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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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    Überrascht starrte ich die alte Rättin an.
    »Indem er sich Emilys bemächtigt und die Welt wissen lässt, dass Mia Mushroom einen Wechselbalg gezeugt hat.«
    Lord Mushroom wird darüber wenig erfreut sein
.
    »Alles deutet darauf hin, dass jemand die Ehe der Mushrooms zerstören will.« Es war verwirrend. »Doch was genau strebt er damit an?«
    Er will die Vorherrschaft in London
, mutmaßte Mylady Hampstead.
    »Das ist noch niemandem gelungen.« Bisher hatte es immer ein Gleichgewicht der Kräfte gegeben in der Stadt der Schornsteine.
    Es wäre logisch, ihm dieses Ziel zu unterstellen.
    Die nachdenklichen Blicke der alten Rättin erinnerten mich schmerzhaft an meine Kindheit, an die endlos langen Belehrungen durch Mylady Hampstead, die eine wahrlich gestrenge Lehrerin gewesen war. Doch auch eine treu sorgende Mentorin.
    »In welchem Zusammenhang«, stellte ich schließlich die entscheidende, bisher vernachlässigte Frage, »steht dann das Verschwinden der Kinder in London mit all diesen Verwicklungen?«
    Ratlosigkeit spiegelte sich in den schwarzen Kulleraugen wider.
    Verlegen hoben sich die Schnauzhaare der alten Rättin.
Das, Mortimer, weiß keiner von uns. Doch mutmaße ich, dass es einen Zusammenhang gibt
.
    »Zufälle gibt es nicht«, murmelte ich entnervt.
    Drehte geistesabwesend an dem Globus in meinem Arbeitszimmer und sah teilnahmslos zu, wie die uralte Welt rotierte. Dann wandte ich meinen Blick nach draußen, beobachtete die dicken Schneeflocken und die funkelnden Lichter der nächtlichen Stadt.
    Von fern vernahm ich die Stimme Mylady Hampsteads.
    Es gibt keine Zufälle. Und genau damit haben wir es hier zu tun.
    Das alles erfuhr ich vorige Nacht.
    Vielerlei abstruse Gedanken stoben mir im Kopf umher und ließen mich kaum zur Ruhe kommen. Als ich dann am nächsten Morgen von den Geschehnissen in der Finchley Road las, erhellte sich meine Laune zusehends. Mylady Hampstead, die noch immer in meinem Hause verweilte, stimmte mit mir darin überein, dass dies alles wohl ein Werk der Ratten gewesen war.
    Im Laufe des Vormittags erhielt sie dann eine Botschaft, die eine der Tauben vom Trafalgar Square überbrachte. Nicht umsonst nennt man sie fliegende Ratten.
    Lord Brewsters Werk
, informierte sie mich.
Natürlich
.
    »Was ist mit den Kindern geschehen?«
    Du sorgst dich um Kinder
? Verwundert und zugleich amüsiert sah sie mich an.
Was, Mortimer, hat denn diesen Wandel verursacht?
    Ich zog eine Grimasse. »Fragen Sie nicht!«
    Sie sind entkommen in dem Tumult, und niemand weiß genau, wo sie abgeblieben sind
.
    »Und ihre Verfolger?«
    Das
, und hier rümpfte sie die kleine Nase,
ist die große Neuigkeit. Wir haben es mit zwei alten Bekannten zu tun. Mr. Wolf und Mr. Fox. Wer hätte gedacht, dass sich die beiden nach dem großen Feuer von 1666 noch einmal blicken lassen würden?
    »Habe ich es doch geahnt.«
    Mylady setzte sich auf die Hinterbeine.
    Schnupperte neugierig.
    »Die Angreifer in Knightsbridge«, erklärte ich. »Vermutlich waren es diese beiden.«
    Wenn es tatsächlich Mr. Wolf und Mr. Fox gewesen sind, die die Kinder in ihre Gewalt gebracht haben, dann haben die beiden Mädchen großes Glück gehabt
.
    Dem stimmte ich zu.
    »Die beiden Gestalten sollen in der Finchley Road erschossen worden sein«, bemerkte ich.
    Zumindest stand das in der Zeitung.
    Die alte Rättin sprach aus, was ich insgeheim befürchtete:
Unwahrscheinlich, dass so etwas Banales wie eine Pistolenkugel den beiden Jägern den Garaus macht.
    »Sie seien in die Pathologie drüben in Soho gebracht worden«, zitierte ich die
Times
.
    Ich glaube nicht, dass der Gerichtsmediziner zwei Leichen vorfindet, wenn er die Kühlschränke öffnet.
    »Sie werden die Fährte aufnehmen und den Kindern folgen.« Diese Wendung der Ereignisse beunruhigte mich mehr, als ich zuzugeben bereit war. »Wenn es sich wirklich um Mr. Fox und Mr. Wolf handelt«, sagte ich und hoffte insgeheim, dass dem nicht so war, »dann wird nichts und niemand sie davon abhalten können, die Kinder aufzuspüren.«
    Was also sollen wir tun?
    »Ihnen zuvorkommen.«
    Wie hilfreich es doch gewesen wäre, hätte ich gewusst, wie wir das anstellen sollten.
    Emily und Aurora hatten die Rolltreppe mit zitternden Beinen verlassen.
    Am Eingang zum Bahnhof standen Feuerwehrleute und Polizisten, die sie schleunigst beiseite zogen. »Verschwindet hier, das ist kein Platz für Kinder«, rief man ihnen zu und schob sie in die Maulaffen feilhaltende Menschenmenge. Die

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