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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Arbeit war härter und das Essen karg. Außerdem würde er uns bestimmt wegschicken. Wir können sehen, ob wir den Niklas und den Benni finden. Vielleicht wissen die was.«
    »Ja. Aber ich habe jetzt Hunger, Lennard. Meinst du, wir könnten tatsächlich eine Wurst kaufen?«
    Der Geruch des Würstchenbraters, der um die Mittagszeit seine Ware den Arbeitern, Schiffern und Passanten anbot, zog verlockend durch die Sommerluft. Selbstverständlich verkaufte er den Kindern seine fetttriefenden Würstchen, die er zwischen zwei Brotscheiben klemmte. Kauend wanderten sie am Rhein entlang Richtung Dom. An den hoch aufragenden Strebpfeilern werkelten einige Arbeiter, die die schadhaften Stellen der halb fertigen Kathedrale ausbesserten, und am Hauptportal blieben sie stehen.
    »Wollen wir hineingehen? Ich war schon so lange nicht mehr in einer richtigen Kirche.«
    »M-m!«
    Ursel schüttelte vehement den Kopf.
    »Nein. Wir haben eine große Sünde begangen, Lennard. Wir dürfen da jetzt nicht rein.«
    »Du meinst, wegen dem Geld?«
    »Ja. Es war Diebstahl. Von uns beiden!«
    Kleinlaut nickte der Junge, und sehnsuchtsvoll warfen sie einen Blick auf die Heiligen, die bärtig und streng auf sie herabschauten.
    Doch lange hielt die bedrückte Stimmung nicht an, schon bald
hatten sie einige gleichaltrige Gesellen gefunden, mit denen sie erst ein Murmelspiel spielten und dann zu den wilderen Varianten des Räuber-und-Gendarm-Spiels übergingen. Erst als die Geschäftigkeit in den Straßen zur Ruhe kam und die ersten Flaneure auf dem Weg zu ihren abendlichen Unterhaltungen auf den Straßen erschienen, schlossen sie sich dem Bierbrauersohn Niklas an, der ihnen versprach, seine ältere Schwester Suse würde ihnen ein Schmalzbrot machen, und dann könnten sie diese Nacht in einem der Fasskeller verbringen. So geschah es dann auch, und bewaffnet mit fettigem Brot und einer Tüte überreifer Kirschen huschten die Zwillinge hinter Niklas her, der ihnen den Einstieg zu den kühlen, unterirdischen Lagerräumen zeigte. Ursel und Lennard kannten die Geschichte dieser Keller in der Budengasse, denn Meister Hennes hatte sie ihnen erzählt, als sie bei ihm wohnten. In einem Nachbarhaus waren nämlich auf unerklärliche Weise immer wieder die eingelagerten Kohlen verschwunden, und erst als der Stadtbaumeister Weyer die Keller untersuchte, fand er unter dem morschen Boden die alten, nun trocken gefallenen Kanäle, die sich unter der ganzen Stadt erstreckten. Erfreut, einen zusätzlichen, tieferen Keller zu haben, sanierte man einen Teil davon und nutzte ihn, um allerlei darin zu lagern.
    Niklas gab ihnen auch eine staubige Decke, eine Kerze und ein paar Schwefelhölzchen mit und nahm ihnen das Versprechen ab, am Morgen so schnell wie möglich zu verschwinden, damit die Bierkutscher, die hier ihre Ware abholten, sie nicht erwischten.
    Richtig gemütlich war es zwischen den säuerlich riechenden Fässern nicht, und auch die umherhuschenden Ratten ängstigten die Zwillinge ein bisschen. Zusammengekuschelt rückten sie mit ihrer Decke und der Kerze in eine Ecke, sprachen ihr Nachtgebet und versuchten dann einzuschlafen.
    Lennard erwachte als erster und schnüffelte.
    Ursel schlug ebenfalls die Augen auf.
    »Da singt jemand«, flüsterte sie leise.
    »Wie ein Choral.«
    »Ja. Und nach Weihrauch riecht es auch!«, hauchte sie. »Ob die Gänge hier in eine Kirche führen?«
    »Es ist seltsam, nicht?«

    Neugier überwog die Angst, und mit dem flackernden Lichtchen machten sie sich auf, den gewölbten Gang weiterzuwandern.
    Der Gesang und der Weihrauchduft wurden stärker, bis sie zu einer steilen Treppe kamen, die nach oben führte. Ein Mauerdurchbruch war hier vorhanden, vor dem aber von der anderen Seite so etwas wie ein Teppich hing. Vorsichtig hob Lennard ihn ein Stückchen an, und auf der Treppe kniend betrachteten die Kinder Schulter an Schulter, was sich in dem von Fackeln beleuchteten Kellerraum abspielte. Acht Gestalten standen um etwas herum, von dem dichte Rauchschwaden aufstiegen, und rezitierten etwas in einer Sprache, die sie nicht verstanden. Drei hatten ihnen den Rücken zugewandt, zwei konnten sie im Profil sehen und drei weitere von vorne. Einer von denen trug einen Widderkopf mit breiten, geschwungenen Hörnern, der andere so etwas wie einen Hundekopf, im Profil erkannten sie eine Raubkatze und einen scharfschnabeligen Vogel.
    »Das sind Dämonen!«, wisperte Ursel mit einem Schauder in der Stimme.
    Lennard schauderte auch, aber er war

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