aber auf eine Haube hatte sie verzichtet.
    »Kinder!«, flüsterte sie. »Meine Kinder.«
    Wieder folgte Knicks und Diener, aber Leonie sah, wie hart die Dame um Fassung rang, und trat einen Schritt zurück.
    »Olivia, bitte!«
    Laurens Flemming legte seiner Gattin die Hand auf die Schulter.
    »Ja … ja, ich bin …«
    »Es spielt keine Rolle!«, flüsterte Leonie.
    »Doch. Ich vergesse die elementarsten Regeln. Verzeihen Sie, Leonora. Willkommen.«
    Nicht daheim, nein, das noch nicht. Aber wenigstens ein kleines Lächeln hatte sie erhalten.
    »Gehen wir ins Haus, meine Lieben. Hans wird sich um den Kutscher und das

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