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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Frauen nun einmal«, sagte er, und seine Zähne waren blutgerändert, »eine überaus lästige Angelegenheit.«
    Er fand einen Diwan und bettete die bewusstlose Bessie darauf. Aus der Wunde des Mädchens trat kein Blut hervor. Godalming hatte ihm allem Anschein nach nicht sehr viel entnommen. Beauregard kam der Gedanke, dass man es nicht das erste Mal zur Ader gelassen hatte, andernfalls hätte es sich gewiss nicht derart ungerührt in ihr Los geschickt. Florence, die Godalming mit solcher Selbstverständlichkeit die Gastfreundschaft ihres Dienstmädchens angetragen hatte, nahm neben Bessie Platz und band ein Schnupftuch um ihr Handgelenk. Sie ging dabei zu Werke, als lege sie einem Pferd die Zügel an, voller Güte zwar, doch ohne übermäßiges Interesse.

    Plötzlich befiel Beauregard ein leichter Schwindel.
    »Was hast du, Herzliebster?«, fragte Penelope und schlang einen Arm um ihn.
    »Der Champagner«, log er.
    »Ob es bei uns auch Champagner geben wird?«
    »Wann immer du ihn trinken möchtest.«
    »O Charles, du bist ja so gut zu mir.«
    »Schon möglich.«
    Florence hatte ihr Mädchen versorgt und mischte sich wieder unter die Gäste.
    »Na, na«, sagte sie, »dafür bleibt nach der Trauung noch Zeit genug. Einstweilen seien Sie nicht so selbstsüchtig und machen Sie uns die Freude Ihrer Gesellschaft.«
    »Wohl wahr«, setzte Godalming hinzu. »Fürs Erste möchte ich mein Recht als edelmütiger Verlierer einfordern.«
    Beauregard war verwirrt. Zwar hatte Godalming sich das Blut mit einem Schnupftuch von den Zähnen gewischt, doch auch jetzt noch schimmerte sein Mund, und seine Oberzähne waren von einer rosigen Färbung.
    »Ein Kuss!«, rief Godalming aus und nahm Penelope bei den Händen. »Ich fordere einen Kuss der Braut!«
    Beauregards Hand, die Godalming zum Glück nicht sehen konnte, ballte sich zur Faust, wie um das Heft seines Stockdegens zu umfassen. Er witterte Gefahr, ebenso gewiss wie in Natal, als eine schwarze Mamba, das tödlichste Reptil auf Erden, sich seinem ungeschützten Bein genähert hatte. Mit einem diskreten Hieb seines Messers hatte er der Giftschlange den Kopf abgetrennt, noch ehe sie ihm etwas hatte antun können. Damals hatte er guten Grund gehabt, für seine Seelenstärke dankbar zu sein; nun jedoch, sagte er sich, ging seine Reaktion über die Maßen. Godalming zog Penelope an sich, und sie bot ihm ihre Wange. Einen langen Augenblick presste er seine Lippen auf ihr Gesicht. Dann ließ er von ihr ab.

    Die anderen, Männer wie Frauen, umringten sie und erboten sich ebenfalls, sie zu küssen. Penelope wurde geradezu überschüttet mit Bewunderung. Sie ließ es sich wohl gefallen. Nie war sie schöner, Pamela ähnlicher gewesen.
    »Charles«, sagte Kate Reed und trat auf ihn zu, »Sie wissen schon … ähm, meinen herzlichen Glückwunsch … und so weiter. Ausgezeichnete Neuigkeiten.«
    Das arme Ding bekam einen hochroten Kopf, ihre Stirn war ganz feucht.
    »Danke, Katie.«
    Er küsste sie auf die Wange, und sie sagte: »Herr im Himmel.«
    Verlegen grinsend deutete sie auf Penelope. »Charles, ich muss … Penny möchte …«
    Sie wurde herbeigerufen, den wunderbaren Ring an Penelopes zierlichem Finger zu bestaunen.
    Beauregard und Godalming standen ein wenig abseits des Getümmels am Fenster. Der Mond war aufgegangen, ein schwacher Schimmer hoch über dem Nebel. Beauregard konnte zwar den Zaun erkennen, der das Stoker’sche Anwesen begrenzte, doch wenig sonst. Er selbst wohnte in einem Haus ein Stück den Cheyne Walk hinab; es lag hinter einer fahlgelb wirbelnden Wand verborgen, ganz so, als ob es nicht mehr existierte.
    »Noch einmal, Charles«, sagte Godalming, »meine aufrichtige Gratulation. Sie und Penny müssen wirklich glücklich sein. Das ist ein Befehl.«
    »Danke, Art.«
    »Wir brauchen mehr Männer wie Sie«, sagte der Vampir. »Sie müssen sich so bald wie nur möglich verwandeln. Die Dinge geraten allmählich in Bewegung.«
    Es war nicht das erste Mal, dass die Rede darauf kam. Beauregard zögerte.
    »Und Penny ebenfalls«, beharrte Godalming. »Sie ist wunderschön.
Solche Schönheit darf nicht der Zeit geopfert werden. Das käme einem Verbrechen gleich.«
    »Wir werden darüber nachdenken.«
    »Denken Sie nicht zu lange. Die Jahre vergehen wie im Flug.«
    Beauregard wünschte, er hätte etwas Stärkeres zu trinken als Champagner. So nahe bei Godalming konnte er den Atem des Neugeborenen nachgerade schmecken. Zwar entsprach es nicht ganz der Wahrheit, dass Vampire

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