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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gatte kümmern. Sie sprach also mit ruhiger Stimme auf die beiden ein.
    »Wir werden uns anhören, Lennard, wie es war. Aber als Erstes werdet ihr jetzt diese unsäglich schmutzigen Kleider ablegen und alle beide ein Bad nehmen. Danach wird euch Jette ein Essen bereiten, denn ich vermute, ihr habt Hunger. Ich hoffe, der Herr ist bis dahin zurück. Er wird befinden, was mit euch geschehen soll.«
    Jette nahm die beiden mit, und Leonie lud Benningsen mit einer Handbewegung zum Platznehmen ein.
    »Einen Kaffee, Herr von Benningsen?«
    »Da sage ich nicht nein.«
    Er betupfte mit seinem Taschentuch den Kratzer auf seiner Hand, der durch das Festhalten der Kinder wieder zu bluten begonnen hatte.
    »Haben Sie die beiden verletzt?«
    »Nein, nein, ein Unfall bei einem kleinen Manöver gestern.«
    Sie goss ihm Kaffee ein, aber dann drückte sie doch die Handballen in die Augen.
    »Verzeihen Sie, ich habe nicht viel geschlafen.«
    »Hendryk auch nicht, nehme ich an. Er hat mich heute früh schon gebeten, nach den Zwillingen Ausschau zu halten.«
    Es mochte dem Zustand des Übernächtigtseins zuzuschreiben sein, dass Leonie ihre damenhafte Zurückhaltung vergaß und mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme fragte: »Was bedeuten die Kinder ihm? Was bedeuten sie ihm nur? Das sind doch nicht nur irgendwelche Dienstboten.«
    Mit großem Mitgefühl schaute der Leutnant sie an, trank aber nur schweigend seinen Kaffee.

Boxhiebe und Mutterliebe
    … UND WENN DU WILLST, DASS DEINE FRAU
DICH UNTER ALLEN MENSCHEN
AM MEHRSTEN EHREN UND LIEBEN SOLL,
SO VERLASSE DICH NICHT DARAUF,
DASS SIE’S DIR AM ALTARE VERSPROCHEN HAT -
WER KANN SO ETWAS VERSPRECHEN?
    Freiherr von Knigge: Von dem Umgange unter Eheleuten
     
     
    Hendryk Mansel schlug mit Präzision und kalter Verbissenheit auf den Sandsack ein. Er hatte Weste und Überrock abgelegt, und sein Hemd hing ihm schon schweißnass von den Schultern.
    Der Boxklub, einer der ersten seiner Art in Köln, war für die Offiziere der Garnison eingerichtet worden, und Benningsen hatte ihn dort eingeführt. Zweimal die Woche trainierten die beiden Männer dort. Ernst hatte nicht den Sandsack vor sich, sondern verteilte tänzelnd kurze, scharfe Hiebe in der Luft. Auch seine dunklen Haare ringelten sich bereits feucht über der Stirn. Dann hielt er einen Moment inne und betrachtete bewundernd seinen Freund.
    »Man merkt nichts mehr von einer Schwäche in der Schulter!«
    Ein letzter knallender Schlag versetzte den Sandsack in Schwingung.
    »Ich merke es noch, aber du hast Recht, die Kraft ist wieder da. Dieser algerische Arzt war ein Wundertäter.«
    Hendryk drehte sich um und lächelte den jungen Offizier an.
    »Kleines Sparring?«
    »Klar!«
    Sie kämpften mit angedeuteten Schlägen eine Weile, dann hielten sie ein und setzten sich auf eine der Bänke an der Wand, um den anderen Sportbegeisterten zuzusehen.
    »Was haben dir die Zwillinge erzählt, Hendryk?«, wollte Ernst wissen.
    »Reumütig von einem mit anderen Gassenkindern verbrachten Nachmittag, den seltenen Genüssen aus Garküchen und einer ziemlich
unbequemen Nacht im Keller eines Bierbrauers. Ein Ausflug in die Freiheit, der nicht ganz so erquicklich war, wie sie es sich wohl vorgestellt hatten. Ich habe es auf sich beruhen lassen. Er war ihnen Strafe genug.«
    »Was hast du mit den Kindern vor?«
    »Ich werde mich beizeiten um eine andere Erziehung kümmern müssen. Himmel, es ist nicht leicht! Der hauptsächliche Grund, warum sie ausgerissen sind, ist das kalte Verhalten meiner Frau. Ich verstehe sie nicht. Sie scheint keinerlei weibliches Mitgefühl zu haben.«
    »Es war deine - entschuldige - Schnapsidee, sie zu heiraten. Und ich glaube nicht, dass sie ohne Mitgefühl ist. Du hättest sie an dem Morgen erleben müssen. Sie hat sich genauso viel Sorgen gemacht wie du. Aber sie ist sehr verunsichert, weil sie nicht weiß, wie du zu den Kindern stehst.«
    »Du weißt genau, weshalb ich ihr nichts davon erzählen kann!«
    Der Leutnant zuckte mit den Schultern.
    »Ja, ich weiß. Übrigens hörte ich, der Rittmeister von Crausen hat verlängert. Er ist jetzt fest bei den Kürassieren in Deutz engagiert.«
    »Ich dachte, er sei nur auf ein halbes Jahr abkommandiert.«
    »Es scheint ihm hier zu gefallen. Seinem Kommandeur kommt das wohl sehr gelegen, Crausen hat ihm aus seiner Zucht zwei schöne Araber verkauft.«
    Hendryk stand auf und begann mit großer Energie, fast hätte man es Wut nennen können, auf den Sandsack einzuprügeln.

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