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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Kaltblütig trieb der Kerl den Kapitän in die Enge eines Mauerwinkels. Jeden Moment würde Jobax mit dem Rücken an der Wand stehen. Und dann…?
    »Tu was!«, befahl Topra sich selbst. Vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen. Eine Folge des Sturzes auf den Kopf? Oder seiner Verzweiflung? Die bedrohliche Szene wirkte seltsam blass und farblos. Nein, sie war… blaustichig? Er wischte sich mit der Hand über die Augen. Wie nur sollte er den unerbittlichen Kämpfer beeindrucken? Dem am Boden liegenden Bockgesicht den Dolch zu entwinden, traute er sich nicht – der finstere Geselle könnte ja erwachen. Aber vielleicht…!
    Schnell bückte sich Topra, streckte die Hand zum Boden aus, um eine weitere Ladung Staub zusammenzuscharren – und erschrak. Bis zu den Fingerspitzen herab leuchtete sein ganzer Arm in einem blauen Licht. Erst der Gesang und jetzt dieser Glanz – was hatte das zu bedeuten?
    Ein Schrei ließ Topra vom Boden hochfahren. Mit Schrecken entdeckte er einen blutigen Strich am rechten Unterarm seines Vaters. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden allmählich zur Gewissheit. Zwar hatte auch der Kapitän seinen Gegner getroffen, ihm sogar das Horn des Rhinozeros in den Oberschenkel gebohrt, war dabei jedoch entwaffnet worden. Das Muskelpaket schrie vor Wut auf und schwankte. Aber es wich nicht zurück. Gleich, wenn es den Schmerz überwunden hatte, würde es zum letzten und tödlichen Angriff übergehen.
    »Scher dich weg, sonst bekommst du’s mit mir zu tun!«, brüllte der Junge und rannte wie ein wütender Stier auf den Gegner zu. Ebenso bedrohlich wie Topras Entschlossenheit wirkte auf den Schurken der blaue Glanz des heranstürmenden Angreifers. Für einen Moment erstarrte er.
    Topra wollte nicht die Dummheit begehen und geradewegs in das offene Messer laufen, weshalb er, wie er meinte, in sicherer Entfernung zur Klinge abbremste. Er stemmte seine Füße gegen den Lauf, hatte aber nicht mit dem an dieser Stelle rutschigen Boden gerechnet. So schlitterte er geradewegs auf den Dolchmann zu. Der Junge wusste sich nicht anders zu helfen, als mit der Hand auszuholen, um wieder Staub einzusetzen. Topra wünschte sich verzweifelt eine wenigstens etwas beeindruckendere Waffe herbei…
    Und sein Begehren wurde erfüllt.
    Der Schurke starrte den Jungen aus angstvollen Augen an. Kapitän Jobax stieß einen Laut der Verwunderung aus. Und Topra wäre beinahe nach hinten übergekippt. Schnell packte seine Linke nach dem Schwertgriff, den die Rechte allein kaum zu halten vermochte. Der Staub hatte sich auf wundersame Weise in einen mächtigen Zweihänder verwandelt.
    Ein Blick über die Schulter genügte, um Topra neue Zuversicht einzuflößen. Er stieß einen triumphierenden Schlachtruf aus.
    Auch der Kraftprotz brüllte, wenn es auch mehr ein Laut des Entsetzens war. Niemand hatte ihm gesagt, dass er gegen einen Zauberer antreten sollte. Entgeistert ließ er seinen Dolch fallen und rannte schreiend davon.
    Erst die Stimme seines Ziehvaters brachte den Jungen dazu, sich vom Anblick des flüchtenden Schurken zu lösen. »Lass mich deine Verletzung ansehen, Topra.«
    Der wandte sich Jobax zu. »Was?«
    Der Kapitän berührte mit der Hand die eigene Wange und deutete hierauf auf Topras Gesicht. »Du blutest.«
    Endlich ließ der Junge die Spitze seines Schwertes zu Boden sinken, ließ den Griff fallen und fasste sich an die rechte Wange. Als er seine Fingerspitzen betrachtete, waren sie blutrot. »Das muss der Spitzbart gewesen sein.«
    Jobax untersuchte kurz die Wunde. »Sie ist nicht sehr tief. Drück ein Stück Stoff drauf, bis wir auf der Tanhir sind. Dort flicken wir dich wieder zusammen. Und jetzt sollten wir verschwinden, bevor die anderen Halunken wieder zu sich kommen oder der Geflohene Verstärkung holt.«
    Der Junge hob das mächtige Schwert vom Boden auf, legte es sich über die Schulter und eilte seinem Vater hinterher, der schon losgelaufen war. Als er ihn eingeholt hatte, fragte Jobax: »Kannst du nicht das alberne Licht abstellen? Es macht mich nervös und obendrein sind wir damit in etwa so unauffällig wie eine Leuchtreklame.«
    Topra bewegte vor seinem Gesicht die unter einer schimmernden Aura liegende Hand und maulte: »Ich bin doch keine Glühlampe. Außerdem ist mir selbst schleierhaft, woher dieser Glanz kommt.«
    Jobax brummte etwas, das der Junge nicht verstand, fügte dann aber deutlicher hinzu: »Na ja, es scheint ja schon ein bisschen schwächer zu werden. Vielleicht hilft’s, wenn

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