Die Ungetroesteten
dagegenstemmen, bevor sie sich öffnen ließ, und mit einem leichten Stolpern betrat ich das Gebäude.
Obwohl Mrs. Hoffman zuversichtlich gewesen war, daß es sich bei dieser Tür um den Bühneneingang handelte, war mein erster Eindruck der, daß ich schließlich doch durch den Küchenbereich hereingekommen war. Ich befand mich in einem breiten, kahlen Korridor, den hartes Licht aus Neonröhren an der Decke erhellte. Von überallher kam das Geräusch rufender und schreiender Stimmen, das Geklapper schwerer metallischer Gegenstände, das Zischen von Wasser und Dampf. Direkt vor mir stand ein Servierwagen, neben dem sich zwei Männer in Uniform heftig stritten. Der eine Mann hielt ein langes Stück Papier in der Hand, das sich bis zu seinen Füßen abgerollt hatte, und wiederholt stieß er mit dem Finger darauf. Ich wollte sie schon unterbrechen, um zu fragen, wo ich Hoffman finden könnte – mein erstes Anliegen war es jetzt, den Zuschauerraum und natürlich den Flügel zu inspizieren, bevor das Publikum einzutreffen begann -, aber sie schienen so in ihren Streit versunken, daß ich beschloß weiterzugehen.
Der Korridor machte eine sanfte Biegung. Ich begegnete recht vielen Leuten, die aber alle sehr beschäftigt und etwas sorgenvoll wirkten. Sie trugen weiße Uniformen, und die meisten eilten mit beunruhigtem Gesichtsausdruck hin und her, schleppten schwere Säcke oder schoben Servierwagen. Ich wollte keinen von ihnen anhalten und ging einfach weiter den Korridor entlang, da ich annahm, ich würde schließlich in einen Bereich des Gebäudes gelangen, in dem ich die Garderoben finden würde – und hoffentlich auch Hoffman oder jemand anderen, der mir alles zeigen könnte. Doch dann wurde mir bewußt, daß eine Stimme hinter mir meinen Namen rief. Ich drehte mich um und sah, daß ein Mann hinter mir herlief. Er kam mir irgendwie bekannt vor, und tatsächlich, es war der bärtige Hoteldiener, der vorhin im Café den Tanz eröffnet hatte.
»Ach, Mr. Ryder«, keuchte er, »Gott sei Dank habe ich Sie endlich gefunden. Das ist jetzt schon das dritte Mal, daß ich durch das ganze Gebäude laufe. Er hält sich wirklich tapfer, aber wir wollen ihn unbedingt ins Krankenhaus bringen, und er besteht immer noch darauf, sich nicht vom Fleck zu rühren, ehe er nicht mit Ihnen gesprochen hat. Bitte hier entlang, Mr. Ryder. Er hält sich aber wirklich tapfer, Gott segne ihn.«
»Wer hält sich tapfer? Was ist denn überhaupt passiert?«
»Hier entlang, Mr. Ryder. Wir sollten uns lieber beeilen, ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus. Tut mir leid, Mr. Ryder, ich habe es Ihnen ja noch gar nicht erklärt. Es ist Gustav, er ist plötzlich krank geworden. Ich war selbst nicht da, als es passierte, aber ein paar von den Jungs, Wilhelm und Hubert, haben hier mit ihm gearbeitet und ihm bei den Vorbereitungen geholfen, und von ihnen haben wir es erfahren. Natürlich bin ich sofort hinübergerannt, genau wie die anderen Jungs auch. Offenbar hat Gustav sehr gut gearbeitet, doch dann ist er in den Waschraum gegangen und einfach nicht wieder herausgekommen. Da das sonst so gar nicht Gustavs Art war, ist Wilhelm hineingegangen, um nachzusehen. Als er hineinkam, scheint es wohl so gewesen zu sein, Mr. Ryder, daß Gustav mit nach vorn gesunkenem Kopf am Waschbecken stand. Da ging es ihm noch gar nicht so schlecht, er hat zu Wilhelm gesagt, ihm sei einfach ein wenig schwindlig, das sei alles, und man solle bloß kein Aufhebens davon machen. Wilhelm, und das ist wieder typisch für ihn, wußte nicht genau, was er machen sollte, zumal Gustav ja gesagt hatte, man solle kein Aufhebens machen, also ist er losgegangen und hat Hubert gesucht. Hubert hat nur einmal hingeschaut und sofort entschieden, daß Gustav sich irgendwo hinlegen sollte. Sie haben ihn in die Mitte genommen, um ihn zu stützen, und da haben sie dann gemerkt, daß er gar nicht mehr bei Bewußtsein war, obwohl er immer noch aufrecht stand und sich am Waschbecken festklammerte. Er hielt den Rand des Waschbeckens umklammert, richtig fest umklammert, und Wilhelm sagt, sie mußten seine Finger einzeln wegziehen. Dann schien Gustav wieder ein wenig zu sich zu kommen, und die beiden stützten ihn jeder auf einer Seite und brachten ihn hinaus. Und da sagte Gustav dann wieder, sie sollten bloß kein Aufhebens machen, es sei alles in Ordnung und er könne jetzt weiterarbeiten. Aber davon wollte Hubert nichts wissen, und sie haben ihn in eine von den Garderoben gebracht, in eine von den
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