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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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da bin ich ganz sicher. Ich selbst habe sie nur einmal kurz getroffen, sie war eine begabte, hübsche junge Frau und ihm sehr zugetan. Das Schicksal wollte es anders. Kurz und gut, wir brachen mit der Gruppe Wissenschaftler auf, das Goldland zu suchen. Begleitet wurden wir von vierhundertfünfzig Soldaten zu unserem Schutz. Ihr wisst, Magnus von Crausen befehligte einen Teil davon.«
    »Ja, Leo. Er hat uns nach seiner Rückkehr ein paarmal besucht. Aber über euer Verschwinden schwieg er sich immer aus. Er machte sogar einmal eine dunkle Andeutung, ihr wäret in einen nicht ganz legalen Handel verwickelt gewesen. Ist das der Grund?«
    »Nein, Mutter, das ist er nicht. Wir waren lediglich mit Vermessungen und geologischen Explorationen beschäftigt. Die Suche führte uns den Nil hinunter bis Carthoum, von dort folgten wir dem weißen Nil und nahmen unsere Suche in den Nubabergen auf. Sie war nicht sehr vielversprechend, und als die Regenzeit einsetzte, kehrten wir nach Carthoum zurück. Erst im Oktober’37 sollte es dann den blauen Nil bis Fazghuli weitergehen, wo, wie Russegger von einem Sheik erfahren hatte, ergiebigere Goldwäschen zu finden seien. Die Zeit in Carthoum war langweilig, und so machten Urs und ich uns zusammen mit Jussuf nach Meroe auf, wo es hieß, es gäbe alte, bisher unentdeckte Königsgräber.«
    »Wer war Jussuf?«
    »Camillas Bruder!«, sagte Leonie leise.
    »Richtig. Er war der Bruder der Almeh, die Urs’ Herz in Kairo erobert hatte. Erst vierzehn, aber ungeheuer begabt, der Junge! Ein Zeichner, wie man ihn nur selten findet. Wir hatten gebeten, ihn mitnehmen zu dürfen, um mögliche antike Fundstücke aufzunehmen. Die Expeditionsleitung war nicht so sehr angetan davon, so bezahlten
wir ihn aus eigener Tasche, denn wir waren begierig, mehr von dem Land kennenzulernen.«
    »Wer war diese Almeh, Leo?«
    »Eine sehr kultivierte Hofdame. Dazu berichte ich euch ein andermal. Wir drei ritten also nach Meroe hinaus, zwei Tage, dann erreichten wir das Gebiet, in dem es angeblich diese Gräber gab. Ihr wisst, wir haben ein gewisses Geschick im Rutengehen, und wir machten uns Hoffnungen, darüber etwas zu finden. Tatsächlich hatten wir Glück. Die Regenfälle hatten eine Stelle ausgespült, die uns wie ein Eingang erschien. Mit Begeisterung gruben wir uns durch Geröll und Bruchgestein und fanden ein unberührtes Grab!«
    »Heiliger Himmel, Leo!«
    Sein Vater war vor Begeisterung aufgesprungen.
    »Ja, es war beeindruckend. Möglicherweise war es kein Königsgrab, zumindest aber das eines reichen und mächtigen Mannes. Wandmalereien, so farbenprächtig, als sei der Künstler gerade eben erst gegangen, Alabasterskulpturen, ein kunstvoller Steinsarkophag, Gefäße unterschiedlichster Art, Figürchen aus Gold, Email, Elfenbein, edelsteinbesetzt. Und die Krönung des Ganzen - eine goldene Königskobra in Lebensgröße, aufgerichtet, das Rückenschild ausgebreitet, züngelnd und mit glitzernden Augen. Ein Meisterwerk der Goldschmiedekunst.«
    »Habt ihr …?«
    »Nein, Vater. Wir haben nichts davon berührt. Aber wir haben Inventarlisten angefertigt, und Jussuf hat Seiten um Seiten seines Skizzenbuches gefüllt. Wir wollten unseren Fund geheim halten und erst bei unserer Rückkehr den Vizekönig davon in Kenntnis setzen. Wir hielten nichts davon, die Kulturschätze eines anderen Landes zu plündern, Mehemet Ali sollte entscheiden, ob die Zeugnisse der Vergangenheit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten.«
    »Sehr löblich. Wirklich. Ich bin stolz auf euch, Leo.«
    »Danke, Vater. Wir verschlossen das Grab wieder, nahmen aber die genauen Koordinaten auf, um sie dem Vizekönig mitsamt den Skizzen zu übergeben. Die Koordinaten hatten wir uns eingeprägt, nicht aufgeschrieben, um sie vor möglichen Schnüfflern geheim zu halten. Dann ritten wir zurück, und das Unglück begann. Drei Tage nach unserem Ausflug kam Jussuf aufgeregt zu mir und berichtete,
jemand habe sich an seinen Zeichnungen zu schaffen gemacht. Und am selben Abend verschwand Urs. Ich machte mir zunächst keine Sorgen um ihn, wir klebten ja nicht aneinander, und er mochte in einer anderen Runde Geselligkeit gefunden haben als ich. Doch er kam auch nach Mitternacht nicht zurück, und ich wurde unruhig. Um zwei Uhr dann hörte ich seinen Ruf. Ihr wisst, wir konnten uns ohne Worte verständigen, als Kinder leichter, später nur, wenn es wirklich dringend war. Sein Hilferuf war mehr als das. Ich folgte dieser inneren Stimme und

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