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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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kam aus dem Gebäude gelaufen. Sie hatte einen kleinen schwarzen Scottish Terrier auf dem Arm und trug ein Zigeunerkopftuch. Ich stellte mich ihr in den Weg, so dass sie stehen bleiben musste. Sie starrte mich an, vollkommen verwirrt.
    »Was ist da gerade passiert?«, fragte sie.
    Ich deutete in das Innere des Gebäudes. »Haben Sie sonst noch jemanden auf dem Weg nach draußen gesehen?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher? Ich suche eine brünette Frau. In den Zwanzigern. Sie haben sie sicher gesehen. Sagen Sie mir, dass Sie gesehen haben, wie sie das Gebäude verlassen hat.«
    Ich hielt ihre Schultern fest und bettelte um eine Antwort.
    »Ich habe nichts gesehen!«
    Sie befreite sich aus meinem Griff und lief davon. Einige Hausbewohner kamen die Notstiege herunter und rannten die First Avenue hinauf. Ich hielt ihnen die Tür auf, ließ sie vorbei und eilte dann die Treppe empor. Die Hausbewohner wurden allmählich weniger, je höher ich hinaufkam. Ich erreichte den achten Stock und trat in einen leicht verrauchten Korridor. Am Ende des Flurs befand sich die Tür des Frachtenaufzugs, und dahinter war der Flur, in dem sich das Apartment des Arztes befand. Ich lief zum Ende des Flurs und sah, wie sich die Tür zum Frachtenaufzug öffnete. Ich hoffte, Katy und den Arzt Hand in Hand und unverletzt heraustreten zu sehen. Es war ein Feuerwehrmann. Er hielt mich auf und zwang mich umzukehren.
    »Meine Freundin ist da drinnen!«, schrie ich.
    »Ich kann Sie da nicht hineinlassen. Sie müssen wieder hinunter. Los. Los!«
    »Ist noch jemand am Leben? Ich suche Katy Johannson.«
    »Verschwinden Sie von hier, verdammt noch mal!«
    Ich gab nach und ging zurück zur Treppe. Der Feuerwehrmann drehte sich um und trat wieder durch die Tür des Frachtenaufzugs, also schwang ich sofort herum, um weiter nach Katy zu suchen. Als ich die Tür öffnete, stand der Feuerwehrmann noch immer auf der anderen Seite. Er war nun sichtlich verärgert, dass ich mich ihm widersetzt hatte. Er hob die Faust und schickte mich dorthin zurück, wo ich hergekommen war. Ich hörte ein heftiges Poltern, als wäre die Decke eingestürzt, und ich stellte mir vor, wie meine beste Freundin darunter eingeklemmt und zerdrückt wurde und verzweifelt nach Luft rang. Die Tür zum Treppenhaus wurde aufgerissen, und eine Horde Feuerwehrmänner rannte im Eiltempo an mir vorbei und drängte mich zur Seite. Starker Rauch füllte den Korridor, und ich wurde langsam ohnmächtig. Die Wände und der Boden schienen zu schmelzen und weich zu werden. Ich zog mich ins Treppenhaus zurück wie ein weinerliches Kleinkind und hörte, wie sich die Feuerwehrmänner auf der anderen Seite der Tür Befehle zubrüllten. Ich saß da und versuchte, alles, was ich hörte und sah, in mich aufzunehmen, denn mehr konnte ich nicht tun. Ich war nicht wirklich qualifiziert dafür, irgendetwas zu tun. Ich konnte lediglich in der Nähe sein. Ich spürte den starken Wunsch, in die Praxis zu laufen und mich mitten in die Flammen zu setzen. Ich hoffte, dass Katy an mir vorbeilaufen oder mich anrufen würde, doch da war nur eine große, betäubende Leere. Also saß ich auf den grauen Betonstufen im kränklichen Schein der Lampen und wartete. Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß. Niemand kam vorbei. Schließlich öffnete ein weiterer Feuerwehrmann die Tür und befahl mir, ins Erdgeschoss zu gehen.
    Ich stieg die Treppen hinunter und trat auf die Straße hinaus. Ich schnupperte an meinen Ärmeln, und sie stanken nach Rauch, nach verbrannten Dingen, die niemals hätten brennen dürfen. Die First Avenue hinauf sah ich noch eine weitere Rauchsäule. Die Straße hinunter hörte ich die Demonstranten brüllen und schreien. Menschen liefen die Avenue hinauf, einige rannten auf die Brücke zu, als würden sie einem Bauchgefühl folgen, das sie seit 9/11 entwickelt hatten. Viele schienen den offensichtlichen Wunsch zu hegen, von der Insel herunterzukommen, sich so weit wie menschenmöglich von dem vermeintlichen Mittelpunkt der Geschehnisse zu entfernen.
    Ich blieb, wo ich war. So nahe bei Katy, wie es die Feuerwehrleute mir erlaubten. Ich checkte mein Telefon und sah die Schlagzeile: EXPLOSIONEN ERSCHÜTTERN MANHATTAN. Die Polizisten und Feuerwehrmänner rannten weiter in das Gebäude hinein und wieder heraus, doch niemand sagte etwas zu mir, denn nichts zu sagen war ja ihr Job. Ich checkte Katys Status. Es gab keine neuen Einträge außer dem einen, den sie direkt vor der Explosion gepostet hatte. Sie muss ihn

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