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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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meinen, gnädige Frau.«
    Die Haushälterin mochte sie nicht, aus welchem Grund auch immer. Ein wenig ärgerte sich Leonie darüber, aber dann rief sie sich zur Ordnung. Das Personal brauchte seine Herrschaft nicht zu mögen, sondern sollte seine Arbeit pünktlich und zufriedenstellend erledigen, und das tat Jette auf jeden Fall.
    Doch das Gespräch mit der Nachbarin hatte sie auf einen weiteren bedenkenswerten Punkt gebracht - auf gelegentliche Fragen nach der Herkunft ihres Mannes sollte sie einige passende Antworten haben. Und wenn sie es recht bedachte, hatte sie da nur sehr wenig Wissen zur Verfügung. Er hatte sich über seine Familie so weit es ging ausgeschwiegen, vielleicht hatte er ihrem Vater mehr anvertraut, mit Sicherheit sogar. Vermutlich lebten weder Eltern noch Geschwister von ihm, denn er hatte niemanden außer seinem Freund
zur Hochzeit eingeladen. Irgendwie kam ihr in Erinnerung, dass er einmal von Verwandten in England gesprochen hatte, was vermutlich die Distanz erklären könnte. Sie nahm sich vor, an diesem Abend ein paar vorsichtige Fragen zu stellen, da die Witterungslage ihrer ehelichen Beziehung derzeit geradezu als freundlich zu bezeichnen war.
     
    Hendryk Mansel war zwar nicht sonderlich erfreut, als Leonie ihm von der Bekanntschaft mit der Nachbarin erzählte, machte ihr aber keine Vorhaltungen.
    »Sie ist eine kleine Schnatterbüchse, die Frau Kersting. Aber wenn Sie das hohle Wortgeklingel ertragen können, dann pflegen Sie die Bekanntschaft mir ihr.«
    »Nun, im Vergleich mit Frau von Alfter schneidet sie so schlecht nicht ab.«
    Ihr Gatte gab ein kleines Schnauben von sich, das man als Lachen hätte deuten können. Das gab Leonie den Mut, auch weitere Fragen zu stellen, und da Mansel offensichtlich in Gesprächslaune war, erfuhr sie also, er sei in Oldenburg geboren und habe in der Tat schon früh seine Eltern verloren. Ein Cousin aus der englischen Linie - sein Vater stammte von der britischen Insel - hatte ihn zu sich genommen und aufgezogen. Der Mann war Feldvermesser und ein ziemlich spleeniger Kauz gewesen. Auch er war verstorben, kaum dass der Junge das zwanzigste Lebensjahr vollendet hatte, und hatte ihm ein kleines Erbe vermacht.
    »Mich hielt nicht viel auf der nebligen Insel, ich wollte in den Süden. Darum ging ich auf Wanderschaft. Als Vermesser findet man immer Arbeit.«
    »So kamen Sie auch in den Orient?«
    »Schließlich, über Belgien, Frankreich und Spanien - ja. Dort diente ich eine Weile in der Fremdenlegion. Wie Sie sehen, Madame, nicht ohne Folgen.« Er deutete auf seine Augenklappe.«
    »Sie waren in Kämpfe verwickelt?«
    »Das passiert Soldaten häufiger. Ich erhielt eine anständige Abfindung, aber meine Abenteuerlust war danach reichlich gedämpft. Ich beschloss daher, wieder in Deutschland sesshaft zu werden.«
    »Danke, Herr Mansel, dass Sie mir das anvertraut haben. Manchmal
gilt es lästige Fragen abzuwehren, und das wird mir jetzt leichter fallen.«
    »Eine neugierige kleine Schnepfe, die Frau Nachbarin?«
    »Mhm. Ja. Aber so lustig.«
    »Nun, dann vergnügen Sie sich mit ihr.«
    »Sie hat mir auch eine Schneiderin empfohlen!«, wagte Leonie hinzuzufügen.
    »Das, will mir scheinen, ist ein ausschließlich weibliches Thema. Oder geht es um die Höhe Ihres Nadelgeldes, Madame?«
    Leonie kicherte.
    »Ich habe sie ja noch nicht aufgesucht.«
    »Ich ahne horrende Ausgaben auf mich zukommen.«
    »Nein, nein, Herr Mansel. Mein Trousseau war durchaus ausreichend. Aber vielleicht ein Musselinkleid für die warmen Tage …«
    »Ich scherzte, Weib. Besuchen Sie die Schneiderin, und nur wenn Sie den Eindruck haben, ihre Preise seien völlig astronomisch, konsultieren Sie mich vorher.«
    »Sie sind sehr großzügig, Herr Mansel.«
    »Wollen wir uns ein wenig im Garten ergehen?«
    Völlig verblüfft starrte Leonie ihren Mann an. Einen solchen Vorschlag hatte er bisher noch nie gemacht.
    »Nur zu gerne. Ich will mir nur eben ein Umschlagtuch holen.«
    Es war einer der wenigen Tage, an denen sich Leonie beinahe glücklich fühlte.

August 1837: Die Kobra
    DU HAST GEHOFFT, DEIN LOHN IST ABGETRAGEN,
DEIN GLAUBE WAR DEIN ZUGEWOGNES GLÜCK.
    Schiller: Resignation
     
     
    Die Sonne brannte erbarmungslos auf ihn nieder, doch gegen all die anderen Qualen erschienen ihm ihr Licht und ihre flammende Hitze durchaus noch erträglich.
    Es war wenigstens hell.
    Nach der langen Zeit in der Finsternis war es eine Erlösung, Konturen erkennen, die wunden Finger in ein dürres

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