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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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    «Gehn wir da jetzt rein?», fragte Niklas. Sogar seine Stimme zitterte beim Sprechen. Sie gab sich einen Ruck. Eine Schüssel heiße Suppe und einen Krug Bier mussten sie sich einfach gönnen.
    Die große Stube, mit holzgetäfelter Decke und unzähligen Geweihen an den Wänden, empfing sie mit wohliger Wärme. Alles wirkte sauber, die brennenden Kerzenstumpen überall auf den Tischen tauchten den Raum in ein heimeliges Licht. Noch nie hatte Eva in einem so noblen Wirtshaus gespeist, und auch die Kundschaft wirkte alles in allem recht vornehm. Wahrscheinlich würde man sie ohnehin gleich wieder vor die Tür setzen, so abgerissen, wie sie beide aussahen!
    Unsicher nahmen sie an einem langgestreckten Tisch Platz, an dem noch alle Stühle frei waren. Sofort näherte sich ein Bursche in Evas Alter, er hatte lustige Sommersprossen auf der Nase. Eva nahm ihr Schultertuch vom Kopf und strich sich mit den Fingern ihre Locken zurecht.
    «Der Tisch hier ist leider nimmer vakant», sagte der Junge freundlich, fast entschuldigend. «Eine Gesellschaft hat sich angekündigt. Aber da hinten ist noch Platz, bei den Gesellen.»
    Die feixten längst unverschämt herüber, einer war aufgestanden und winkte Eva einladend zu.
    «Nein, danke», erwiderte Eva. «Dann gehn wir vielleicht doch besser wieder.»
    «Schmarrn! Ihr seid tropfnass. Wart mal, bin gleich wieder da.»
    Kurz darauf kehrte er mit einem wollenen Tuch zurück und reichte es Eva mit einem strahlenden Lächeln. Seine Augen waren fast ebenso grün wie die des Junkers Moritz.
    «Damit könnt ihr euch ein bisserl abtrocknen. Bleibt einfach hier sitzen. Wenn die Gesellschaft kommt, find ich allemal ein Plätzchen. Was also darf’s sein?»
    «Gemüsesuppe und Bier, bitte. Habt vielen Dank für Eure Freundlichkeit.»
    «Sag doch Alois zu mir, ich bin nur der Schankbursche. Wie heißt ihr?»
    Dabei sah er sie unverwandt an, und Eva fragte sich, ob dieser Bursche jedem Frauenzimmer so schöne Augen machte.
    «Ich bin Eva, und das ist mein kleiner Bruder Niklas.»
    Fast war sie froh, als er verschwunden war, um die Bestellung aufzugeben.
    «Ich glaub, du gefällst ihm», flüsterte Niklas. In seine Wangen kehrte langsam die Farbe zurück.
    «So ein Schmäh. Der bandelt doch mit jeder an!»
    Sie trocknete Niklas’ Gesicht und Haare ab.
    «Doch, doch. Wie der dich anschaut! Fast so, wie dich dieser vornehme Junker dazumal angeschaut hat.»
    «Halt den Mund!», zischte sie. Der Schankbursche kam eben mit zwei Krügen Bier und zwei Löffeln zurück.
    «Zum Wohlsein. Die Suppe kommt auch gleich.» Er zwinkerte Eva zu. «Wie nett du ausschaust, mit deinen dunklen Krauslocken.»
    «Die sehen immer so wild aus, wenn sie nass sind», kicherte Niklas.
    Eva spürte, wie sie vor Verlegenheit rot wurde.
    «He, Alois, soll ich dir Beine machen?», rief vom Ausschank her der Wirt. «Wir haben noch andre Gäste!»
    «Aber nicht so hübsche», flüsterte der Schankbursche Eva zu und ging lachend weiter zum nächsten Tisch.
    Eva betrachtete vor sich die dunkle Maserung der Tischplatte. Die nette, wenngleich reichlich freche Art des Jungen gefiel ihr, auch wenn sie sich noch so sehr dagegen verwahrte. Das war so ganz anders, als sie es sonst erlebt hatte mit den Mannsbildern. Je älter sie waren, desto brünstiger wurde doch ihr Blick, zumindest den Jungfern gegenüber. Für ältere Weiber hatten sie dann nur noch Verachtung und wüste Worte übrig. Dieser Alois hingegen lachte und strahlte einfach, ohne dass sie darin auch nur einen Anflug von Lüsternheit entdeckte. Dazu diese Aufmerksamkeit, diese Fürsorge – außer vonseiten ihrer Brüder hatte sie solches noch nie erfahren. Und von diesem Junker Moritz, schoss es ihr durch den Kopf.
    Geistesabwesend nahm sie einen Schluck Bier, dann sagte sie, mehr zu sich selbst und fast trotzig: «Ich bin nicht schön.»
    «Bist du wohl!» Niklas’ Blick war ernst wie der eines Erwachsenen. «Vor allem dein Mund und deine blauen Augensind wunderschön. Wenn ich groß bin, soll meine Frau grad so aussehen wie du!»
    Wider Willen musste sie lachen. «Ach, Niklas, wenn ich dich nicht hätt!»
    «Darf ich mitlachen?»
    Alois stellte die Schüssel mit dampfender Suppe auf denTisch. Sie duftete köstlich nach Bohnen und gebratenem Speck.
    Eva schüttelte den Kopf. «Das war nicht für deine Ohren bestimmt.» Sie kostete. Die Suppe war fett und nahrhaft, dabei wunderbar gewürzt. Von Niklas hörte man nur noch leises Schmatzen und Schlürfen.

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