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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gewächs krallen zu können und den heißen Staub zu riechen. Doch zu mehr reichte seine Kraft im Augenblick nicht. Er ließ sich in den Dämmer des gnädigen Vergessens sinken, halb auf dem Bauch liegend, das Gesicht in den Fetzen seines Hemdes vergraben.
    Als er erwachte, war die Kühle der Nacht niedergesunken, und zitternd schleppte er sich zu den Felsen, die noch des Tages Wärme ausstrahlten. Der Boden war Geröll, der in rissigen Lehm überging, und vage wurde ihm bewusst, dass er ein ausgetrocknetes Flussbett erreicht hatte. Vielleicht, wenn er den Morgen noch erlebte und genügend Energie aufbrachte, würde er sogar etwas Wasser finden. Es gab Tierspuren, die eine Tränke in der Nähe vermuten ließen.
    Dankbar für das Licht des Mondes und der unzähligen Sterne über sich starrte er in den Himmel und gedachte seines Schwurs.
    Er musste überleben, um ihn einzulösen.
    Was danach mit ihm geschah, war gleichgültig.
    Was bis dahin geschah, ebenfalls.
    Er hoffte noch immer auf ein Wunder.
    Als er das nächste Mal das Bewusstsein erlangte, war die Hitze zurückgekehrt, aber es fiel ein Schatten über seine Augen. Er wollte an das ersehnte Wunder glauben, doch als sein Blick sich klärte, packte ihn nur noch das Grauen. Denn vor ihm, hoch aufgerichtet, schwankte der schlanke Körper einer Schlange unschlüssig hin und her. Den breiten Rückenschild hatte sie drohend entfaltet, und die
Zunge bewegte sich suchend zwischen den trockenen Reptilienlippen.
    Die Königskobra - beeindruckend, einst heilig, majestätisch und tödlich giftig. Er hatte sie noch nie lebend gesehen, doch ihr Abbild aus getriebenem Gold, Emaille und Edelsteinen hatte ihn in der Schatzkammer des Königsgrabes zutiefst beeindruckt.
    Er hatte sie verraten - es mochte ausgleichende Gerechtigkeit sein, wenn er nun den Tod durch sie fand.
    Plötzlich reckte sich das Tier noch etwas weiter auf, und auch er verspürte das Vibrieren des Bodens. Hufschlag näherte sich, ein Ruf hallte durch die heiße Luft, ein scharfer Knall erfolgte.
    Sein Bewusstsein erlosch.

Ausreißer
    O WÄREN WIR WEITER, O WÄR ICH ZU HAUS!
SIE KOMMEN. DA KOMMT SCHON DER NÄCHTLICHE GRAUS.
    Goethe: Der getreue Eckart
     
     
    Die Schule war endlich aus, und die Zwillinge verließen schweigend das dumpfe Gebäude, in dem die Kinder einfacher Familien von Pfarrer Döring unterrichtet wurden. Ein notwendiges Übel, aber immerhin hatten sie den Weg dorthin für sich allein, und das Stückchen Freiheit vor den häuslichen Pflichten wussten sie zu genießen. An diesem warmen Sommertag aber war offensichtlich die Verlockung stärker als sonst. Schwalben schossen von den spitzen Giebeln der Häuser, eine getigerte Katze sonnte sich auf einer mit Efeu bewachsenen Mauer, Gassenjungen trieben johlend einen halb zerfetzten Lederball vor sich her, zwei Wäscherinnen am öffentlichen Brunnen sangen ein überaus freches, aber leider sehr lustiges Lied zu ihrer schweren Arbeit und erhielten Beifall von einigen lachenden Stutzern.
    Ursula und Lennard sahen sich an.
    Lennard nickte schließlich und sagte: »Erst einmal zum Rheinufer!«
    »Ja!«
    Ursel ergriff seine Hand, und gemeinsam bogen sie vom üblichen Heimweg ab, um durch die schmale Gasse zu laufen, die zum Fluss hinabführte. Hier gab es immer aufregende Dinge zu sehen. Schiffe, die beladen wurden, Fuhrkarren, die von der hölzernen Pontonbrücke nach Deutz hinüberrollten, Frachtkähne, für die eben diese Brücke in der Mitte geöffnet wurde, manchmal sogar dampfgetriebene Schlepper, die eine lange, schwarze Rauchfahne hinter sich herzogen, wenn sie sich flussaufwärts vorankämpften.
    Die beiden setzten sich auf die Kaimauer und betrachteten eine Weile das Geschehen. Dann zog Ursel ein kleines Beutelchen aus ihrer Rocktasche und schüttete den Inhalt auf ihre Hand.
    »Ich hab’s zurückbehalten, als ich neulich Knöpfe kaufen sollte. Sind daher nur ein paar Pfennige.«

    Lennard nickte und zog ebenfalls ein Beutelchen hervor und ließ Ursel hineinschauen.
    »Oh!«, stieß sie hervor. »Taler. Woher hast du die denn?«
    »Hab heute morgen die Taschen des Herrn ausgeleert. Wir können uns davon etwas zu essen kaufen.«
    »Ja, aber …«
    »Er wird’s nicht vermissen, er hat viele davon.«
    Es klang bitter aus dem Mund des Jungen, und Ursel nickte, wenn auch etwas beklommen.
    »Was wollen wir machen, Lennard? Ich mag nicht zurück. Die Gnädige ist so streng und unfreundlich und alles. Bei Meister Hennes war es schöner.«
    »Die

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