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Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Marion Weiß
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schon zu spät.
    »Hat bei
Ihnen«, Strehler keuchte, er bekam kaum Luft, »hat bei Ihnen eine Paula Assmann
eingecheckt?« Wieder wedelte er mit seinem Dienstausweis herum. »Nach London oder
Frankfurt oder Paris?«
    Die Antwort
des Blauuniformierten kam wie aus der Pistole geschossen. Ja, Paula Assmann war
in dem Flieger nach London. Und der war soeben auf Startposition eins gerollt und
hob jeden Moment ab.
    »Oh nein.«
Strehlers Schultern rutschten eine Etage nach unten. Ausgerechnet der London-Flug.
Bis er die britischen Kollegen um Amtshilfe bitten konnte, war die über alle Berge.
Das heißt – er konnte ja gar nicht um Amtshilfe bitten. Paula Assmann ging ihn offiziell
nichts mehr an. Der Chef würde toben, wenn er das erführe. Und was, mein lieber
Strehler, haben Sie diesmal zu bieten? Wo sind die konkreten Fakten? Oder ist das
wieder nur Ihre meisterliche Intuition?
    So ein verdammter
Mist. Er rang sich ein halbherziges Dankeschön ab und marschierte Richtung Ausgang.
Plötzlich blieb er stehen. Da stimmte doch was nicht. Das war doch … Er machte auf
dem Absatz kehrt und eilte zum Check-in zurück.
    »Woher wussten
Sie so schnell, dass Frau Assmann in der Maschine ist? Die Kollegin bei der KLM
musste ewig lange in ihren Listen suchen.«
    »Nun, Sie
sind bereits der Zweite, der nach Frau Assmann fragt. Beziehungsweise nach Frau
Assmy. Vor etwa fünf Minuten war schon mal ein Herr da. Aber der konnte sie auch
nicht mehr erreichen. Da ist die Maschine nämlich bereits Richtung Startbahn gerollt.«
     
    Strehler saß regungslos in dem verqueren
Smart, an dessen Windschutzscheibe nun ein Knöllchen prangte. Aber das interessierte
ihn nicht die Bohne. Ihn interessierte nur eins: War das dieser blöde Blaschke gewesen?
Und wenn ja, wie war der auf die Idee mit dem Flughafen gekommen? Auch über die
Putzfrau? Und was zum Teufel hatte sich vorher abgespielt?
    Komisch
nur, dass der Lufthansa-Mensch ›Assmann, beziehungsweise Assmy‹ gesagt hatte. Würde
Blaschke den Namen Paola Assmy überhaupt kennen? Wenn er ferngesehen hatte, ja.
Wenn nicht … Wer konnte es dann gewesen sein? Er war sich mehr und mehr sicher:
Alles musste mit dieser Talkshow zusammenhängen. Irgendwie. Nur wie? Wortfetzen
geisterten in seinem Kopf herum. Wenn er die nur noch zusammenkriegen würde. Morbide
Fantasie? Unmoral?
    Strehler
startete den Wagen. Oh, hätte man ihn nur machen lassen! Dann wäre alles nicht so
weit gekommen. Automatisch fuhr er den Richtungspfeilen nach, so lange, bis er an
eine Ampel kam. Geradeaus hieß es ›City‹, rechts war ein Autobahnschild. Er wollte
jetzt nicht durch die Stadt, nicht bei dem ganzen Weihnachtstrubel, den er sowieso
hasste. Nein, er wollte auf dem gleichen Weg zurück, wie er gekommen war. Über den
Autobahnzubringer zur Erdbeerbrücke, das war auch der kürzeste Weg zum Präsidium.
Autobahnzubringer – das hieß Richtung Autobahn.
    Schlüsselroman.
Alter Ego. Jetzt hatte er’s. Paula Assmann selbst war die Hyänenfrau.
    Es begann
leicht zu schneien. Er stellte die Scheibenwischer an. Herrgott noch mal, war
das eine Schmiere, da konnte man ja kaum was erkennen. Typisch Inge – zu faul, mal
neue Wischblätter zu besorgen. Außerdem wurde nun auch noch das Knöllchen zermalmt,
das er vergessen hatte. Auch das noch. Aber er mochte jetzt nicht
aussteigen. Irgendwie würde es schon gehen. Bei so einem Wetter blieb man am besten
zu Hause. Hm. Wetter. Trekkingtour. Samarkand. Im Dezember. Ob das stimmte? Die
Temperaturen waren dort jetzt eher niedriger als hier in Bremen. Usbekistan war
schließlich nicht Mallorca. Das Ganze war doch abwegig.
    Eine Finte?
Vielleicht wollte die Assmann ganz woanders hin und hatte ihrer harmlosen Putzfrau
einen Bären aufgebunden. Ja, das war’s. Das musste es sein. Sonst wäre sie bestimmt
in dem Flieger nach Frankfurt gewesen, und nicht in dem nach London. Die hatte sie
alle zum Narren gehalten.
    A 1 Osnabrück
– Hamburg, A 27 Bremerhaven – Cuxhaven, A 281, was war denn das? Wo um alles in
der Welt musste er hin? Strehler hatte auf einmal die Orientierung verloren. Und
nein, er wollte nicht auf die Autobahn, in keine dieser Richtungen. Er hatte genug
von Wind und Wetter und Tempo in dem kleinen, wackeligen Smart. Er wollte nur noch
zurück auf die Neuenlander Straße, und dann alles wie gehabt. Für einen Moment schoss
ihm die törichte Idee durch den Kopf, das kurze Stück rückwärts zu fahren, aber
dafür müsste er wieder das Blaulicht in Gang setzen.

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