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Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Titel: Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Orringer
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eingeweiht – er habe Andras’ Kummer gespürt und sich aus diesem Grund zum Besuch angemeldet.
    Die Vorfreude auf den Bruder – noch drei Wochen, dann zwei, dann eine – trug ihn von der Wohnung zur Schule und von der Schule zur Arbeit. Da die Aufregung der letzten Produktion vorbei und Madame Gérard fort war, krochen die Nachmittage im Sarah-Bernhardt unerträglich langsam dahin. Andras hatte hinter der Bühne alles so gut organisiert, dass es bei den Proben nur wenig zu tun gab; er marschierte hinter dem Vorhang auf und ab, der wachsenden Angst ausgesetzt, Monsieur Novak könne seine Überflüssigkeit bemerken. Nachdem er eines Nachmittags die Anlieferung einer Ladung Holz für die Kulissen von Fuente Ovejuna beaufsichtigt hatte, wandte er sich an den leitenden Bühnentischler und bot ihm seine Dienste als Bühnenbauer an; und der hatte tatsächlich Arbeit für ihn. In den Nachmittagsstunden nagelte er die Kulissen zusammen; nach Feierabend studierte er die Entwürfe für die neuen Bühnenbilder. Dies war eine andere Art von Architektur, hier drehte sich alles um Illusion und Täuschung: durch eine verkürzte Perspektive erschien der Raum tiefer, durch Geheimtüren konnten Schauspieler auftauchen oder verschwinden, Kulissenteile konnten nach hinten oder innen gedreht werden, sodass ein neuer Hintergrund entstand. Nachts im Bett grübelte Andras über die Entwürfe nach, um sich von den Gedanken an Klara abzulenken. Er überlegte, ob nicht die Hausfassaden, die die spanische Stadt darstellten, auf Räder gestellt und gedreht werden könnten; auf die Rückseite könnte man das Innere des Gebäudes malen. Er fertigte mehrere Skizzen an, die illustrierten, wie der Effekt zu bewerkstelligen wäre, und später arbeitete er die Skizzen in Entwürfe um. In seiner zweiten Woche als Bühnenbaugehilfe ging er zum Obertischler und zeigte ihm seine Arbeit. Der Mann fragte, ob Andras glaube, sie verfügten über ein Budget von einer Million Francs. Andras erklärte ihm, sein Vorschlag würde weniger kosten als die Anfertigung zweier Kulissen, die benötigt würden, wenn man Innen- und Außenansicht separat erstellte. Der Obertischler kratzte sich am Kopf und sagte, er würde mit dem Bühnenbildner sprechen. Der Bühnenbildner, ein großer Mann mit runden Schultern, einem ungepflegten Schnurrbart und einem Monokel, begutachtete die Zeichnungen und fragte Andras, warum er noch als Laufbursche arbeite. Ob er eine Arbeit wolle, bei der er dreimal so viel verdiene wie bei seiner jetzigen? Er habe eine eigene Werkstatt auf der Rue des Lombards und beschäftige normalerweise einen Gehilfen, doch der letzte habe gerade seine Abschlussarbeit an der Beaux-Arts fertiggestellt und eine Arbeit außerhalb der Hauptstadt gefunden.
    Andras wollte die Stelle. Aber Zoltán Novak hatte ihm das Leben gerettet; er konnte das Sarah-Bernhardt nicht einfach so im Stich lassen. Andras ließ sich die Visitenkarte des Bühnenbildners geben, betrachtete sie die ganze Nacht lang und fragte sich, was er tun sollte.
    Am nächsten Nachmittag ging er zu Novaks Büro, um ihm seine Lage zu schildern. Nach dem Anklopfen folgte ein langes Schweigen, dann hörte man diskutierende Männerstimmen; die Tür flog auf und gab den Blick frei auf zwei Männer im Nadelstreifenanzug, Aktentaschen in der Hand, die Gesichter gerötet, als habe Novak sie mit den unflätigsten Ausdrücken beleidigt. Die Männer setzten sich ihre Hüte auf den Kopf und gingen an Andras vorbei nach draußen, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Im Büro stand Novak an seinem Schreibtisch, die Hände auf die Unterlage gestützt, und schaute den Herren nach, die im Korridor verschwanden. Als sie fort waren, kam er hinter dem Schreibtisch hervor und schenkte sich ein Glas Whisky aus der Karaffe vom Sideboard ein. Er sah sich über die Schulter zu Andras um und wies auf ein Glas. Andras hob die Hand und schüttelte den Kopf.
    »Bitte«, sagte Novak. »Ich bestehe darauf.« Er goss den Whisky ein und gab Wasser hinzu.
    Noch nie hatte Andras Novak vor Einbruch der Dämmerung trinken sehen. Er nahm das Glas entgegen und setzte sich in einen der alten Ledersessel.
    »Egéségedre« , sagte Novak. Er hob sein Glas, leerte es und stellte es auf der Schreibunterlage ab. »Können Sie sich denken, wer das gerade war?«
    »Nein«, sagte Andras. »Aber die Männer sahen ganz schön grimmig aus.«
    »Das sind unsere Geldgeber. Die Herren, die die Stadt bisher immer überzeugen konnten, dass unsere Türen

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