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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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leer.
    »Damit bleiben noch diese hier«, meinte Wilson und bückte sich, um die Reisetruhen anzuheben. Eine Weile macht er sich an der Ersten zu schaffen und stocherte im Schloss herum, die Züge angespannt vor Konzentration. Ich hatte noch nie erlebt, dass er so lange für ein Schloss brauchte.
    »Hast du Probleme, Meisterdieb?«
    »Ja.«
    »Soll ich das übernehmen?«
    »Es übernehmen?« Seine Stimme glich kaum einem Flüstern, kaum mehr als einem Atemzug. »Halt die Klappe. Ich schaffe das.«
    »Na ja, weißt du, es sieht echt aus, als hättest du Schwierigkeiten. Mit dem Schloss, meine ich.«
    »Jacob, du bist so ziemlich das größte …«, begann er, drehte sich um und sah mich an. Sein Blick heftete sich jäh auf etwas hinter meiner Schulter, und sein Körper erstarrte. »Ah.«
    »Ah?«, fragte ich, indem ich herumfuhr. Ich konnte nichts erkennen. »Ah, was?«
    Er stand auf, ging zum Bett und stieg auf die schweißfleckige Matratze, um die Decke zu erreichen. Dort war etwas an die Bretter genagelt, unmittelbar über der Stelle, wo sich der Kopf eines Schläfers befunden hätte. Wilson löste es von der Decke und starrte es an.
    »Ah«, wiederholte er.
    »Was ist das?« Ich konnte nur erkennen, dass es sich um etwas Schwarzes handelte, ungefähr so groß wie zwei nebeneinander liegende Hände. Er reichte es mir.
    Eine Maske, schwarz. Über das Gesicht zogen sich Worte aus Eisen. Abgesehen davon gab es nur Augenöffnungen.
    »Was um alles in der Welt ist das?«, wollte ich wissen.
    Wilson kletterte vom Bett und setzte sich müde auf die Truhe, deren Schloss er nicht hatte knacken können. Ich kannte den Ausdruck in seinem Gesicht. Es war seine Gelehrtenmiene.
    »Das sollten wir finden.« Er zog eine Lesebrille aus einer der Taschen seiner makellosen Weste, rieb die Flusswasserflecken davon ab und steckte sie zurück. »Wenn du willst, können wir natürlich auch in den anderen Räumen nachsehen, aber mehr wird hier nicht sein.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht, Wilson.« Ich hielt ihm die Maske entgegen. Die Worte sagten mir nichts. Sogar die Buchstaben sahen merkwürdig aus. »Was ist das?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Aber die Schrift ist celestisch. Grob übersetzt heißt das ›Ausschuss‹. Oder ›Säuberung‹, könnte man sagen. Ja, ›Säuberung‹ ist wahrscheinlich die bessere Übersetzung.« Tief in Gedanken versunken fuhr er sich mit der Zunge über die unzähligen Zähne. »Das damit verbundene Bild ist das eines bis auf die Wurzeln niedergebrannten Baumstumpfs.«
    »Du kannst celestisch lesen?«
    »Schwierige Frage. Eigentlich ist es gar keine Sprache.« Er stand auf, ergriff die Maske und hielt sie auf Armeslänge. »Die Celesteaner kommunizieren anscheinend mithilfe ungeformter Ideen. Durch Bilder. Die Piktogramme, die wir verwenden, um Fötalmetall zu programmieren, sind eine Abwandlung ihrer Form. Der Grundgedanke ist, dass die Worte mit dem unbewussten Teil des Gehirns interagieren sollen. Sie pflanzen einem Bedeutung direkt in …« Er suchte nach dem richtigen Wort. »In die Seele, denke ich. Direkt ins Herz.«
    »Das war mir völlig klar«, gab ich schnippisch zurück. Er verzog das Gesicht wie ein Schullehrer.
    »Halt still«, forderte er mich auf und hielt die Maske etwa eine Armlänge vor mein Gesicht. »Schau auf die Worte, ohne sie anzusehen. Lass den Blick unscharf werden und deinen Kopf direkt mit der …«
    »Hör mal, das ist Blödsinn. Du hast mir ja gesagt, was es heißt. Ausschuss. Schon kapiert. Ich muss nicht …«
    Es fiel über mich her wie ein Albtraum. Der Raum verschwand, und mich erfüllte der Geruch von Blut und Feuer. Im Mund spürte ich Asche, der Himmel glich schwelender Schlacke. Die Erde unter mir sank durch das Gewicht von Blut ab, und meine Adern bröckelten wie trockene Blätter. Ich sog die Luft ein, doch die fühlte sich dick an wie Stahlwolle und genauso rau. Auf die Knie gesunken spürte ich, wie das Leben aus mir heraus gezerrt wurde, aus meinem Herzen, aus meinem Blut. Hinter mir fühlte ich Tod, der über Generationen zurückfasste und alles auslöschte, was ich gekannt hatte, was ich gewesen war, woran ich mich erinnerte. Es war wie Feuer, das durch die Zeit brannte. Und vor mir nichts, rein gar nichts, nur die leere Nacht, sonst nichts.
    Und dann befand ich mich wirklich auf den Knien, und Wilson schüttelte mich mit seinen steinharten Händen. Die Maske lag auf dem Boden zwischen uns, die Worte schwelten in meinem Kopf wie jener

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