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Die Ungetroesteten

Titel: Die Ungetroesteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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aufmerksam machen, daß ich nichts versprechen kann, aber...«
    »Er war nur ein Hund«, sagte Brodsky unvermittelt. »Aber ich wollte Lebewohl sagen. Ich wollte die beste Musik.«
    »Sehr schön, Mr. Brodsky, aber ich muß mich jetzt beeilen. Meine Zeit wird allmählich wirklich etwas knapp.«
    Ich ging wieder weiter. Ich hatte schon damit gerechnet, daß Brodsky weiter neben mir herlaufen würde, aber er rührte sich nicht. Ich zögerte einen Moment lang, irgendwie wollte ich ihn einfach nicht dort auf dem Bürgersteig stehenlassen, aber da fiel mir wieder ein, daß ich es mir wirklich nicht leisten konnte, mich wieder ablenken zu lassen. Ich eilte an den italienischen Cafés vorüber und schaute mich erst wieder um, als ich an der Kreuzung stand und darauf wartete, daß die Ampel grün wurde. Einen Augenblick lang konnte ich nicht durch die Menge der Passanten hindurchsehen, aber dann tauchte Brodskys Gestalt wieder auf, er stand genau an der Stelle, an der ich ihn hatte stehenlassen, und beugte sich ein wenig vor, um den Verkehr zu beobachten. Mir fiel ein, daß sich an dem Fleck, an dem ich vorhin stehengeblieben war, tatsächlich eine Straßenbahnhaltestelle befand und daß Brodsky aus dem einfachen Grund immer noch dort stand, weil er auf eine Bahn wartete. Aber dann schaltete die Ampel auf Grün, und als ich die Straße überquerte, stellte ich fest, daß meine Gedanken wieder einmal zu der weit wichtigeren Angelegenheit meines Konzertes am Abend zurückgingen.

DREIUNDZWANZIG
    Als ich in das Hotel kam, hatte ich den Eindruck, daß es in der Halle von Menschen wimmelte, aber inzwischen war ich so sehr in Gedanken wegen der Vorkehrungen, die ich zum Üben treffen mußte, daß ich mich überhaupt nicht umsah. Möglicherweise hatte ich mich sogar an einigen Gästen vorbeigedrängt, als ich mich an der Rezeption vorbeugte, um mit dem Angestellten zu sprechen.
    »Entschuldigung, aber ist im Moment jemand im Salon?«
    »Im Salon? Tja, nun, Mr. Ryder. Unsere Gäste gehen nach dem Mittagessen immer gern in den Salon, denke ich...«
    »Ich muß sofort mit Mr. Hoffman sprechen. In einer außerordentlich dringenden Angelegenheit.«
    »Ja, natürlich, Mr. Ryder.«
    Der Angestellte an der Rezeption nahm einen Telefonhörer ab und wechselte ein paar Worte mit jemandem. Dann legte er den Hörer wieder auf und sagte: »Herr Hoffman wird jeden Moment hier sein, Mr. Ryder.«
    »Schön. Aber dies ist wirklich eine außerordentlich dringende Angelegenheit.«
    Während ich das sagte, spürte ich, wie mich jemand an der Schulter berührte, ich drehte mich um und sah Sophie neben mir stehen.
    »Ach, hallo«, sagte ich zu ihr. »Was machst du denn hier?«
    »Ich habe versucht, etwas abzugeben. Du weißt schon, für Papa.« Sophie lachte verlegen. »Aber er hat zu tun, er ist drüben im Konzertsaal.«
    »Ach, der Mantel«, sagte ich, als ich das Paket bemerkte, das sie über dem Arm trug.
    »Es wird jetzt doch kühler, also habe ich ihn hergebracht, aber Papa ist nach drüben in den Konzertsaal gegangen und ist noch nicht zurück. Wir warten jetzt schon fast eine halbe Stunde. Wenn er nicht in ein paar Minuten hier ist, müssen wir das für heute wohl bleibenlassen.«
    Am anderen Ende der Hotelhalle sah ich Boris auf einem Sofa sitzen. Ich konnte ihn nicht deutlich erkennen, weil mir eine Gruppe von Touristen, die mitten in der Halle stand, die Sicht nahm, aber ich sah, daß er in das zerschlissene Heimwerkerhandbuch vertieft war, das ich in dem Kino gekauft hatte. Sophie folgte meinem Blick und lachte wieder.
    »Er kann sich gar nicht losreißen von dem Buch«, sagte sie. »Als du gestern abend gegangen warst, hat er sich nur mit dem Buch beschäftigt, bis es Zeit war, ins Bett zu gehen. Und dann wieder heute morgen, seit er aufgestanden ist.« Sie lachte noch einmal auf und schaute wieder zu ihm hin. »Es war so eine gute Idee, ihm das Buch zu kaufen.«
    »Freut mich, daß es ihm gefällt«, sagte ich und drehte mich wieder zur Rezeption um. Ich hob die Hand, weil ich den Mann am Empfang fragen wollte, was denn mit Hoffman los sei, aber gerade in dem Moment kam Sophie noch einen Schritt näher heran und sagte mit etwas veränderter Stimme:
    »Wie lange willst du damit noch weitermachen? Das bringt ihn wirklich ganz durcheinander, weißt du.«
    Ich warf ihr einen fragenden Blick zu, doch sie starrte mich nur weiter unverwandt an. »Ich verstehe ja, daß im Moment für dich alles etwas schwierig ist«, fuhr sie fort. »Und ich bin

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