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Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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noch versucht, dich festzuhalten, aber dann kam ein Windstoß, und du warst schon zu hoch oben.«
    »Ich glaube aber, sie haben dir verziehen«, sagte Melanie.
    »Natürlich haben sie ihm verziehen«, sagte Henry. »Sie sind auch total froh, dass du wohlbehalten zurückgekommen bist. Was ist los? Du siehst so komisch aus. So war’s doch, oder?«
    Barnaby machte den Mund auf und spürte, wie eine riesige Wutkugel aus seinem Bauch aufstieg. Er war mehrere Wochen von zu Hause weg gewesen. Manchmal hatte er fast nichts zu essen gehabt, oft hatte er nicht gewusst, wo er nachts schlafen würde, die Leute hatten ihm mehr als einmal vorgehalten, er rieche streng. Gelegentlich hatte er große Angst gehabt und sich sehr allein gefühlt.
    Er schaute seinen Bruder und seine Schwester an und wollte ihnen erzählen, was wirklich passiert war und wie er überhaupt in diese Situation geraten war. Doch ihre ängstlichen Gesichter zeigten ihm, dass sie die Darstellung ihrer Eltern für bare Münze nahmen und dass sie diese Version glauben mussten . Jede andere Variante war für sie einfach zu schrecklich, um sie auch nur in Erwägung zu ziehen.
    »Ja«, sagte er schließlich, schluckte und drehte sich weg. Er konnte den beiden nicht in die Augen blicken. »Ja, so war’s. Ich hätte auf Mum hören sollen. Aber ihr kennt mich ja, ich muss immer machen, was ich will.«
    »Stimmt. Das ist normal«, sagte Henry und grinste ihn an.
    Bevor sie weiterreden konnten, ging die Tür auf, und eine Krankenschwester schaute herein. Sie war schlecht gelaunt und schien total entsetzt, als sie Barnabys Besuch sah.
    »Kinder!«, rief sie. »Hier dürfen sich keine Kinder aufhalten!«
    »Aber es ist doch ein Kinderkrankenhaus«, wandte Barnaby ein.
    Sie deutete mit dem Finger auf ihn. » Du darfst hier sein«, zeterte sie. »Aber die beiden hier? Raus! Wir erlauben nicht, dass Kinder wie ihr hierherkommen und mit ihren üblen Infektionen unsere Patienten anstecken. Raus hier! Sofort! Alle miteinander! Nur du nicht«, fügte sie hinzu und zeigte wieder auf Barnaby. »Raus, raus, raus!«
    Seufzend schauten Henry und Melanie ihren Bruder an.
    »Wir sehen dich morgen wieder, Barnaby«, sagte Melanie. »Nach deiner Operation.«
    »Mum hat euch davon erzählt?«
    »Ja, sie ist ganz begeistert.«
    »Raus!« Jetzt schrie die Krankenschwester richtig. »Raus, raus, raus!«
    »Ach – wir haben dir übrigens ein Geschenk mitgebracht«, sagte Melanie schnell, hüpfte vom Bett und kickte mit ihrer Stiefelspitze die Ledertasche näher zu Barnaby. Die Tasche fing wieder an zu wackeln, beruhigte sich kurz, wackelte weiter, beruhigte sich wieder. »Noch nicht aufmachen«, flüsterte Melanie leise und riss dabei die Augen weit auf, als wollte sie ihm eine heimliche Botschaft vermitteln, während sie mit dem Kopf auf die Krankenschwester zeigte. »Warte, bis wir weg sind.«
    Die beiden liefen hinaus auf den Flur, bevor sie erneut angemeckert werden konnten. Die Tür schloss sich hinter ihnen, und Barnaby blieb allein in seinem Zimmer zurück. Er betrachtete die Tasche. Was war darin?, fragte er sich, und als er den Reißverschluss aufzog, hopste zu seiner großen Überraschung etwas Lebendiges heraus und zu ihm aufs Bett.
    »Captain W. E. Johns!«, jubelte Barnaby. Der Hund lief über die Matratze und leckte ihm zur Begrüßung kräftig das Gesicht ab – für Barnaby war es die gründlichste Wäsche seit Wochen.

    Am Nachmittag, ein paar Stunden vor dem Operationstermin, schob der Pfleger einen Rollstuhl ins Zimmer und sagte, wenn Barnaby ein bisschen Abwechslung brauche, könne er damit durch die Flure rollen. Da sich Captain W. E. Johns unter dem Bett verkrochen hatte, kletterte Barnaby in den Rollstuhl, schnallte sich an und begab sich auf Erkundungstour.
    Überall, wo er hinkam, sah er Kinder in Schlafanzügen und Morgenmänteln. Sie gingen entweder mit ihren Eltern die Korridore auf und ab, oder sie saßen in ihren Zimmern, umgeben von Familienmitgliedern, spielten Schach, Backgammon oder Scrabble, oder sie lagen im Bett und lasen. Soweit er das beurteilen konnte, war er der Einzige, den man ganz allein gelassen hatte.
    Als er um eine Ecke bog, sah er Dr. Washington an einem Schreibtisch sitzen und irgendwelche Informationen in einen Computer tippen. Zwischendurch kritzelte sie Notizen auf einen Block und kopierte Diagramme vom Bildschirm. Er rollte näher zu ihr.
    »Hallo, Frau Doktor«, sagte er.
    »Hallo, Barnaby«, sagte sie und lächelte ihm zu. »Was kann

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