Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
Gesicht, langsam, als wäre jeder Finger aus Blei, und jetzt sah ich, dass es keine Schlüssel waren, die sie da hielt, sondern nur Holzstückchen und schwarze Streichhölzer, die an einem Ring befestigt waren.
Das Jammern und die Litaneien wurden hinter ihr lauter und immer schlimmer, bald würde es nicht mehr möglich sein, ihnen zu widerstehen.
Oh, fort von all meinen wachen Träumen.
»Ich suche nach dem Ausgang«, sagte ich.
»Warum bist du dann hereingekommen?«
Bevor ich mit meinem eigenen Wechselgesang anfing, mit allem, was er beinhaltete, lief ich zu den Bogengängen zurück, während jemand hinter mir her rief und gegen die Fenster hämmerte, auf Glas und Eisen, ich hörte eine Sirene oder eine Glocke, die Kirchenglocke der Idioten, die nur zum Eintritt läutet, ich lief weiter die festgetretenen, mageren Äcker entlang, und endlich, hinter ein paar Kühen, die frierend dalagen, fand ich eine Pforte, und endlich war ich draußen.
Dann holte ich meinen Schulranzen und die alten Kleider, ging nach Hause und konnte meinem Repertoire eine neue Nummer hinzufügen, bisher hatte es aus Schnauben, Zählen, Schlucken, Fechten, Heulen und Zähneknirschen bestanden. Ich war unerschöpflich. Hurra! Und mir war klar, dass es viel wichtiger war, eine Liste darüber aufzustellen, was ich nicht tat, als darüber, was ich bereits tat. Und die Liste über alles, was ich bis jetzt noch nicht getan hatte, machte mir große Angst. Es würde nicht genug Zeit zur Verfügung stehen. Spucke! Sag das nicht. Tritt! Sag das auch nicht! Pfeife! Hüpfe! Zwinkere! Schnipse! Balle die Fäuste! Auf und zu! Rein und raus! Halleluja! Die Schläge der Standuhr gingen mir durch Mark und Bein. Doch eins war sicher: Doktor Lund irrte sich. Ich verlor nicht das Gedächtnis und wurde auch nicht fahlhäutig oder verwirrter oder misstrauischer als zuvor. Das Einzige, was ich merkte, ich wurde etwas gefühllos in der Hand, empfindsam im Hoden, die Vorhaut war abgerieben, und bald hatte ich keine Taschentücher mehr, die ich wegwerfen konnte.
Hinc illae lacrimae!
Und Vater trieb es noch mächtiger als je zuvor, denn weniger konnte er nicht tun. Hvals Industrien wuchs, die Produktion nahm zu, Emballage, Bestecke, Tonnenbänder, Angelhaken. Er suchte neue Märkte und ging ins Seefahrtsgeschäft. Was trieb ihn eigentlich, auf diesem letzten Stück? Oh ja, er musste die Gerüchte in den Schatten stellen, er musste sie überdecken, die Gerüchte über meine Mutter und ihre Philomene, ihre Nachtigallen, wie unsere Hausmädchen genannt wurden, die Gerüchte über mich und meine sogenannten Unarten, und er schaffte es. Vater war aus Eisen. Er lud die High Society zu sich nach Hause und präsentierte uns, um zu zeigen, dass er nichts zu verbergen hatte. Er baute einen Pavillon hinten im Garten, in dem man Champagner trinken konnte. Ich begrüßte Männer, die Vater ähnelten, und jedes Mal, wenn sie zu Besuch kamen, waren sie noch überschwänglicher. Mutter huschte unbeschwert zwischen ihnen hin und her und ließ sich von dem einen oder anderen auf Wange oder Hand küssen. Ich hielt mich in meinen Bahnen und war der echte Prinz von Besserud. Nie ging es meinen Eltern besser. Anschließend, wenn die Pflichten der Gastgeberin überstanden waren, saß meine Mutter im Bad und übergab sich, während Abmachungen auf den Tisch kamen und zwischen Flaschen und Verträgen terminiert oder hinter geschlossenen Türen unterzeichnet wurden. Ich hörte bis tief in die Nacht Gelächter aus dem Pavillon, und oft graute schon der Morgen, bevor Alfred Hammer anspannen und die Gäste heimbringen konnte. Ja, Vater war aus Eisen. Er drückte der Erde deutlich seine Fußspuren auf, so dass kein Zweifel bestand, wohin ich zu folgen hatte.
Vestigia terrent.
Mehr sage ich vorläufig nicht.
Der Himmel immer noch wolkenfrei.
So vergingen einige Jahre, und endlich komme ich zu einem anderen Kapitel:
Ich stehe mitten im Garten unter dem Apfelbaum und zähle Äpfel. Ich trage den neuen Macintosh, den ich von Mutter bekommen habe, als ich dreizehn wurde, obwohl es an diesem Tag nicht regnet, im Gegenteil, der Himmel ist wie gesagt wolkenfrei. Ich zähle die saftigen, bunten Äpfel, die immer noch an den Zweigen hängen, und als ich damit fertig bin, zähle ich die, die leider im Gras liegen und verrotten, um herauszufinden, wo es die meisten Äpfel gibt, am Baum oder auf der Erde. Das erfordert Fleiß und Gewissenhaftigkeit. Aber ständig fallen Äpfel vom Baum, so dass ich
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