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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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verheiratet war. Würde ich es ihm erlauben? Ich wusste es nicht und hasste mich für meine Unsicherheit. Dafür, dass ich auch nur darüber nachdachte, Henry so zu verletzen – ob wir nun immer noch zusammen waren oder nicht.
    Meine Sorgen und Zweifel nahmen immer weiter zu, und irgendwann nach Mitternacht spürte ich deren ganze Last, die mich zu erdrücken schien. Wenn ich die Unterwelt erst verlassen hatte, würde ich Henry wahrscheinlich niemals wiedersehen. Ich würde mich nicht wie Persephone in seinem Reich aufhalten, leicht erreichbar, und ich war mir sicher, dass er niemals nach mir suchen würde. Sooft er mir auch versprechen mochte, ich dürfte ihn besuchen – das Beste, worauf ich hoffenkonnte, war, ihn in den Ratssitzungen zu sehen. Falls er sich nicht entschloss, trotzdem zu vergehen.
    Leise schluchzte ich in mein Kissen hinein. Alles, was ich seit meiner Ankunft auf Eden Manor getan hatte, war mit dem Ziel geschehen, das zu verhindern. Bevor ich gewusst hatte, dass sie Göttinnen waren, hatte ich alles getan, was ich konnte, um meine Mutter und Ava vor dem Tod zu bewahren. Bei ihnen hatte ich versagt, doch Henry hatte ich nicht enttäuscht. Meinetwegen existierte er noch – weil ich ihn liebte, weil ich ihn geheiratet und mich bereit erklärt hatte, mit ihm gemeinsam die Unterwelt zu regieren. Und all das nahm ich ihm jetzt wieder.
    Ich wollte bleiben. Er brauchte mich hier, doch ich konnte so nicht weiterleben. Er musste es verstehen – als Persephone ihn verlassen hatte, hatte er vergehen wollen. Nachdem das elfte Mädchen gestorben war, hatte er es nur deshalb noch einmal versucht, weil der Rat ihn darum gebeten hatte. Doch er bat mich um nichts. Er hatte mir gesagt, ich solle gehen, also würde ich es tun.
    Mitten in der Nacht hörte ich ein weiteres Mal Schritte, und dieses Mal ertönte kein Klopfen, bevor die Tür auf- und wieder zuging. Ich stützte mich auf die Ellbogen und versuchte in der Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. „Henry?“, fragte ich verblüfft. Er war zurückgekommen – einen halben Tag später, als er angekündigt hatte, doch ich würde ihm keine Vorwürfe machen.
    Leise zog er die Schuhe aus und stellte sie in den Schrank. „Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Schlaf weiter.“
    Ich konnte schlecht weiterschlafen, wenn ich gar nicht erst eingeschlafen war, doch ich verkniff mir eine entsprechende Bemerkung und sah ihm zu. Bestimmt würde er wieder gehen und sich ein anderes Schlafzimmer suchen, wenn er hier fertig war. Schließlich zog er einen seidenen Schlafanzug über, und als er um das Bett herum auf seine Seite ging, hämmerte mein Herz wie verrückt. Er würde tatsächlich hier schlafen.
    „Ist dir zu warm?“, fragte er, als er es sich bequem machte. „Du liegst nicht unter der Decke.“ Anscheinend versuchte er indem riesigen Bett den größtmöglichen Abstand zwischen uns zu halten. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass er nicht in meiner Nähe sein wollte oder dass er mir genügend Raum geben wollte.
    „Ich hab nicht geschlafen“, sagte ich. „Ist im Rat alles in Ordnung?“
    „So gut es im Moment geht. Wir haben entschieden, welche Rolle jeder von uns übernehmen wird, und einen Zeitplan von jetzt bis zur Wintersonnenwende aufgestellt.“
    Bis dahin waren es noch fast zwei Monate. Doch was war, wenn die Zeit nicht für all die Vorbereitungen reichte, die sie zu treffen hatten? Wie lange dauerte es, eine Falle zu bauen, die einen Titanen festhalten könnte? „Kann ich euch irgendwie helfen?“
    „Ich dachte, du wolltest uns verlassen.“
    „Wenn ich hier irgendetwas tun kann, muss ich nicht sofort gehen.“
    „Etwas kannst du tun.“ Er drehte sich auf die Seite, das Gesicht von mir abgewandt. „Pass auf dich auf, lass mich wissen, wenn etwas Verdächtiges passiert, und geh nicht zu Calliope. Wenn es davon abgesehen noch etwas Spezielles gibt, werde ich es dich wissen lassen.“
    Langsam ließ ich mich zurücksinken, bis mein Kopf auf dem Kissen lag. Ich machte mir nicht die Mühe, unter die Decke zu schlüpfen. „In Ordnung“, erwiderte ich und versuchte meine Enttäuschung zu verbergen. War das alles, was ich jetzt noch für ihn darstellte? Einen Klotz am Bein, den er aufmerksam beobachten musste, damit ich mich nicht noch einmal in Schwierigkeiten brachte? „Dann macht es wohl für dich keinen Unterschied, wenn ich eher früher als später gehe.“
    Er blieb still. Langsam verstrichen die Minuten, während ich in die Dunkelheit

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