Die Vampirjaegerin
ausstreckte. »Ich bin Kyle Lostry, ein Freund von Cathy.«
Den Namen ihrer Kindheit aus Jaguars Mund zu hören, war Turquoise unangenehm.
Greg schluckte seine Feindseligkeit hinunter und akzeptierte Jaguars Geste der freundlichen Begrüßung wie jemand, der nie angelogen oder manipuliert worden war, jemand, der Ehrlichkeit erwartete.
»Greg Martin. Ich kenne Cathy schon aus der Schule«, erklärte er mit einem Blick auf Turquoise. »Aber wir haben uns lange nicht gesehen.« Er trat zurück, da er die merkwürdige Spannung spürte. »Ich muss gehen, ich bin auf dem Weg zu
einem Vorstellungsgespräch.« Er sah Turquoise an und sein Gesicht war offen und ehrlich.
»Rufst du mich an?«
»Mach ich.«
Als sie ihm nachsah, wusste sie, dass sie es tun würde. Um Jaguars Frage zuvorzukommen, fragte sie: »Wer ist Kyle Lostry?«
Jaguar blickte verblüfft drein, als habe er gar nicht darüber nachgedacht, welchen Namen er nannte. »Jemand, den ich einst kannte – jemand, von dem ich wünschte, ich hätte ihn besser kennenlernen können.«
Sie erkannte, dass sich hinter seinen Worten eine Geschichte verbarg. »Ist er ...«, sie brach ab, weil sie nicht direkt fragen wollte, ob diese Person tot oder lebendig war.
Aber Jaguar ging nicht darauf ein. »Ist Greg der Grund dafür, dass du daran denkst, Bruja zu verlassen?«, fragte er. Weder seinem Tonfall noch seinem Gesichtsausdruck konnte sie entnehmen, was er von Greg oder dieser Idee hielt.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin ihm gestern über den Weg gelaufen. Irgendwie hat er mich an all die Dinge erinnert, die ich zurückgelassen habe, nachdem Daryl...« Gedankenverloren fuhr sie fort: »Ich weiß nicht, ob ich den Träumen von damals noch nachjagen könnte oder ob ich es überhaupt noch will, aber es tut weh zu wissen, dass ich sie so einfach aufgegeben habe.«
Jaguar sah immer noch Greg nach, der auf dem Gehweg stand und sich mit jemand anderem unterhielt. »Er ist zu unwissend für dich. Sein Leben ist zu unschuldig.«
»Ich weiß.«
Jaguar schüttelte den Kopf. »Ich kenne niemanden, dem es gelungen wäre, unserer Welt beizutreten und dann in die Menschenwelt zurückzukehren.«
Turquoise beobachtete die gleiche Sehnsucht in ihm, die sie einmal gesehen hatte, als er Shayla ansah. Sie wusste, dass er es versucht hatte.
»In meiner Welt könntest du es zu etwas bringen. Die Dunkelheit passt zu dir.
Aber wenn du es willst, dann lohnt es sich immer noch, für Gregs Welt, die Welt, aus der Cathy kommt, zu kämpfen.«
Kapitel 20
Der nächste Monat steckte für Turquoise voller interessanter Gegensätze.
Morgens blieb sie meist zu Hause. Eric oder sie machten Frühstück und aßen zusammen. Gelegentlich besuchte Greg sie.
Turquoise versuchte tapfer, die Lücke zur Welt der Menschen zu schließen. Greg glaubte, sie arbeite freiberuflich für eine kleine Zeitung, eine Lüge, die ganz gut funktionierte. Außerdem glaubte er, sie wäre mit Jaguar, oder besser mit Kyle Lostry zusammen. Die Lügen waren nicht wasserdicht, aber zumindest bekam er so keinen falschen Eindruck. Sie konnte damit umgehen, mit Cathys altem Freund befreundet zu sein, aber sie sah bald ein, dass sie sich nie wieder so nahe sein würden. Zu vieles von ihrem Leben würde sie nie mit ihm teilen können. Die Streiche, die sie geplant hatten, und ihre Verabredungen waren für ihn immer noch Erinnerungen an fröhliche und glückliche Stunden, während Turquoise sich nur noch vage daran erinnerte, wie an verblasste Schwarz-Weiß-Fotos. Es waren fremde Erinnerungen, aus dem Leben einer Fremden.
Nachmittags kam Jaguar vorbei und sie trainierten bis Mitternacht. In den Pausen erzählte er ihr, was in Midnight und in seiner Stadt passierte. Der Besitzer des einzigen Gasthauses der Stadt hatte sich entschlossen, mit einer jungen Frau, die er im Urlaub kennengelernt hatte, durchzubrennen, und Jaguar hatte das Gebäude, eines der wenigen, die er bis jetzt noch nicht besessen hatte, gekauft. Er suchte nun jemanden, der es führen konnte. Nicht sehr diskret machte er Turquoise darauf aufmerksam, dass sie die Stelle haben könnte, wenn sie wollte. Doch sie wich ihm aus und sie setzten ihr Training fort.
Der Besitzer des Freizeitcenters der Gemeinde wollte einen Selbstverteidigungskurs für Teenager anbieten und suchte eine Assistentin. Das lag mehr auf Turquoises Linie, doch sie lehnte ab. Zuerst kam der Zweikampf. Dann wollte sie Daryl töten. Und dann erst würde sie sich um ihre Zukunft
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