Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
Geschwindigkeiten
schimpfte. Ihm das weismachen zu wollen, obwohl sie jedes Mal neben ihm saß, wenn
so ein Floh ihn auf der Autobahn mit 150 km/h überholte – das war schon dreist.
Und dann im selben Atemzug damit anzukommen, wie schön doch ein Mini Cooper wäre.
Wieder so ein kleines Ding, bloß wesentlich teurer. Aber der hätte doch viel mehr
PS, das wäre was ganz anderes. Als er dann sagte, dass die Schwierigkeiten von ihren
nicht ganz so brillanten Fahrkünsten herrühren könnten, war sie natürlich ausgerastet.
Doch heute auf der Neuenlander Straße musste er seiner guten Inge Abbitte tun.
Endlich.
Da vorn kam die Abbiegung zum Flughafen. Er ordnete sich auf der linken Spur ein.
Hatte er da etwa ›Flughafenstadt‹ gelesen? Die waren ja größenwahnsinnig geworden.
Oder er hatte sich getäuscht. Nun, zumindest war er richtig, wenngleich die Wegführung
völlig anders verlief, als er sie in Erinnerung hatte. Neue Straßennamen, riesige
Gewerbeareale, Gebäudekomplexe mit Logos bekannter Bremer Firmen – tatsächlich eine
Stadt für sich. Wenigstens war die Strecke gut ausgeschildert, wenngleich das Flughafen-Piktogramm
an recht unerwarteten Stellen auftauchte und er über Biegungen und Sträßchen gelotst
wurde, die er nie in Erwägung gezogen hätte. Doch schließlich sah er die vertrauten
Parkhäuser vor sich. Aber dort wollte er natürlich nicht hinein. Er schoss vorbei,
direkt bis zu ›Abflug/Departures‹. Schon von Weitem sah er eine Lücke in der Kurzparkzone.
Was für ein Glück, dass er den Smart genommen hatte. Da wäre er mit seinem Opel
nie reingekommen, von dem großen BMW ganz zu schweigen. Doch als er dort ankam,
musste er feststellen, dass die Lücke selbst für den Smart zu klein war. Das war
noch nicht mal ein halber Parkplatz. Aber er musste hier rein, auf Biegen und Brechen.
Also tat der Herr Hauptkommissar etwas Gesetzeswidriges. Er stellte den Smart quer.
Er hatte nie begreifen können, dass das verboten war, bei dem knappen Parkraum in
den Großstädten. Nur in München schien es toleriert zu werden – zumindest hatte
er das mal gehört.
Jetzt stand er bei ›Abflug‹, aber
den Abflug gab es doppelt: zum einen bei Terminal eins, zum anderen bei Terminal
drei. Wohin, um Himmels willen? Strehler stürzte ins Gebäude, in die neu und nobel
gestaltete Halle. Vor ihm die Großstädte der Welt auf dem Serviertablett, dahinter
die Abflugzeiten und die Nummern der jeweiligen Check-in-Schalter. Doch plötzlich
verschwammen die Buchstaben und Zahlen. Bodo Strehler, reiß dich zusammen. Er schaute
auf die Uhr, er schaute auf die Anzeigetafeln. An drei Stellen blinkte es, und eine
Destination konnte er gerade noch erhaschen, bevor sie am oberen Rand ins Jenseits
rutschte. Amsterdam. Die KLM-Maschine war also weg. London, Frankfurt und Paris
standen kurz vor dem Start.
Auf welchem
Wege kam man von Bremen aus nach Samarkand? Wohl kaum über Paris. Das würde er vom
Gefühl her ausschließen wollen. Aber die anderen? London und Amsterdam waren auch
keine wirklichen Optionen, doch wer weiß, wie günstig die Verbindungen waren. Frankfurt
– Taschkent? Ja, das konnte er sich am ehesten vorstellen.
Außer Amsterdam
lauter Lufthansaflüge. Und nur die KLM war hier im Terminal eins. Er rannte zum
Check-in-Counter und zückte seinen Dienstausweis.
»Sagen Sie,
ist in der Maschine nach Amsterdam eine Paula Assmann?«
Die junge
Blonde in der strengen Kostümjacke blätterte ihre Listen durch, langsam und gründlich.
So langsam, dass man sie für eine Analphabetin hätte halten können. Strehler trat
von einem Bein aufs andere. Nun fing auch noch seine Blase an zu drücken.
»Nein, tut
mir leid, eine Paula Assmann habe ich nicht hier.«
»Wo ist
denn der Lufthansaschalter?«
»Der ist
in Terminal drei, ganz am anderen Ende.«
Der Weg
war weit, viel zu weit. Wo waren denn bloß die WCs? Nirgends was zu sehen. Im ersten
Stock gab es auf jeden Fall welche, das wusste er noch. Bevor er hier lange herumsuchte,
lief er besser nach oben. Oder noch besser, er fuhr – mit der Rolltreppe. Da konnte
er die Beine zusammenklemmen. Gott sei Dank, da drüben war es ja, wie er sich’s
gedacht hatte. Ziemlich ärgerlich, aber was sollte er machen? Er konnte schließlich
nicht in die Hose pinkeln.
Das Ganze
kostete ihn mehr als fünf Minuten. Dann hetzte er wieder hinunter und durch
die ganze Halle. Als er endlich am Terminal drei anlangte, war es für die Maschine
nach London der Anzeigetafel nach
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