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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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die Stufen, die nach unten führten. Daran erinnerte ich mich gut. Die Treppe war genauso schmal wie der Rest des Korridors, aber deutlich älter. Ich vermutete, dass dieser Teil des Hauses genau wie der Turm, den wir gerade verlassen hatten, aus der Zeit der Gründung Veridons datierte. Ich fragte mich, ob dies einst ein vom Haupthaus getrenntes Mausoleum gewesen sein mochte.
    Ich führte Wilson die Treppe hinunter. Wie in meiner Erinnerung befand sich unten eine breite Tür, allerdings war die Tür selbst anders, neu. Vor zwei Jahren hatte mich ein wahnsinniger Engel hier unten verfolgt. Als ich flüchtete, war er gerade dabei, ein Loch in die ursprüngliche Tür zu schlagen. Die Neue bestand aus Eisen, beschlagen mit Ranken sich windender Räderwerke.
    »Das ist mal ein kompliziertes Schloss«, meinte Wilson bewundernd.
    »Du kannst dich später in das Schloss verlieben. Mach es einfach auf.«
    »Oh, das ist unmöglich.« Er legte eine Hand an die Eisentür und stieß einen leisen Pfiff aus. »Diese Bänder hier sind ungeformtes Fötalmetall. Sie haben kein vollständiges Muster erhalten und lassen sich nur von jemandem öffnen, der das vollständige Muster hat. Wahrscheinlich müssen sie jedes Mal erneuert werden, wenn man die Tür öffnet. Fies.«
    »Was bedeutet, dass sie seit der letzten Erneuerung nicht geöffnet wurde«, sagte ich. »Was ferner bedeutet, dass er nicht hier unten ist.«
    »Wahrscheinlich nicht.« Wilson trat von der Tür zurück und steckte die Hände in die Taschen. »Zumindest ist der Patriarch in Sicherheit, richtig?«
    »Ein schwacher Trost«, fand ich. »Und was jetzt?«
    »Jetzt gehst du da hinein, Jacob.« Wir wirbelten zu der Stimme hinter uns herum. Es war Cranich. Er stand auf der Treppe, die Schultern voller Krähen. In den langen, dünnen Händen hielt er eine Flinte. »Und wir beide unterhalten uns ein wenig mit dem Patriarchen.«
    »Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Ihnen Angela einen Schlüssel zu diesem Raum gegeben hat«, stieß ich knurrend hervor. Eine Sekunde lang spielte ich mit dem Gedanken, nach dem Revolver an meiner Hüfte zu greifen, doch sein Finger lag am Abzug der Flinte.
    »Das brauchte sie nicht. Ich habe das Schloss angefertigt.« Lächelnd berührte er eine Brosche an seinem Hals. Ein Käfer stieg von seiner Brust auf, flog über uns hinweg und krachte gegen die Tür. Sein Chitinpanzer löste sich auf und schmolz in die Bänder aus Fötalmetall. Die gesamte Tür sackte ab und rastete in Schienen ein. »Schieb sie auf, Jungchen, ja?«
    Wilson drehte sich um und versetzte der Tür einen Stoß. Sie glitt sanft in die Mauer. Der Raum dahinter war dunkel, bis auf ein einziges kleines Licht, das über dem Patriarchen hing. Ich erinnerte mich daran, dass der Raum wie eine Schale oder ein Auditorium geformt war. Der Patriarch befand sich am Boden der Schale, wo sein Körper in einem lebendigen Sarg aufbewahrt wurde, der die Form eines riesigen, zur Decke blickenden Kopfes hatte. Das Licht hing unmittelbar über der Metallstirn, und rings um die Schale verliefen glitzernde Linien wie konzentrische, juwelenbesetzte Ringe, die man in die Seiten eingelassen hatte. Ich hob die Reibungslampe und trat ein.
    Die toten Fehn drehten mir ihre weißen Gesichter zu. Ihre schwarzen Augen schimmerten im Licht. Es waren Hunderte. Sie standen Schulter an Schulter, Rücken an Brust wie eine stumme Kirchengemeinde. Sie schauten an mir vorbei zu Cranich. Kurz blitzte Hass in ihren Augen auf, dann folgte Teilnahmslosigkeit, und sie wandten sich wieder dem Patriarchen zu.
    »Wie ihr seht, brauche ich das hier eigentlich nicht mehr«, sagte Cranich und schwang die Flinte wie ein Kind einen Schläger. Er klopfte mir mit dem Lauf auf die Schulter. »Wenn du bitte runter gehst. Es ist an der Zeit, ›Hallo‹ zu unserem Freund zu sagen, dem Patriarchen der Tombs.«
    Die Toten machten ohne ein Wort oder Zeichen Platz für uns. Ich fragte mich, welche Kontrolle Cranich über sie ausübte. Wie er sie aufrechterhielt. Er wirkte völlig unbeschwert, in keiner Weise angespannt. Dafür schien die Luft ungewöhnlich dicht zu sein, so als enthielte sie Statik. Mir ging durch den Kopf, ob das Unwetter draußen wohl schlimmer wurde oder ob etwas anderes diese Statik verursachte. Ich spähte zu Wilson und sah, dass er die Schultern unter dem Mantel eng angezogen hatte. Er wirkte entsetzlich unbehaglich, als zehre etwas an seinen Nerven. Kurz blitzte sein Gesicht im blaustichigen Schein der

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