Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
lange einen.«
»Einmal
kannst du doch darauf verzichten. Mir zuliebe.«
»Als ob
das nur einmal wäre«, brummelte Strehler vor sich hin.
»Du bist
ein alter Grantler.«
»Was soll
das überhaupt sein – ›Lenz nach zehn‹, mitten im Dezember?«
»Die neue
Talkshow bei RTL. Mit Hugo Lenz. Den kennst du. Der war doch auch mal Sportreporter.«
»Ach, der.
Und der will jetzt auch so eine Laber-Sendung machen?«
»Das soll
was ganz Besonderes werden, nicht so wie die anderen.«
»Was kann
da schon besonders sein? Das ist doch alles ein und dasselbe. Immer die gleichen
Köpfe. Immer das gleiche Geschwätz.«
»Woher weißt
du das? Ich denke, du guckst so was nicht.«
»Natürlich
gucke ich das nicht. Aber wenn man spätabends herumzappt, dann stolpert man schon
mal drüber.«
»Oh schau,
es geht los. Holst du mir einen Wein? Und was zu knabbern?«
Strehler
knurrte, machte sich aber auf den Weg in die Küche. Bevor er nach der Rotweinflasche
fahndete, goss er sich einen Schnaps ein.
Immer diese
Nabelschau. Und jetzt sogar noch samstags.
Als er zurückkam,
hockten sie schon in trauter Runde da. Schwenk auf Hugo Lenz, frisch gestylt. Er
hatte seinen sportlichen Bürstenschnitt gegen eine Gelfrisur eingetauscht und eine
runde Intellektuellenbrille auf der Nase.
»Sieh nur,
Bodo, diese Brille. Ob das wohl Fensterglas ist? Oder hatte der bisher Kontaktlinsen?
Und die Haare, also nein. Vorher hat er mir viel besser gefallen.«
Strehler
stellte die Rotweinflasche neben seine Frau. Er selbst hatte sich gleich noch ein
zweites Bier mitgebracht.
»Wo hast
du denn das Knabberzeug? Ich hatte doch gesagt …«
»Musst du
ständig was in dich reinstopfen? Und dann jammerst du mir die Ohren voll, wenn die
Kleider spannen.«
»Na, dann
hol ich’s mir eben selbst. Dass du mir aber ja nicht umschaltest.«
Gottergeben
starrte Strehler auf Herrn Lenz.
»In unserer
heutigen Sendung wollen wir uns zuerst einem Gast zuwenden, der in letzter Zeit
häufig in der Presse war. Ich begrüße sehr herzlich Paola Assmy, die Autorin der
›Hyänenfrau‹.«
Ins Bild
kam eine Frau Mitte 50, die einen gewagten Kurzhaarschnitt trug.
»Du, ist
das nicht eine schicke Frisur? Ob die mir auch stehen würde?« Inge Strehler legte
drei Tüten auf den Tisch – Chips, Salzletten und Erdnüsse. »Aber bei Dunkelhaarigen
kommt das meistens ganz anders rüber als bei Blondinen. Vielleicht sollte ich es
doch lieber lassen. Was meinst du?«
Strehler
schaute auf den Bildschirm. Irgendwie kam ihm die Frau bekannt vor.
»Frau Assmy,
Ihr Roman – Ihr erster Roman – hat es in Windeseile auf die Bestsellerliste geschafft.
Haben Sie damit gerechnet? Wie erklären Sie sich diesen Erfolg? Für eine Newcomerin
ist das doch eher ungewöhnlich.«
»Nein, damit
habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich weiß auch nicht, woran das liegt. So etwas
ist schwer zu sagen.«
Die Stimme
kannte er doch.
»Inge, hast
du mitgekriegt, wie die heißt?«
Aber die
Antwort erübrigte sich, denn in diesem Moment wurde der Name eingeblendet: ›Paola
Assmy‹.
Assmy? Assmy?
Das war doch … ja, natürlich, das war Paula Assmann. Diese kalte Hundeschnauze.
Aber die Frisur war anders. Klar, deshalb hatte er sie nicht gleich erkannt. Sie
hatte doch im Sommer noch lange Haare gehabt. Wie kam die nur ins Fernsehen?
»Frau Assmy,
ist es denkbar, dass das Interesse an Ihrem Buch mit den Gerüchten zusammenhängt,
die gerade die Runde machen?«
»Dazu kann
ich nichts sagen.« Assmy-Assmanns Gesichtsfarbe war jetzt etwas intensiver geworden.
»An was
sollte es sonst liegen?«, mischte sich nun der eulenäugige Brillenträger neben Lenz
ein. ›Justus Randeck, Literaturkitiker‹. »Wohl kaum an der Qualität.«
Jetzt erinnerte
sich Strehler. Sie hatte damals gesagt, dass sie Romanschriftstellerin sei, nicht
nur Hausfrau.
»Frau Assmy,
man hat Ihnen unterstellt, für die Veröffentlichung Ihres Romans Schmiergeld gezahlt
zu haben.« Lenz fixierte sie durch seine neuerworbenen entspiegelten Gläser. »Das
ist ein sehr massiver Korruptionsvorwurf.«
Korruption?
Na, das passte doch. Bodo Strehler griff erregt zu seinem Bier.
»Das stimmt
nicht. Das ist eine Verleumdung. Das ist eine Verschwörung gegen mich und Frau Himmelsthür.«
»Hach ja,
mit dieser Verschwörungstheorie gehen Sie ja hausieren. Und stellen uns Kritiker
als Antifeministen hin.«
»Lieber
Herr Randeck«, wandte sich Lenz nun an den Eulenäugigen, »soll das heißen, dass
auch Sie zu diesen Kritikern
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