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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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stinkende Wolken ausstießen. Aber es lag etwas in der Luft, süß und beißend in einem. Zudem erschienen bisweilen rote Punkte in Godalmings Augen, wie winzige Blutstropfen.
    »Penelope wünscht sich Familie.« Vampire, so wusste Beauregard, waren außerstande, auf natürlichem Wege zu gebären.
    »Kinder?«, fragte Godalming und blickte Beauregard unverwandt an. »Wer das ewige Leben hat, braucht keine Kinder.«
    Beauregard war unbehaglich zumute.
    Insgeheim hegte auch er Zweifel, was Familie anbetraf. Sein berufliches Schicksal war ungewiss, und nach allem, was mit Pamela geschehen war …
    Der Kopf wurde ihm schwer, als wollte Godalming ihm die Lebenskraft aussaugen. Manche Vampire konnten sich nähren, ohne Blut zu trinken, indem sie durch psychische Osmose die Energien anderer absorbierten.
    »Wir brauchen Männer Ihres Schlages, Charles. Wir besitzen die einmalige Gelegenheit, dieses Land groß zu machen. Ihre Fähigkeiten werden dringend benötigt.«
    Hätte Godalming geahnt, welche Fähigkeiten er sich im Dienst der Krone angeeignet hatte, wäre der Lord, davon war Beauregard fest überzeugt, gewiss erstaunt gewesen. Nach seinem Aufenthalt in Indien war er zunächst in der internationalen Niederlassung von Schanghai und danach in Ägypten gewesen, wo er unter Lord Cromer gearbeitet hatte. Der Neugeborene schlug Beauregard die
Klauen in den Arm. Er konnte seine eigenen Finger kaum noch spüren.
    »In Großbritannien wird es zwar niemals Sklaven geben«, fuhr Godalming fort, »aber all jene, die Warmblüter bleiben, werden uns instinktiv dienen, wie die treffliche Bessie gerade mir gedient hat. Sehen Sie sich vor, sonst werden Sie noch enden wie ein schäbiger Wasserträger der Armee.«
    »In Indien kannte ich einen Wasserträger, der es mit den meisten von uns an Menschlichkeit bequem aufnehmen konnte.«
    Florence befreite ihn aus seiner misslichen Lage und geleitete ihn zu den anderen zurück. Whistler berichtete soeben vom letzten Abtausch seiner nicht enden wollenden Fehde mit John Ruskin und schüttete beißenden Spott über den Kritiker aus. Voll der Dankbarkeit, dem Rampenlicht entronnen zu sein, postierte Beauregard sich nahe einer Wand und verfolgte die Vorstellung des Malers. Da er bei Florence’ soirées noires nur allzu gern den leuchtenden Stern am Künstlerhimmel gab, war Whistler offensichtlich hocherfreut, dass sich die Aufregung, die durch Beauregards Bekanntmachung entstanden war, gelegt hatte. Penelope war im Gedränge verschwunden.
    Wiederum fragte er sich, ob er den richtigen Weg eingeschlagen, ja, ob er überhaupt Anteil an dieser Entscheidung gehabt hatte. Er war das Opfer einer Verschwörung mit dem Ziel, ihn in die Fänge der Weiblichkeit zu treiben, angesiedelt zwischen chinesischem Tee und Spitzendeckchen. Das London, wohin er im Mai zurückgekehrt war, hatte kaum noch etwas mit jener Stadt gemein, die er drei Jahre zuvor verlassen hatte. Ein patriotisches Gemälde hing über dem Kamin; Viktoria, feist und jung wie nie zuvor, und, rotäugig und mit wildem Schnurrbart, ihr Gemahl. Der namenlose Künstler verfügte kaum über ausreichendes Talent, Whistler den Rang streitig zu machen. Charles Beauregard diente seiner Königin; da musste er wohl oder übel auch ihrem Gatten dienen.

    Gerade als Whistler zu einer amüsanten Spekulation über die lange zurückliegende Annullierung der Ehe seines Kontrahenten anhob, die der vorwiegend weiblichen Zuhörerschaft womöglich wenig angemessen war, läutete es an der Tür. Aufgebracht wegen dieser Unterbrechung, setzte der Maler seine Rede erst wieder fort, als Florence - ebenfalls aufgebracht, da Bessie außerstande schien, ihren Pflichten nachzukommen - davoneilte, die Tür zu öffnen.
    Beauregard erblickte Penelope auf einem der vorderen Plätze und sah sie artig lachen, als verstünde sie Whistlers Anspielungen. Godalming stand hinter ihrem Stuhl und hielt die Hände im Rücken unter seinem Bratenrock verschränkt, so dass seine spitzen Finger den Stoff beulten. Das war nicht mehr der Arthur Holmwood, den Beauregard gekannt hatte, als er England verließ. Kurz vor seiner Verwandlung war es zu einem Skandal gekommen. Wie auch Bram Stoker hatte Godalming es mit der falschen Partei gehalten, als der Prinzgemahl in London eintraf. Nun musste er seine Loyalität an die neue Regierung unter Beweis stellen.
    »Charles«, sagte Florence leise, um Whistler kein zweites Mal zu unterbrechen, »draußen ist jemand für Sie. Von Ihrem Club.«
    Sie

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