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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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seinem Nachfolger auserkoren, mich dann aber wegen einer Lächerlichkeit verbannt. Nachdem du jetzt leider abtreten musst, junger Trevir, werde ich dem Bund neues Leben einhauchen. Er wird weiter das Gleichgewicht des Triversums hüten, wenn auch auf eine neue Weise.« Molog lachte gehässig und hob die Schwertklinge zum tödlichen Stoß.
    Plötzlich hörte Trevir einen zischenden Laut. Der Kriegslord riss die Augen auf und erstarrte. Ein, zwei furchtbare Atemzüge lang sah Trevir zu der über ihm schwebenden Klinge hoch. Dann suchte und fand seine Rechte den am Boden liegenden Stecken, schloss sich darum und schwang ihn nach oben. Als Aluuins Stab die Klinge traf, brach er entzwei. Das Schwert wurde von der Wucht des Aufpralls zur Seite abgelenkt. Trevir rollte sich nach links, um der Reichweite des Kriegslords zu entkommen. Jetzt erst sah er, dass hinten ein Pfeil aus Mologs Hals ragte. Der Kriegslord sackte auf die Knie und kippte mit gebrochenem Blick zur Seite.
    Trevir stemmte sich aus der Pfütze hoch und blickte zur Galerie hinauf. So, wie der Pfeil den Kriegslord getroffen hatte, konnte er nur von irgendwo dort oben abgeschossen worden sein. Und dann sah er den Schützen.
    »Featherbeard!«
    Der Recke nickte ihm mit versteinerter Miene zu. »Du bist ein guter Junge. Ich konnte nicht zulassen, dass er dir etwas zu Leide tut.«
    »Danke. Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Es war ohnehin an der Zeit, das Blut meines Vaters von Mologs Hand zurückzufordern. Aber jetzt solltest du etwas tun, um dieses Beben aufzuhalten.«
    Trevir trat an den Altar, legte Wulf die Hand auf die Brust und sah wieder nach oben. »Es steht nicht gut um ihn. Wenn mir nicht schleunigst etwas einfällt, dann sind wir verloren. Sorg dafür, dass deine Kameraden dem Tempel fernbleiben.«
    Featherbeard setzte sich sogleich in Bewegung. Seinem schleppenden Gang nach zu urteilen, litt er noch unter den Nachwirkungen der Betäubungspille. Trevir rief unterdessen Ceobbas Namen.
    Der Oberste der Badda tauchte aus den Schatten auf. Um seine empfindlichen Augen vor Trevirs Strahlen zu schützen, hielt er sich den Umhang vors Gesicht. »Was können wir tun, um dir zu helfen?«
    »Nichts, mein Freund. Zieht euch tief in die Tunnel zurück. Dort seid ihr vielleicht sicher. Sie haben euch schon einmal gerettet.«
    Einen Moment zögerte Ceobba, aber dann bedeutete er seinen Männern, ihm beim Rückzug zu folgen.
    »Ich bleibe bei dir«, erklärte Dwina fest. Auch sie musste die Augen zusammenkneifen, weil Trevir sie blendete.
    Er sah sie traurig an. Ihr Gesicht strahlte vom Widerschein seines Glanzes. Es war für ihn wie ein offenes Buch. Sie würde sich nicht wegschicken lassen. Er streichelte ihre Wange und nickte. »Du musst versuchen, Wulfs Zustand zu stabilisieren.«
    Sie nickte. »Und was tust du?«
    »Ich habe dir erzählt, was Aluuin einmal zu mir sagte: Nur wenn die Hüter des Gleichgewichts in der Not zusammenfänden und zusammen wirkten, könnten sie ihre Aufgabe erfüllen. Es ist an der Zeit, dies auszuprobieren.«
    Mit einem Mal meldete sich die schwache Stimme Wulfs. »Trevir!«
    Der Angesprochene legte seine Hand auf die des Sterbenden. »Bleib ruhig, Wulf. Dwina kümmert sich um deine Verletzung.«
    Mologs Ziehsohn wollte ein bitteres Lachen ausstoßen, aber es wurde nur ein blutiges Husten daraus. »Vergebliche Liebesmüh. Ich krepiere, Trevir.«
    Der Hüter wechselte einen Blick mit Dwina, die nur den Kopf schüttelte, während sie versuchte, die Blutung zu stillen. Er wandte sich wieder Wulf zu. »Es geht nicht nur um dich oder um mich, sondern um Trimundus und das ganze Triversum. Was hat dein Vater mit diesem… Ritual bezweckt?«
    »Er… er wollte die drei Welten zusammenschmieden.«
    »Ja, aber was genau geschieht hier, Wulf? Ich muss es verstehen, um es rückgängig zu machen.«
    Wulfs Kopf wackelte auf dem Altar hin und her. Seine Stimme wurde immer leiser. »Es kann… kann nicht mehr aufgehalten werden. Tut mir Leid, Bruder, aber Molog hat uns beide betrogen.« Er schloss die Augen.
    »Ist er…?« Trevir wagte das Wort nicht auszusprechen.
    Während Dwina weiter ihren Baddaumhang auf die Wunde drückte, fühlte sie Wulfs Halsschlagader. »Er lebt noch. Aber sein Puls wird immer schwächer.«
    »Lass ihn noch nicht gehen, Dwina! Ich brauche noch etwas Zeit.«
    Trevir entfernte sich einige Schritte vom Altar. Noch nie hatte er seine Drillingsbrüder bewusst herbeigerufen. Er wusste nicht einmal, wie er das anstellen sollte.

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