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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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du einfach nicht daran denkst.«
    »Dein blutender Arm ist auch nicht gerade unauffällig.«
    »Und erst dein Schwert! Wie hast du das Ding so schnell aus dem Ärmel gezaubert?«
    Topra zuckte die Achseln. »Das Ding war mit einem Mal da, einfach so.«
    »Solche Sachen passieren nicht einfach so. Es gibt immer eine Ursache.«
    Topra war viel zu verwirrt von den Ereignissen der letzten Minuten, um sich den Kopf über irgendwelche schwertbildenden Naturphänomene zu zerbrechen. Besorgt fragte er: »Hat dich der Riese schlimm verletzt?«
    Jobax schüttelte den Kopf. »Nur ein Kratzer. Wir haben beide Glück gehabt!«
    »Glück?« Topras Stimme überschlug sich. »Sei mir bitte nicht böse, Vater, aber ich fühle mich so, wie du aussiehst. Die Räuber hätten uns fast umgebracht und das für die paar Münzen, die der Trockenobsthändler dir noch gelassen hat.«
    »Die Halunken sind nicht hinter unserem Geld her gewesen, Topra.«
    Etwas an der ernsten Stimme seines Vaters ließ den Jungen aufhorchen. »Aber was wollten sie dann?«
    »Dich.«
    »Mich?«
    Der Kapitän nickte. Seine Miene war so finster wie die Nacht. »Seit dem Tag, als ich dich im Laderaum der Tanhir gefunden habe, sind sie schon hinter dir her.«
    Der Junge war perplex. Es dauerte einige Schritte, bis er sein Unverständnis in Worte zu kleiden vermochte. »Ich dachte bis heute, irgendwelche armen Leute hätten mich dir anvertraut.«
    »In gewisser Hinsicht mag das auch stimmen. Zumindest habe ich dich in diesem Glauben belassen, zu deinem eigenen Besten. Diese Mär stammt übrigens nicht von mir – Karim hat sie sich ausgedacht.«
    »Unser Schiffskoch?«
    »Kennst du einen anderen mit diesem Namen, der geschwätzig wie ein Waschweib ist?«
    »Wer hat mich im Laderaum zurückgelassen?«
    »Du lagst in einem offenen Getreidesack. Unweit davon fanden wir eine fadenscheinige Mönchskutte.«
    »Ein heiliger Mann hat mich…?«
    »Ich denke eher, dass es jemand vom Hof war.«
    Topras Augen wurden immer größer. »Du meinst…?«
    Jobax nickte gewichtig. »Ja, ich meine das Millionenjahrhaus. Der Geheimdienst fahndete damals nach Hobnaj von Meroe, einem Nubier. Er diente der Lieblingskonkubine des Pharaos als Leibwächter. Sicher erinnerst du dich an die Lieder, in denen die Schönheit Gisas, der Blume vom Nil, besungen wird. An Bord haben wir sie oft angestimmt, damit du zumindest ein wenig von ihr erfährst.«
    »Du meinst…?«
    Im Voranschreiten warf Jobax einen strengen Seitenblick auf seinen Zögling. »Wir müssen unbedingt an deiner Artikulation arbeiten. Ich halte überhaupt nichts davon, dass die heutige Jugend keine ganzen Sätze mehr sprechen kann.«
    »Aber Vater! Du erzählst mir, ich sei der Sohn von Pharao Isfets Konkubine. Das hieße ja…!«
    »Dass du ein Abkomme der ältesten Dynastie von Baqat bist? Topra, das hat überhaupt nichts zu sagen. Ich stamme von einem noch viel älteren Geschlecht ab und bin trotzdem nur ein einfacher Seefahrer. Außerdem gehen mir deine Überlegungen zu weit. In den letzten vierzehn Jahren habe ich nie erfahren, ob du wirklich Gisas Sohn bist, geschweige denn der des Pharaos. Allein danach zu fragen, kann tödlich sein. Den Beweis dafür wirst du vermutlich dein Leben lang als Narbe im Gesicht tragen.«
    Benommen trottete Topra neben seinem Vater dahin. Gerade hatten sie den Marktplatz erreicht. Der Junge verstand die Welt nicht mehr. Schon vor dem Zwischenfall hatte er nach seinen Eltern gefragt und von dem Kapitän eine hinhaltende Antwort bekommen. Ob Jobax darauf jedes Mal so mürrisch reagiert hatte, weil er fürchtete, ihn, seinen Ziehsohn, zu verlieren? Das war absurd. Topra liebte den Kapitän. Ja, er bewunderte ihn. Aber beim Abschreiten der Marktstände wuchs in ihm auch das unbändige Verlangen, mehr über seine Herkunft zu erfahren. Sein wirklicher Vater – wer war er? Und die Mutter – warum hatte sie ihren Sohn verlassen? Lebte sie noch? Wenn ja, wo? Welche Bewandtnis hatte es mit dem auffälligen Feuermal? Deutlicher denn je wurde sich der Junge in diesem Moment der Bedeutung seines Namens bewusst: Topra, die Basis des Dreiecks. War das ein Zufall? Oder ein versteckter Hinweis, der ihm für einen Augenblick der Erkenntnis, für einen Tag wie diesem angeheftet worden war? Diese Fragen schienen Topra wie ein Spinnennetz zu umfangen, doch als vor ihm der Kapitän die Gangway zur Tanhir hinauflief, befreite er sich daraus mit lauter Stimme.
    »Was ist aus Hobnaj von Meroe geworden, Vater? Er

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