Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
müsstest du doch längst
über dieser Affäre stehen.«
Die Vorbereitungen waren arbeitsintensiver
und zeitaufwändiger, als sie sich das vorgestellt hatte, und die Sache mit der Technik
schien auch recht kompliziert zu sein. Markus bestand deshalb auf einem Ortstermin,
einen Tag vor der Lesung. Eine Art Generalprobe. Und die lief alles andere als reibungslos.
Stundenlang saßen sie da und kämpften mit den elektronischen Tücken, bis Paula entnervt
das Handtuch warf.
»Ich gehe
jetzt – du wirst das schon schaffen.«
Markus brummelte
etwas vor sich hin, was nicht sonderlich liebenswürdig klang. Aber Paula scherte
sich nicht darum. Eine holperige Generalprobe war doch ein gutes Omen für die Premiere.
Das wusste sie noch von Onkel Paul, der, wie alle Theaterleute, wahnsinnig abergläubisch
gewesen war.
Am nächsten
Abend jedoch hatte sie dieses Glücksklee-Denken wieder vergessen. Voller Lampenfieber
machte sie sich mit Markus auf den Weg.
»Und die
Geräte sind alle aufgebaut und funktionieren?«
»Ja, kein
Problem.«
»Und diese
Evi macht den Büchertisch?«
»Natürlich,
keine Sorge.« Markus hatte im letzten Moment noch die Tochter eines Freundes aufgetrieben,
die sich um Aufbau und Verkauf der Autorenexemplare kümmerte. Paula würde im Anschluss
an die Lesung signieren.
»Und du
wirst mich auch vorstellen? Damit ich das nicht selbst machen muss?«
»Ja, klar.«
»Und du
vergisst auch nicht, meinen Künstlernamen zu benutzen?«
»Natürlich,
Paula.«
»Siehst
du. Du darfst mich nicht Paula nennen. Du musst Paola sagen. Paola
Assmy.«
»Den Unterschied
hört doch keiner.«
Den Unterschied
hörte wirklich keiner. Außer Evi und dem Pressefritzen, den Detlef herbeordert hatte,
waren nämlich nur drei Leute da. Ein Rentner, der sich eigentlich für die ›Sicherheitstipps
für Senioren und Seniorinnen‹ im Bürgerhaus nebenan interessierte, aber die Wochentage
verwechselt hatte und noch nicht heimwollte. Ein junges, magersüchtig wirkendes
Mädchen mit Kladde und Stift, die sich ihrem Bekunden nach auch zur Schriftstellerin
berufen fühlte. Und schließlich die Frau hinterm Tresen, die eigentlich auf ein
gutes Geschäft gehofft hatte – da sie hier doch keine Raummiete nahmen.
Am schnellsten
war der Lokalredakteur wieder weg, dem ein Blick auf dieses Ambiente genügt hatte.
Die anderen versuchten sich noch in ein paar höflichen Sätzen, die junge Frau wollte
sogar ein Buch signiert haben, wenn möglich, umsonst. Sie musste nämlich sehr sparen,
was man unschwer an ihrem Zottelrock und dem verwaschenen Pulli erkennen konnte.
Ein zweites Exemplar ging an Evi, für ihre unschätzbaren Dienste – ob die das wirklich
haben wollte, schien allerdings fraglich.
Ja, und
dann ging es ans Abbauen und ans Einpacken, und das dauerte. Und schlussendlich
half Paula, von Markus heftig unterstützt, doch noch den Getränkeumsatz des Lokals
zu steigern.
Kapitel 29
Kühle Laken in der Sommerhitze –
ein Traum. Nasskalte Laken auf kalten Matratzen im November – ein Albtraum.
Seit der
Nacht, die dem Absturz folgte, musste Paula nicht nur mehrmals den Schlafanzug wechseln,
sondern auch Kopfkissen und Decke. Ein Glück, dass sie bei ihrem Auszug aus dem
ehelichen Heim auch noch das Bettzeug aus dem Gästezimmer mitgenommen hatte. Robert
hatte zwar geschäumt vor Wut – Was willst du mit einer doppelten Garnitur? Das lässt
ja tief blicken! –, aber sie hatte kurzerhand mit einem ›Na, und du?‹ gekontert.
Und nun steckte die Zweitausfertigung im Wäschetrockner, und Paula lag da, als ob
sie auch geschleudert worden wäre.
Der Roman
war jetzt im Handel. Paula hatte so ziemlich alle Buchläden abgeklappert, nicht
nur die in der Innenstadt. In den meisten rangierte er unter ferner liefen auf irgendwelchen
hinteren Tischchen, und nur in zweien stand ein einsames Exemplar im Schaufenster
– als ob es ein Irrläufer wäre. So hatte sie sich die Sache nicht vorgestellt. Doch
Nachhaken half nichts. Na ja, schließlich konnte sie keinen zwingen, ihre ›Hyänenfrau‹
gleich im Dutzend anzupreisen wie einen Bestseller oder wie zwei Sechserpack Bier.
Beziehungsweise Sauerbier.
Immerhin
waren die beiden anderen Lesungen recht ordentlich gelaufen – wahrscheinlich wegen
Detlef. In den Pressemitteilungen stand nämlich jeweils dabei: ›Moderation Detlef
Schortens‹. Und er war nun mal ein Zugpferd in Bremen. In der Krimi-Bibliothek am
Wall mochten es so an die 40 Leute gewesen sein, und in der
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