Die Vampirjaegerin
blutige Spuren. Ich schätze, jeder braucht etwas zum Ausgleich.«
Turquoise kicherte beim Gedanken an diesen Kontrast.
Nathaniels Gesicht verdüsterte sich, als er in seiner Jacke nach irgendetwas fischte. »Jaguar vermutete, dass du mit mir Kontakt aufnehmen würdest, und hat mir das hier für dich gegeben.« Zögernd übergab er ihr einen versiegelten Brief.
»Hast du ihn gelesen?« Dass er versiegelt war, hieß noch lange nicht, dass Nathaniel ihn nicht geöffnet hatte.
»Jaguar hat mich gut bezahlt«, antwortete Nathaniel. »Er hat lange genug mit Händlern wie mir gearbeitet, um zu betonen, dass ich ihn nicht lesen durfte.«
Hätte Jaguar diese Klausel nicht in ihren Handel aufgenommen, hätte Nathaniel nicht gezögert, das Siegel zu brechen. Schließlich bestand sein Hauptgeschäft aus dem Handel mit Informationen.
Andererseits würde er nie ein Abkommen brechen, wenn er dafür bezahlt wurde, die Interessen seines Kunden vertraulich zu behandeln.
Als Turquoise den Umschlag aufriss, fügte Nathaniel hinzu: »Er versucht, deinen Wunsch nach Privatsphäre zu respektieren, aber wenn du wirklich nicht willst, dass er weiß, wo du bist, solltest du den Jungen loswerden.«
Turquoise sah ihn unwillkürlich böse an und Nathaniel grinste unschuldig zurück. Sie hatte sich verpflichtet, auf Eric aufzupassen, und sie würde ihn nicht im Stich lassen.
»Ich dachte mir schon, dass dir das nicht gefällt. Aber er gehört Jaguar. Jeder Ausbilder kann seine Sklaven aufspüren, ganz gleich wo sie sich befinden.«
Sie registrierte seine Worte, während sie Jaguars kurze Notiz las, in der er sie um ein Treffen an einem von ihr gewählten Ort zu einer von ihr gewählten Zeit bat. Sie konnte ihm ihre Antwort durch Nathaniel überbringen lassen.
Was hatte sie zu verlieren? Sie wollte wissen, was mit Jeshickah geschah und wann Eric sicher an den Ort zurückkehren konnte, der sein Zuhause war.
Außerdem musste sie ehrlich zugeben, dass sie Jaguar vermisste. Er war ein seltenes Kuriosum, er stellte einen Moment der Wärme und der Ernsthaftigkeit nach zwei Jahren in der dunklen Kälte des Lebens einer Jägerin dar. Selbst in
seinen Verstrickungen in die Machtkämpfe und das Chaos seiner Welt besaß Jaguar eine Art wehmütiger Unschuld, um die sie ihn beneidete.
Außerdem wäre etwas Gesellschaft nett. Greg war süß, und sie war sicher, dass er ihr gerne die Zeit vertreiben würde, aber sie konnte sich eine enge Freundschaft mit ihm nur schwer vorstellen. Er wusste nicht und konnte auch gar nicht wissen, wie ihr Leben aussah. Wie konnte sie jemandem nahe sein, der noch nicht einmal wusste, dass diese Bestien existierten, die sie mit Krallen und Zähnen bekämpft hatte, um nicht verrückt zu werden?
Sie lud Jaguar ein, sie in einem Café in der Innenstadt zu treffen.
»Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du verrückt bist«, sagte Nathaniel, als er ihre Botschaft entgegennahm. »Aber das hat dich noch nie von etwas abgehalten.«
Kapitel 19
Jaguar erschien pünktlich. Turquoise blinzelte, als sie ihn sah, um sich zu vergewissern, dass das wirklich der Vampir war, den sie kannte.
Jaguar würde überall Aufmerksamkeit erregen, niemals würde er in einer Kleinstadt untertauchen können. Aber er versuchte es immerhin.
Sein Haar war aus dem Gesicht gekämmt und im Nacken zurückgebunden, sodass es von vorne kurz aussah. Er trug Jeans, was an sich schon merkwürdig war. Sie waren schwarz, an den Knien etwas ausgeblichen. Sie war überrascht, ihn in solchen Hosen zu sehen. Außerdem trug er ein einfaches dunkelgrünes T-Shirt.
Turquoise war so daran gewöhnt, seinen karamellfarbenen Oberkörper zu sehen, dass er vollständig bekleidet merkwürdig aussah.
Man hätte ihn für einen Menschen halten können. Wenn er es versuchte, konnte er fast normal aussehen. In einer größeren Stadt hätte niemand zweimal hingesehen.
»Du siehst ... unbeschreiblich aus«, entfuhr es Turquoise, bevor sie es verhindern konnte.
Jaguar lachte und setzte sich ihr gegenüber. »Ich könnte den Sinn der Menschen hier vernebeln, sodass sie mich gar nicht wahrnehmen würden, aber das erfordert mehr Konzentration, als ich aufbringen mag.«
»Trotzdem starrt man dich an«, bemerkte Turquoise und wies auf einen Teenager ein paar Tische weiter.
Jaguar sah das Mädchen an, das sich plötzlich wieder seinem Essen zuwandte, als habe es vergessen, dass er überhaupt da war. Die kurze Machtdemonstration war beunruhigend.
»Ein Mann mit vielen
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