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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gepäck kümmern.«
    Laurens Flemming reichte Leonie den Arm und führte sie zum Eingang.

Der verlorene Sohn
    DAS ERSTE UND NATÜRLICHSTE BAND UNTER DEN MENSCHEN,
NÄCHST DER VEREINIGUNG ZWISCHEN MANN UND WEIB,
IST VON JEHER DAS BAND UNTER ELTERN UND KINDERN GEWESEN.
    Freiherr von Knigge: Von dem Umgange unter
Eltern, Kindern und Blutsfreunden
     
     
    Nach zwei Tagen war die Atmosphäre allmählich lockerer geworden. Lennard und Ursel nannten die Flemmings nun Großvater und Großmutter, was ihnen erstaunlich leicht über die Lippen zu kommen schien. Sie hatten sich mit Horaz angefreundet, dem alten Wolfshund, der sich bei Leos Anblick vor Wiedererkennensfreude schier die Lunge aus dem Hals geheult hatte, und mit Rosetta, der trägen roten Katze, die so gerne Schinkenzipfelchen klaute, waren in den Ställen gewesen und über die Weiden gelaufen, hatten alle Räume durchstöbert und sich mit den Lieblingsbüchern von Urs und Leo eingedeckt, die diese Zwillinge in ihrem Alter gelesen hatten.
    Leo war glücklich darüber, dass diese Hürde genommen war. Etwas problematischer verhielt es sich mit Leonie. Sein Vater begegnete ihr mit offener Freundlichkeit, wenn auch nicht mit schrankenloser Wärme, seine Mutter hingegen verhielt sich kühl. Gut, auf der einen Seite hatte er gestehen müssen, er habe sie unter falschem Namen geheiratet, und wenn man es recht betrachtet, waren sie eigentlich kein Ehepaar. Zum anderen mochte eine gewisse Eifersucht bei seiner Mutter eine Rolle spielen - sie hatte ihn so lange vermisst, jetzt wollte sie ihn nicht mit einer anderen Frau teilen. Er gab sich Mühe, beiden gerecht zu werden, und war Leonie für ihr Verständnis unsagbar dankbar.
    Aber noch stand ihm eine schwere Stunde bevor, und er hoffte, sie an diesem Abend hinter sich zu bringen. Bisher hatte noch niemand nach den Umständen gefragt, derentwegen er erst jetzt zurückgekehrt war. Aber einmal musste es sein.
    »Leonie, ich werde heute nach dem Essen meinen Eltern eine
grauenhafte Geschichte erzählen müssen. Wenn du dich zurückziehen möchtest, kann ich das vollkommen verstehen.«
    Sie legte ihm die Arme um den Hals und sah ihm in die Augen.
    »Ich kenne deine Albträume, Leo. Ich habe Lady Frances Briefe gelesen. Ich habe die Narben auf deinem Körper gespürt. Kann die Wahrheit schlimmer sein als das, was ich mir ausmale?«
    »Möglicherweise ja.«
    »Dann werde ich das auch durchstehen. Und vielleicht deiner Mutter helfen können.«
    »Ich weiß nicht, ob ich es ihr überhaupt zumuten kann, Leonie.«
    »Du weißt, was mir geschehen ist, Leo. Frauen können genauso viel wie Männer ertragen. Nur Ungewissheit und die eigene Phantasie sind wirklich quälend.«
    »Das stimmt allerdings. Gut, dann wollen wir uns bereit machen für ein langes Gespräch.«
    Sie saßen in dem gemütlichen Wohnzimmer des Gutshauses zusammen, in dem großen Kamin brannte ein Feuer aus dicken Eichenscheiten, seine Mutter hatte bereits weihnachtlichen Schmuck aus Tannenreisen und Stechpalmen in hohen Vasen arrangiert, und es duftete nach Bienenwachs, Harz und Honig. Laurens Flemming hatte die Karaffe mit Rotwein auf den Tisch gestellt, und in silbernen Gebäckschalen luden köstliche Kekse, gezuckerte Mandeln und Pralinés zum Naschen ein.
    Es war eigentlich viel zu behaglich, um über das Entsetzen zu berichten, und Leo brauchte wahrhaftig all seinen Mut, um das Gespräch darauf zu bringen.
    »Vater, ich bin unsagbar glücklich, wieder hier bei euch zu sein, und ich bin euch dankbar, dass ihr bisher nicht an den Geschehnissen der Vergangenheit gerührt habt. Dennoch bin ich euch Erklärungen schuldig.«
    »Ja, mein Junge, das bist du. Wir haben sechs Jahre um Urs getrauert, und um dich nicht minder, obwohl Ernst uns hoffen ließ, du könntest noch am Leben sein. Dass du dich jedoch nicht gemeldet hast, hat uns zweifeln lassen.«
    »Ich weiß. Es hatte Gründe, und die sind nicht schön. Mutter, ich werde Dinge berichten, die selbst für Männerherzen kaum zu ertragen sind.«

    »Leo, ich will wissen, was meinen Söhnen geschah.«
    »Ja, Leonie behauptet, Sie würden darauf bestehen. Nun denn.«
    Er begann mit Urs’ Vorschlag, an der Russegger-Expedition teilzunehmen, nachdem er von Cäcilias Tod erfahren hatte.
    »Warum hat er uns nur nie von dem Mädchen und den Kindern berichtet, Leo? Wir sind doch nicht engstirnig«, sagte sein Vater kopfschüttelnd.
    »Wir waren wahrscheinlich zu unsicher. Er hätte sie hergebracht, nach unserer Rückkehr,

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