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Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Marion Weiß
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schon mit den Fingern
trommeln.
    Die Klingel
schrillte jetzt bereits zum dritten Mal, es wurde wirklich knapp. Unter den stechenden
Blicken des Saaldieners schlüpfte sie gerade noch rechtzeitig zur Tür hinein. Geschafft.
Sie schaute sich um. Reihe 9, 8, 7, 6. Ja, hier. Reihe 5, Sitz 12, ziemlich genau
in der Mitte. Gute Karten, teure Karten, wie immer. Während Cello, Violine und Co.
schon plim-plom machten, quetschte sich Paula an beiseite gedrückten Knien vorbei.
    »Entschuldigung,
danke, ’tschuldigung, danke sehr.«
    Schief lächelte
sie auf dunkle Anzüge und teure Seidenkostüme hinunter, die sich an ihren Jeans
rieben. Na, endlich. Sie ließ sich auf ihren Sitz fallen, zwischen Johannes und
Robert.
    »Tut mir
leid, der Workshop hat länger gedauert, da hab ich den Bus verpasst, und …«
    Roberts
Blick machte weitere Erklärungen überflüssig. Paula wusste genau, worüber er sich
ärgerte. Nicht nur, weil sie zu spät dran war. Oh nein. Er selbst saß da wie aus
dem Ei gepellt, wie es sich für einen arrivierten Mittsechziger gehörte. Sie strich
sich die feuchten Kringel aus der Stirn – ein brandneuer Afrolook, der nicht ganz
altersgemäß war – und beugte sich zu Johannes, um ins Programm zu schauen. Ah ja,
nun fiel es ihr wieder ein. Erst zwei Violinkonzerte von Mozart, das Dreier in G-Dur
und das Fünfer in A-Dur, dann das Tripelkonzert von Beethoven.
    Die Geräuschkulisse,
die um das übliche Hüsteln angeschwollen war, verebbte plötzlich. Dann setzte Applaus
für den Maestro ein, der zum Dirigentenpult schritt. Er war der Lokalmatador, das
merkte man sofort. Sein Ruf war allerdings noch kaum über die Region hinausgedrungen.
Dasselbe galt wohl auch für den jungen Geiger, der jetzt erschien und sich linkisch
verbeugte. Doch das Raunen, das plötzlich durch die Reihen ging, ließ Paula stutzen.
Hatte sie da was verpasst? War der womöglich doch eine Koryphäe? Sie schaute noch
mal in Johannes’ Programm. Maximilian Hornbogen. Hornbogen? Nein, da klingelte nichts
bei ihr. Na, mal abwarten, was der zu bieten hatte.
    Paula liebte
Musik. Allerdings nicht nur klassische. Sie mochte alles Mögliche, Jazz, Swing,
Chansons, Latin – und, um ehrlich zu sein, auch die Oldies aus ihrer Jugendzeit.
Die Songs der Sechziger- und Siebzigerjahre, die Robert so abtat, die aber in gewissen
Kreisen inzwischen Kult waren.
    Eigentlich
war es ein Opfer, dieses Abonnement. Nicht, dass sie ein Snob gewesen wäre, aber
manchmal musste sie Sachen über sich ergehen lassen, die sie aus freien Stücken
nicht ausgesucht hätte. Wenn sie dann auch noch mittelmäßig gespielt wurden und
sie von rechts und links dieses unsägliche ›Er hat sich aber Mühe gegeben!‹ hörte,
dann platzte ihr fast der Kragen. Dann musste sie an ihren verstorbenen Patenonkel
denken. Das wäre das Schlimmste, so Onkel Paul, was man über einen Künstler sagen
konnte. Sein Todesurteil. Und Onkel Paul musste es schließlich wissen, denn er war
selbst Sänger und Tänzer gewesen, und zwar nicht hier in der Provinz, sondern im
Berlin der Zwanzigerjahre.
    Dass Musikhören
zu Hause am gemütlichsten war, so bequem aufs Sofa gelümmelt, mit Wein und Knabberzeug,
das war klar. Da konnte sie hören, was sie wollte und so oft sie es wollte und so
laut sie es wollte. Auf der anderen Seite musste sie zugeben, dass es schon etwas
hatte, bestimmte Künstler live zu erleben. Wenn sie nur an das Konzert mit Daniel Barenboim
dachte, letztes Jahr in Berlin – einfach hinreißend. Da war gerade sie diejenige
gewesen, die am liebsten auf die Bühne gestürmt wäre und den Meister hemmungslos
umarmt und mit Rosen überschüttet hätte.
    Die Musik
hatte nun eingesetzt. Ruckartig brachte sich Maximilian Hornbogen in Positur und
warf das dünne blonde Haar zurück. Mit entschlossener Miene setzte er seinen Bogen
an.
    Paula atmete
tief durch. Was der junge Geiger da geigte, das war erstaunlich gut. Sehr gut sogar.
Da gab es wirklich nichts zu kritteln. Paula entspannte sich. Sie schloss die Augen
und ließ sich von Mozarts und Maximilian Hornbogens Behändigkeit vereinnahmen.
    Pause. Die
dezent transpirierenden Abonnenten – Paula hatte eine feine Nase – drängelten ins
Foyer, um sich bei einem Gläschen Sekt abzukühlen. Und natürlich, um zu sehen und
gesehen zu werden. Und um mit geistreichen Kommentaren zu glänzen.
    »… bei Weitem
besser als die Gottzky in der vergangenen Saison, seine Strichführung ist einfach
genial …«
    »Na, ich
weiß nicht, er setzt

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