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Die unsichtbare Sonne

Die unsichtbare Sonne

Titel: Die unsichtbare Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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verstanden hätte.
    Er lehnte sich schließlich über den Tisch, wies auf seine Papiere und sagte eindringlich: »Fassen wir also nochmals zusammen. Ich habe Ihnen eine Fiktion gezeigt, nach der die Himmelskörper sich in Ellipsen bewegen, während ihre Anziehungskraft aufeinander sich umgekehrt quadratisch zu den Entfernungen zwischen ihnen verhält. Mit Hilfe der Differentialrechnung habe ich bewiesen, daß nach diesem Grundsatz nur elliptische Bahnen möglich sind. Hier auf diesen Blättern finden Sie die Zusammenstellung meiner Berechnungen der Bewegungen der Himmelskörper im Vergleich zu den tatsächlichen Beobachtungen aus dem Buch der Sterne. Wenn Sie sich selbst damit befassen, werden Sie feststellen, daß die Werte ausschließlich auf den vorher erwähnten Theorien und Gesetzen beruhen.
    Berücksichtigen Sie aber bitte, daß ich niemals behauptet habe, die Bahnen der Himmelskörper seien nicht kreisförmig. Ich habe nur ausgeführt, daß wir von anderen Voraussetzungen ausgehen können, die eine einfachere Berechnung ermöglichen, wodurch genauere Voraussagen wahrscheinlich sind. Prüfen Sie meine Behauptungen sorgfältig und ziehen Sie bei Ihren Oberen Erkundungen über die theologischen Auswirkungen ein. Ich habe niemals die Absicht gehabt, gotteslästerliche Theorien zu verbreiten.«
    Als Schuster den Raum verließ, herrschte bedrücktes Schweigen. Seine Zuhörer waren ebenso erschöpft wie er, aber später, wenn ihnen klar wurde, was sie heute gehört hatten …
    Er ging zu dem Schiff zurück. Pasqual wartete im Aufenthaltsraum auf ihn. »Wo haben Sie so lange gesteckt?« wollte der Ingenieur wissen. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
    »Bei den Priestern.« Schuster ließ sich in einen Sessel fallen. »Puh, Sabotage ist wirklich harte Arbeit.«
    »Oh … Ich habe mittags geschlafen, als Sie wieder zurückkamen, und konnte Sie deshalb nicht benachrichtigen. Davy hat sich heute morgen gemeldet – er kommt wieder hierher und ist bereits unterwegs.«
    »Richtig, denn dort kann er ohnehin nichts mehr ausrichten. Wir müssen auf die Erlaubnis von höchster Stelle warten, was noch einige Zeit dauern kann.«
    »Vielleicht zuviel Zeit.«
    »Vielleicht auch nicht.« Schuster zuckte mit den Schultern. »Vorläufig können wir nur abwarten, bis sich der Erfolg meiner heutigen Bemühungen zeigt.«
     
4
     
    Das schrille Alarmsignal weckte Schuster auf. Er kroch stöhnend aus seiner Koje und schaltete den nächsten Bildschirm ein. Ein Blick genügte, um ihn hellwach zu machen.
    Vor der Gangway hielten etwa zwanzig berittene Wächter des Heiligtums an. Das Licht des Mondes und der Plejaden glänzte auf ihren breiten Speeren. Zwei Akolyten waren einer hageren Gestalt behilflich, die schwerfällig aus dem Sattel kletterte. Schuster hätte die weiße Mähne und den Stab mit der goldenen Scheibe vermutlich selbst im Halbschlaf oder bei völliger Dunkelheit erkannt.
    »Auch das noch«, sagte er. »Los, zieht euch an, Kameraden. Der hiesige Papst will eine Audienz von uns.«
    »Wer?« erkundigte Mukerji sich gähnend.
    »Sketulo, der Boß aller Geweihten, in eigener Person. Vielleicht hat es doch mehr Aufregung unter den jüngeren Priestern gegeben, als ich erwartet habe.« Schuster zog sich selbst so rasch wie möglich an.
    Als sein Gast in der Luftschleuse erschien, erwartete er ihn bereits. »Dieser Ehre sind wir nicht würdig, hoher Herr und Meister«, begann er. »Hätten wir nur gewußt, daß Sie uns besuchen wollen, damit wir die nötigen Vorbereitungen …«
    »Vergeuden wir unsere Zeit lieber nicht mit Beteuerungen, die niemand ernst meint«, unterbrach Sketulo ihn. »Ich bin zu Ihnen gekommen, damit wir uns privat unterhalten können, ohne von Untergebenen oder Narren gestört zu werden.« Er gab Pasqual einen Wink, die innere Tür zu schließen. »Blenden Sie auch die verdammte Beleuchtung etwas ab.«
    Mukerji gehorchte wortlos. Sketulo starrte Schuster an. »Da Sie offensichtlich der Ranghöchste sind, möchte ich allein mit Ihnen sprechen.«
    Der Händler zuckte mit den Schultern und breitete die Hände aus, ging aber dann wortlos voraus in die Kabine, die er sonst als Arbeitsraum benützte. Als sich die Tür hinter seinem Besucher geschlossen hatte, drehte er sich nach ihm um und wartete geduldig.
    Sketulo saß steif und aufrecht in dem Sessel, der verstellt worden war, damit auch Ivanhoaner bequem Platz darin fanden. Er hielt seinen Stab senkrecht, so daß der goldene Kreis in der düsteren Beleuchtung

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