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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Warum eigentlich nicht die engagierten Künstlerinnen in Camillas Zirkel darauf ansprechen? Es hätte, sollten sie Erfolg haben, einen höchst nützlichen Nebeneffekt, was Camillas Reputation in der Gesellschaft betraf.
     
    Das Wallrafianum lag in der Trankgasse, und diese noch immer recht ungeordnete Sammlung jenes großen Sohnes der Stadt, der sich um die Rettung der Kunstschätze während der Franzosenzeit so aufopferungsvoll bemüht hatte, war bis zum letzten Jahr von seinem Vertrauten, Mathias de Noel, geordnet, gepflegt und verwaltet worden. Nun war der Konservator von diesem Amt zurückgetreten, hatte geheiratet und wollte sich fürderhin selbst mit dem Sammeln von Kunstgegenständen befassen. Aber er war auch ein gutwilliger und geselliger Mann - vor allem im Karneval sehr engagiert - und gerne bereit, bei höflicher Nachfrage die Sammlung Interessierten zu zeigen und zu erklären. Neun Damen hatten sich vor dem Haus versammelt, um sich seiner Führung anzuvertrauen, und Leonie freute sich darüber, endlich einmal die berühmte Medusa in voller Größe sehen zu können.
    Das schlangengekrönte Haupt wirkte bei Weitem nicht so furchterregend, wie man es ihr geschildert hatte, eigentlich machte es sogar einen sehr ästhetischen Eindruck auf sie, während ihr Führer den Damen die griechische Sage dazu erzählte. Doch die Antikensammlung war im Grunde der bescheidenste Teil der Sammlung, viel umfänglicher waren die mittelalterlichen Schätze, die in den folgenden Räumen um ihre Plätze kämpften. Nach einer Stunde schwirrten Leonie die Farben vor den Augen, und die Ohren summten ihr von den eloquenten Schilderungen ihres Führers. Die Luft war warm und abgestanden, alter Weihrauch und Wachsduft vermischte sich mit muffigem Staub, und sie sehnte sich nach einem ruhigen Winkel. Camilla schien es ebenso zu gehen, und während die anderen Damen noch immer hingebungsvoll lauschten, zupfte sie sie am Arm und wies auf eine angelehnte Tür.
    »Nur einen kleinen Augenblick, ich ertrage keinen pfeilgespickten Märtyrer mehr und keine gesottene Heilige«, flüsterte sie, und Leonie folgte ihr mehr als bereitwillig.

    Der angrenzende Raum war zwar ebenso vollgestellt, doch hier war es etwas kühler und roch nur nach trockenem Gips. Außerdem herrschte die Farbe Weiß vor.
    »Hoppla, das sind aber ein paar prächtige Mannsbilder!«, kicherte Camilla, als sie erkannten, in welche Abteilung sie geraten waren.
    »Das werden die Exponate für die geplante Ausstellung griechischer Antiken sein, sie haben Gipsabdrücke der Originale anfertigen lassen. Nun ja, sehr naturgetreu haben die alten Meister wohl gearbeitet.«
    Leonie hatte ein wenig mit ihrem Schamgefühl zu kämpfen, während Camilla ganz ungeniert den Helden über die strammen Pobacken strich. Unter den Wimpern sah sie sich zunächst nur die weiblichen Figuren an, auch alle bis auf dekorative Faltenwürfe hier und da unbekleidet, dann aber siegte die wissenschaftliche Neugier, und mutiger geworden betrachtete sie nun auch die Herren in ihrer göttlichen Blöße.
    »Sehr naturgetreu, doch vielleicht auch ein wenig idealisiert, würde ich sagen.« Camilla musterte einen jungen Krieger, der auf seine Lanze gestützt an einem Baumstamm lehnte. »Wenn ich mir so meinen Jacobs vorstelle - na ja, das Modell mag etliche Jahre jünger gewesen sein.«
    Leonie war bis über die Ohren rot geworden. Die Vorstellung, Camillas würdigen Gatten mit beispielsweise nur einem Diskus in der Hand anzutreffen, war shocking, wie Lady Amelie sagen würde. Ihre Freundin hingegen ließ wieder ihr honigweiches Lachen erklingen.
    »Liebe, tu es besser nicht, halte dich an deinen eigenen Gatten. Er kann doch sicher hier mithalten, oder?«
    Es gab noch eine Stufe tieferes Rot, aber tapfer betrachtete Leonie einen vollendeten Herren, der lässig einen Speer über der Schulter trug. Sie musste sich räuspern, aber dann nickte sie.
    »Ja, er hat breite Schultern.«
    »Ah ja! Natürlich.«
    »Camilla, du foppst mich!«
    »Ein wenig. Ich kenne deinen Mann doch nicht. Aber ich weiß schon, hier spricht man über die körperlichen Vorzüge von Damen wie Herren nicht.«

    »Nein.« Verlegen räusperte sich Leonie, überwand sich aber schließlich und meinte: »Ich glaube, Mansel hat eine ganz ausgezeichnete Figur. Ja, doch, das glaube ich!«
    »Du glaubst es? Wie lange seid ihr schon verheiratet?«
    »Nächste Woche ist es ein Jahr!«, murmelte sie, und Camilla wurde plötzlich ganz ernst.
    »Stimmte

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