Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
geschrieben haben, während sie im Aufzug war.
AlleDrinksAufKatyJ: Leute, ihr gewöhnt euch besser an die Vorstellung dass ICH noch eine sehr, sehr lange Zeit unter euch weilen werde! 12:13Uhr
Das waren ihre letzten Gedanken. Sie war bereit für weitere tausend Jahre voller Freude und Glück gewesen, und ich hatte sie ihr versprochen. Ich hatte sie hierher gebracht. Ich hatte ihr die Idee in den Kopf gesetzt. Ich hätte hart bleiben und ihr nie auch nur ein verdammtes Wort verraten sollen. Aber ich habe mich nicht einmal richtig gewehrt. Tief in meinem Inneren wollte ich ihr alles erzählen. Ich wollte den billigen Triumph genießen, ihr die Deaktivierung ermöglicht zu haben.
Und nun ist sie fort. Sie wurde in keinem Krankenhaus aufgenommen. Niemand hat sie das Gebäude verlassen gesehen. Nichts ist von ihr übrig geblieben. All ihre Pläne und Hoffnungen und Träume bleiben genau das – für immer und ewig.
Ich kann mich nicht bewegen.
GEÄNDERT AM:
03.07.2019 16:08 Uhr
Bei den Demonstrationen
Unsere Wohnung ist mittlerweile auf ungemütliche Art geräumig geworden. Ich sehe die Weinflecken auf der Couch, und ich höre Katys manisches Gekicher, als wäre sie immer noch hier. Ich kann mich nicht erinnern, sie jemals trübsinnig oder verärgert erlebt zu haben, und dadurch wird ihr plötzlicher und gewaltsamer Tod noch unerträglicher. Also trinke ich weiter und führe in Gedanken weiterhin Streitgespräche mit ihr.
Eine Bloggerin namens Ladyhawke , die für die Legalisierung des Heilmittels eintritt, hat einen weiteren Augenzeugenbericht der gestrigen Geschehnisse gepostet. Sie erzählt, wie die Leute vor dem UN-Gebäude die Explosionen erlebt haben, offensichtlich war sie eine der Demonstranten.
Wie viele müssen noch sterben?
Wir schrien uns gerade vor dem UN-Hauptquartier die Seele aus dem Leib, als uns eine Explosion für den Bruchteil einer Sekunde übertönte. Niemand wusste, was zum Teufel gerade passiert war. Mitten in der Menge schrie plötzlich jemand: »Sie versuchen, uns umzubringen!«, und das reichte aus, um alle in verschiedene Richtungen davonlaufen zu lassen. Ein Typ stieß mich zu Boden, um an mir vorbei zu gelangen. Doch ich hatte Glück. Ich sah, wie ein anderer Typ, der nicht viel älter als siebzehn Jahre gewesen sein konnte, hinfiel und wie ihm jemand auf den Kopf trat. Ich weiß nicht, ob er jemals wieder hochkam. Ich rappelte mich hoch und begann sofort, die First Avenue hinunterzulaufen. Ich befürchtete, dass wir gerade einen terroristischen Anschlag erlebt hatten. Und es war ja auch tatsächlich ein terroristischer Anschlag, doch zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass es – Sie wissen schon – Terroristen gewesen seien, die diesen Anschlag verübt hatten. Ich meine, Leute aus Saudi-Arabien oder so. Es war nicht einfach, die Straße hinaufzulaufen, da alle bloß auf ihre verdammten Telefone und Tablets starrten und nicht auf die Straße, die vor ihnen lag. Also wurde ich von hinten und von allen Seiten angerempelt, als hätte jemand eine kopflose Horde blinder Bullen auf der Straße losgelassen. Jemand trat mir von hinten gegen das Bein, und jetzt habe ich an der Stelle einen blauen Fleck, der so groß ist wie eine Zitrone.
Nun, da wir wissen, was wirklich geschehen ist, nämlich dass diese Ärzte systematisch ausgewählt und ermordet wurden, ist es wohl überflüssig zu erwähnen, dass wir stocksauer sind. Gerade in diesem Augenblick versammeln wir uns wieder vor dem UN-Gebäude und dem Capitol. Bis zum Morgen werden wir Zehntausende sein, das verspreche ich euch. Wie viele Ärzte müssen noch in tausend Stücke gerissen werden, bevor der Präsident bemerkt, dass er einen riesigen Fehler gemacht hat? Wir haben seit Monaten friedlich protestiert, doch diese Leute, die für den Tod eintreten – und nebenbei bemerkt genau das bekommen haben, was sie wollten –, dürfen nach Belieben unschuldige Menschen töten? Diese Ärzte haben das Leben so sehr geschätzt, dass sie uns allen ein Stückchen mehr davon geben wollten. Wir lassen uns nicht länger abspeisen. Dieses Mal werden wir ein Nein als Antwort nicht mehr akzeptieren.
– LADYHAWKE
Ich weiß nicht, wohin das alles noch führen wird, und ich weiß nicht, welche Seite am Ende den Sieg davontragen wird und welche Seite es überhaupt verdient hätte. Ich weiß nur, dass der Wunsch, das alles hinter mir zu lassen, immer größer wird.
GEÄNDERT AM:
04.07.2019 20:47Uhr
»Ein kleines Blutbad jetzt – oder mehr
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