Die Vampir-Brüder
um wieder das Blut der Menschen trinken zu können.
»Okay«, sagte ich mit leiser Stimme und wollte ihm auch Mut machen. »Sie werden keine Angst mehr zu haben brauchen. Ich verspreche Ihnen, dass wir uns diese verdammten Bastarde holen. Sie verlieren in dieser Nacht kein Blut mehr.«
»Meinen Sie?«
»Bestimmt.«
Er schloss die Augen. Das Reden hatte ihn erschöpft. Ich trat von dem Sessel weg und wollte mich drehen, als ich einen erschreckten Laut hörte.
»John, die Kleine«, warnte mich Suko.
Ich fuhr herum und sah, was er damit gemeint hatte. Das Mädchen mit den blonden Haaren hatte sich aufgerichtet. Es bewegte unruhig den Kopf und stützte sich dabei an den Lehnen. Irgendetwas musste sie irrsinnig gestört haben. Nach außen hin war nichts passiert, es hatte keine Veränderung gegeben, und doch zeigte sich die Kleine uns gegenüber aufgeregt.
Suko ging zu ihr und beugte sich nach vorn. »Bitte, was hast du, Kleines?«
Das Mädchen warf einen Blick auf seine Mutter, doch die Frau bewegte sich nicht. Wie eine Statue hockte sie in ihrem Sessel und blickte starr nach vorn.
»Sag es. Nur dann können wir euch helfen.«
»Helfen?«
»Ja.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht mehr. Sie... sie sind so schlimm. Sie kommen...«
»Hierher?«
»Ja, ja, zu uns. Ich spüre es, und ich weiß es. Sie sind nicht mehr weit entfernt. Dann werden sie mich beißen. Einfach so. Sie hacken ihre Zähne in unsere Hälse. Sie beißen zu. Sie trinken das Blut. Sie werden auch mein Blut trinken und...«
»Bitte, sei ruhig. Sie kommen nicht, das kann ich dir versprechen. Sie werden es nicht schaffen. Sie werden dein Blut nicht trinken können, glaube es mir.«
»Ich weiß es nicht...«
Er streichelte ihre Wangen. »Keine Bange, meine Kleine, jetzt sind wir bei dir und deinen Eltern und passen auf.«
»Aber sie sind schon so nahe.«
»Das werden wir sehen.«
Suko drehte sich mir zu. »Glaubst du ihr?«, fragte er mit leiser Stimme.
»Ja. Kinder sind anders als Erwachsene. Viel sensibler. Ich bin davon überzeugt, ehrlich. Ich glaube ihr.«
Suko nickte. »Okay, dann müssen wir uns trennen. Bleib du hier, ich mache draußen noch mal die Runde.«
»Alles klar.«
Suko ging zur Tür. Wenig später war er wie ein Schatten verschwunden.
Ich blieb allein bei der Familie zurück und versuchte, mein Lächeln so echt wie möglich erscheinen zu lassen. Ich wollte ihnen Hoffnung geben, was nicht zu schaffen war.
Sie blieben weiterhin apathisch, was ich auch verstehen konnte. Was sie hinter sich hatten, wünschte ich keinem Menschen.
Ich war scharf darauf, die Blutsauger zu jagen, und es konnte mir nicht gefallen, hier bei der Familie zu bleiben. Aber in diesem Fall war das Leben der Menschen wichtiger.
Das Mädchen hatte sich normal hingesetzt. Es strich mit seinen Fingerkuppen über die beiden Bissabdrücke am Hals.
»Ich... ich... vertraue dir.«
»Danke«, erwiderte ich lächelnd und fühlte mich plötzlich viel, viel besser...
***
Im Haus hielt sich kein Blutsauger auf. Zumindest nicht in der unteren Ebene. Oben sah es möglicherweise anders aus, und so schlich Suko die schmale Treppe hoch. Er gelangte in eine Etage mit niedriger Decke. Um sich orientieren zu können, hatte er seine Leuchte eingeschaltet. Beim Gehen tanzte der Strahl auf und nieder. Er leuchtete nicht nur nach vorn, sondern auch zur Seite hin. Er sah die gelbliche Tapete mit dem Schlangenmuster und entdeckte auch drei Türen, die zu kleinen Zimmern führten. Die Räume waren kaum größer als eine Hundehütte, aber sie waren leer bis auf die Möbel.
Suko ging trotzdem auf Nummer sicher. Er schaute auch in den Schränken nach, unter den Betten ebenfalls, aber die Spur eines Blutsaugers fand er nicht.
Das letzte Zimmer gehörte dem Mädchen. Es war eine regelrechte Puppenstube, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Kleine hatte Puppen gesammelt und an den verschiedensten Stellen aufgebaut. Sie lagen auf dem Bett, saßen auf einem Stuhl und auch auf der Fensterbank.
Suko sah aus dem Fenster.
Der Blick fiel nicht vor das Haus, sondern nach hinten in ein Gelände, das alles andere als ein gepflegter Garten war. Selbst in der Dunkelheit war der Wirrwarr aus Büschen und Steinen zu erkennen, die so etwas wie eine schützende Mauer gegen den Wind bilden sollten. Suko hatte es schon bei seinem Rundgang um das Haus gesehen.
Diesmal sah er noch mehr.
Durch den Garten bewegte sich eine Gestalt. Und wie sie ging, wirkte sie nicht wie ein
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