Die Unschuld der Rose
seine Scheidung wieder ein. Grace ahnte, dass seine Seele Narben haben musste. Wenn das Leben angriff, hinterließ es Wunden. Das wusste sie. Hatte er gelernt, seine Narben zu ertra gen und weiterzuleben? Waren mit dem abrupten Auszug seiner Frau seine Gefühle versiegt, oder war das lange Zeit vor dem Scheitern der Ehe geschehen?
„Begehen Sie nie Fehler, Mr. Cordeiro?“
Sein Mund verzog sich zu einem zynischen Lächeln. Plötzlich wirkte alles an ihm auf brutale Weise hart, das markante Kinn, das Funkeln in seinen Augen, die gestrafften Schultern. „Doch.“
Warum nur hatte sie das Gefühl, dass gerade hinter dieser kurzen Antwort ein tiefes Leiden steckte? Weshalb glaubte sie das, obwohl nichts an diesem Mann Schwäche oder Verletzlichkeit verriet? Sie spürte nur, dass er mit etwas kämpfte, dem er sich nicht ergeben wollte. Dieser Mann würde sich niemals aufgeben. Er war der geborene Kämpfer.
„Nun, ich habe Fehler gemacht, das gebe ich zu …“ Zögernd hielt sie inne. „Ich war töricht, naiv und unerfahren.“
„Naiv und unerfahren – sind das die Worte, mit denen Sie sich selbst beschreiben?“
„Dann stünden die Chancen schlecht, dass Sie mir weiterhin Geld leihen“, entgegnete sie leichthin, während ihr Blick wie magisch von seinen starken Unterarmen angezogen wurde. „Aber vor fünf Jahren war ich genau das, als Sie den ersten Kredit bewilligt haben.“
„Wie alt waren Sie damals?“
„Achtzehn. Ich hatte gerade die Schule beendet.“ Sie sprach locker, damit sie nichts von dem Schrecken ihrer Schulzeit preisgab.
„Warum haben Sie nicht studiert?“
Aus vielen Gründen.
Grace senkte den Kopf und blickte auf den Tisch. Vor ihr stand ein Teller. Wann war der dorthin gestellt worden? Ein unbehagliches Gefühl im Magen, musste sie sich eingestehen, dass sie in seiner Nähe nichts außer ihm wahrnahm. „Die Universität war nichts für mich. Ich wollte lieber eine Firma gründen.“ Ich musste mich selbst beweisen .
„Sie meinen, Sie wollten anfangen, Geld zu verdienen?“
Geld? Grace runzelte die Stirn. Darum ging es ihr nicht. Selbst heute zahlte sie sich selbst kaum einen Lohn aus, sondern steckte den ihr zustehenden Betrag gleich wieder in die Firma. „Ich wollte etwas, das mir gehört“, entgegnete sie schließlich und erlaubte ihm damit einen tieferen Einblick, als ihr im Grunde lieb war.
Während Maria weitere Schüsseln mit Essen servierte, schwieg Rafael. „Aber das Unternehmen gehört Ihrem Vater.“
Sie schüttelte den Kopf. „Die Cafés nicht. Er importiert nur Kaffee und verkauft ihn weiter. Nach der Schule habe ich eine Weile in einem Café gearbeitet. Die Arbeit hat mir großen Spaß bereitet. Doch es gab so vieles, was ich anders gemacht hätte. Viele meiner Freunde studierten an der Universität in London. Für sie gab es keinen schönen Ort, an dem sie sich nachmittags treffen konnten. Da ist mir die Idee gekommen. Ich habe ein wenig recherchiert, ein leer stehendes Café gefunden und mit einem Kredit von der Bank gekauft. Tag und Nacht habe ich es selbst renoviert, weil ich mir keine Handwerker leisten konnte.“
Nachdem sie sich den Teller gefüllt hatte, erzählte sie weiter: „Die Risse in den Wänden waren so breit, dass ich sie mit Farbe nicht verdecken konnte. Deshalb habe ich mich entschlossen, überdimensionale Bilder des brasilianischen Regenwalds aufzuhängen. Der Effekt war verblüffend. Alle fragten: ‚Wo ist das?‘ Ich hätte gleich eine zweite Karriere als Reiseleiterin machen können.“ Damals war ihr alles so unkompliziert vorgekommen. Sie hatte mit nur einem einzigen Ziel angefangen … ihren Vater zu beeindrucken .
„Brasilien ist ein wunderschönes Land.“
„Ja. Und die Fotos inspirierten mich, über das Erlebnis nachzudenken, das ich verkaufen wollte. Die Zielgruppe der meisten Cafés besteht aus jungen Müttern mit Kindern oder Geschäftsleuten, die kurz Energie tanken wollen. Meine Vision war, einen Ort zu schaffen, an dem sich Studenten in einer lebendigen Umgebung mit ihren Freunden treffen. Zu Beginn spielten wir Sambamusik und verkauften brasilianische Snacks. Später richteten wir Internetzugänge ein, damit die Gäste arbeiten oder chatten können, während sie ihren Kaffee bei uns trinken.“
„Und Sie hatten Erfolg.“
„Ja. Das Café war immer voll und unsere Gewinne erstaunlich. Alles war unglaublich aufregend.“
„Das ist Geldverdienen immer.“
Sein harscher Tonfall riss sie aus den schönen
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