Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)
hervorragend.« Eleanor schüttelte den Kopf, als würde sie von einer Schule, die ihren Sohn aufnahm, nichts anderes erwarten. »Es ist anormal, anders kann man das nicht sagen. Aber trotzdem ich bin froh, dass du dich dort wohlfühlst.«
»Aber ich fühle mich nicht wohl!«, protestierte Barnaby. »Das habe ich doch gerade gesagt.«
»Wie schön, mein Kind.«
Aber wie sich herausstellte, sollte seine Karriere in der Akademie sowieso bald ein abruptes Ende nehmen. Am folgenden Mittwochnachmittag führte die Kombination aus muffigen Gerüchen, fettigen Decken, überquellenden Papierkörben, Zigarettenlöchern, Mrs Hooperman-Halls Lippenstift und abblätternder Tapete dazu, dass ein spontaner Brand ausbrach, und zwar in einer Ecke des langen Korridors, der die neuen Schüler, die noch in der Probezeit waren, von den lebenslänglichen trennte. Das Feuer fraß sich durch die uralten Teppiche und schuf überall neue kleine Brandherde, indem es sich unter den Türen hindurchquetschte, und als es in Barnabys Klassenzimmer angekommen war, kletterten die Flammen schnell die Wände hoch, weil sie dort die Nahrung fanden, die sie immer größer und stärker werden ließ. Mrs Hooperman-Hall und die Kinder schrien wild durcheinander und rissen die uralten Eisenstäbe aus den Fenstern, sprangen hinaus auf das Dach und brachten sich in Sicherheit, indem sie die Regenrinne hinunterrutschten.
Doch Barnaby war immer noch an seinen Stuhl gefesselt. Niemand hatte daran gedacht, ihn zu retten.
»Hilfe!«, schrie er und zerrte an dem Seil, aber je mehr er zog, desto fester zurrten sich die Knoten. »Hilfe! Jemand muss mir helfen!«
Die Flammen wurden immer größer, und eine ganze Wand des Klassenzimmers brannte jetzt lichterloh. Barnaby begann zu husten, der Rauch verfing sich in seiner Kehle und nahm ihm den Atem, Tränen liefen ihm übers Gesicht.
»Hilfe!«, schrie er wieder, aber seine Stimme war kaum noch zu hören. Er begriff, dass dies vielleicht sein letztes Wort war und dass er hier im Feuer sterben konnte, ohne Alistair, Eleanor, Henry, Melanie und Captain W. E. Johns je wiederzusehen. Mit aller Kraft zerrte er noch einmal an dem Seil, mit dem seine Handgelenke und seine Knöchel gefesselt waren, aber er schaffte es nicht, die Knoten zu lockern. Er schaute an sich hinunter, und ihm wurde klar, dass er sich unmöglich selbst befreien konnte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als mit so viel Tapferkeit wie nur möglich den schrecklichen nächsten paar Minuten ins Auge zu blicken. Selbst wenn ihn jetzt jemand losbinden wollte, waren die Knoten zu fest, um von menschlichen Händen gelöst zu werden.
Ein SCHLIMMER Tag in der SCHULE
Deshalb konnte er von Glück reden, dass der einzige Mensch, der kam, um ihm zu helfen, keine Hände hatte, sondern stattdessen zwei erstklassige Haken.
»Sitz still, Barnaby!«, rief Liam McGonagall. Er hustete furchtbar und hatte Mühe, das Seil richtig zu sehen, während er die Spitzen der Haken einsetzte, um die Knoten zu entzerren. »Hör auf, so zu zappeln – du machst es nur noch schwerer für mich.«
Barnaby gehorchte, und bald spürte er, dass der Druck am linken Knöchel nachließ. Gleich darauf konnte er seinen Fuß aus der Schlinge ziehen. Dann war das rechte Bein an der Reihe. Danach sein linker Arm, rasch gefolgt vom rechten. Liam hatte es geschafft – er hatte die Knoten aufgebunden.
»Nein, nein, das lässt du jetzt schön bleiben«, sagte Liam und umklammerte mit seinen Haken Barnabys Knöchel, als sein Freund anfing, zur Decke zu schweben, die sich inzwischen in ein orangerotes Flammenmeer verwandelt hatte. »Spring auf meinen Rücken, Barnaby, und halt dich gut fest.«
Wieder gehorchte Barnaby, und die beiden Jungen schafften es tatsächlich bis zum Fenster, sprangen hinaus und rutschten die Regenrinne hinunter. Dann landeten sie mit einem gewaltigen Plumps auf der Erde und fielen beide um. Fast wäre Barnaby wieder davongeschwebt, aber Liam war zu schnell für ihn und hielt ihn fest.
»Das war’s dann«, sagte Barnaby mit einem Blick auf das uralte Gebäude, das sich nun endgültig den Flammen ergab und in sich zusammenstürzte.
»Sie werden die Schule nie wieder eröffnen können«, sagte Liam.
Die beiden Jungen schauten einander an und grinsten glücklich. Es war wahrscheinlich der schönste Tag in Barnaby Brockets bisherigem Leben.
Kapitel 5
Der Zauberer auf der Brücke
Zwei Wochen später saß Barnaby festgebunden auf dem Sofa im Wohnzimmer und las Robert
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