Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
zum Mantra.
»Tja, Frau
Assmann, darum geht es wohl auch gar nicht. Ob gewonnen oder nicht, spielt hier
keine Rolle. Da sind offensichtlich antifeministische Intrigen im Gange. Ich glaube
zu wissen, wer dahintersteckt. Und diejenigen wollen uns beiden schaden. Aber wohl
eher mir als Ihnen.«
Paula erinnerte
sich an einen Halbsatz von Hille über die männerlastige Jury bei dem Wettbewerb.
Und an den Fernseheklat von anno dazumal.
»Das ist
ja ganz entsetzlich.«
»Ja, ich
war auch erschüttert.«
»Wen vermuten
Sie denn hinter der Aktion?«
»Frau Assmann,
verstehen Sie mich bitte, da möchte ich mich bedeckt halten. Zumindest vorerst.«
»Arnulf
G. Ziegler?«
»Ach, der.
Der ist doch nur eine Marionette. Die Fäden werden von anderen gezogen.«
Nun, im
Falle von ›Noir‹ war er keine Marionette gewesen. Aber das brauchte Paula jetzt
nicht zu vertiefen.
»Was machen
wir denn nun?«
»Ich habe
mich mit den Kollegen besprochen. Juristisch ist da kein Beikommen, das ist sinnlos.«
»Ja, aber
was dann?«
»Sebastian
Rammler, unser PR-Mann, hatte da eine gute Idee.«
»Und die
wäre?«
» Wir treten es jetzt in der Presse breit. Natürlich ohne Namen zu nennen, denn beweisen
können wir gar nichts. Das ist das Gute an dieser hässlichen Geschichte: Es bringt
den Roman in aller Munde. Sagt Sebastian. Egal, was geschrieben wird – so ein kleiner
Skandal hilft immer, die Verkaufszahlen hochzutreiben.«
Hm. Wenn
Paula an all die Skandälchen auf dem Buchmarkt dachte, die in den letzten Jahren
für Furore und hohe Auflagen sorgten, von Plagiatsvorwürfen bis hin zur Pornografie,
dann hatte dieser Sebastian wohl nicht ganz unrecht.
Die Schlagzeile am nächsten Tag
war tatsächlich heftig. Sie lautete: ›Schlammschlacht um Paola Assmys ,Hyänenfrau’‹.
Und weiter: ›Sind es wieder einmal die Antifeministen, die wie die Hyänen über den
Debütroman einer vielversprechenden Autorin herfallen?‹
Dieser Sebastian
Rammler hatte ganz offensichtlich Kontakte zu Presseleuten, die die fragwürdigen
Fragezeichen-Taktiken ebenfalls aus dem Effeff beherrschten. Während das eine Lager
die Korruptionsvorwürfe am Köcheln hielt, entwickelte die Gegenseite nun eine formidable
Verschwörungstheorie. Und es passierte genau das, was die hüben, nicht aber die
drüben beabsichtigt hatten: die Verkaufszahlen stiegen.
Eigentlich
hätte Paula sich freuen müssen, angesichts von Platz acht auf der Bestsellerliste.
Aber aus der gegnerischen Ecke kamen nach wie vor schlechte, ja, bösartige Kritiken,
unter denen Namen standen, die keiner im Proskenion-Verlag kannte.
»Das sind
lauter ›noms de plume‹. Diese Feiglinge. Anstatt sich offen dazu zu bekennen.«
Der Einzige,
der ein zweites Mal mit seinen Namen zeichnete, war derjenige, der die ganze Lawine,
zumindest dem Anschein nach, losgetreten hatte. Der fiese Ziegler. Wenigstens er
hatte noch so viel Mumm, sich nicht hinter einem Alias zu verstecken.
Und dann, Anfang Dezember, kam die
Einladung. Hille Himmelsthür und Sebastian Rammler waren völlig aus dem Häuschen.
Diese Einladung dürfe Paula nicht ausschlagen, auf gar keinen Fall. Das sei doch die Gelegenheit.
Paula sah
das anders. Sie hatte Angst. Aber konnte sie sich wehren?
Kapitel 30
»Schalt doch mal um, jetzt kommt
gleich das ›Sportstudio‹.«
Bodo Strehler
hatte schon sein Bier in der Hand.
»Du mit
deinem ewigen Fußball. Das hast du doch alles schon in der ›Sportschau‹ gesehen.«
Inge Strehler hielt die Fernbedienung fest umklammert. »Ich fand es sowieso unmöglich,
dass ich schon wieder allein am Esstisch sitzen musste.« Ihre Stimme hob sich etwas.
»Du wirst dich noch wundern.«
»Hmmm.«
»In Zukunft
koche ich nämlich samstags abends nicht mehr. Da kannst du dann sehen, wo du bleibst.
Oder dir eine Stulle schmieren.«
Strehler
schaute auf die Uhr.
»Bodo! Hörst
du mir überhaupt zu?«
»Ja doch.«
»Ich mach
das nicht mehr mit.«
Was war
denn los? Warum musste die auf einmal einen Streit vom Zaun brechen?
»Was willst
du denn?«
»Ich will
jetzt ›Lenz nach zehn‹ sehen.«
»Und ich
Fußball.«
»Mein Gott,
du hast doch die ganzen Tore schon x-mal mitgekriegt, von allen Seiten. Da kann
doch nichts Neues mehr kommen.«
»Das verstehst
du nicht.«
»Wenn du
nicht so geizig wärest, hätten wir schon lange einen zweiten Apparat. Dann könntest
du stundenlang deinen blöden Sport gucken.«
»Wenn du
nicht dauernd neue Klamotten kaufen würdest, hätten wir schon
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