Die Vampirverschwoerung
Camilla zu Wort.
»Europa, aha«, sagte Miss Everling und nahm einen Bleistift von ihrem Tisch, als wäre er ein Schwert. »Folgt mir.«
Im Gehen fielen Lucy Miss Everlings schwarz-weià gestreifte Leggings und ihr grauer Cordrock auf.
Ob sie wohl ein Vampir ist?, überlegte sie.
»Willkommen in Europa!«, verkündete die Bibliothekarin, als sie zu einem Gang im hinteren Teil der Bücherei kamen. Sie fuhr mit einem weinroten Fingernagel
an den Rücken einiger glänzender Taschenbücher entlang. »Wollt ihr in Barcelona eine Nacht durchtanzen? In den Alpen Ski fahren? Die Schule abbrechen und für 25 Dollar die Nacht auf groÃem Fuà leben?«
Die Mädchen starrten sie an.
»Ich mache Witze«, trällerte Miss Everling. »SchlieÃlich bin ich die Schul bibliothekarin, schon vergessen? Aber wir haben hier eine ziemlich beeindruckende Sammlung an Reiseführern«, schloss sie.
»Haben Sie auch Bücher darüber, was schlecht ist an Europa?«, fragte Sophia.
Miss Everling starrte sie an. »An Europa ist gar nichts schlecht. Ich bin nach der Uni ein ganzes Jahr dort herumgereist.« Sie hob den Blick zur Decke und seufzte verträumt. »So viel Kultur und Geschichte â¦Â«
»Geschichte?«, unterbrach Lucy sie und warf ihren Freundinnen einen vielsagenden Blick zu.
Olivia wusste genau, worauf Lucy hinauswollte. »Ja, stimmt, hatten sie da nicht die Pest in Europa?«
»Und die beiden Weltkriege«, betonte Camilla und verzog das Gesicht.
Miss Everling runzelte die Stirn.
»Jetzt aber mal langsam«, sagte sie und sah die Mädchen über den Rand ihrer Brille hinweg an. »Worum genau geht es denn in diesem Referat?«
Lucy fummelte an einem der Bücher im Regal herum. »Wir versuchen unsere⦠Freundin ⦠davon abzubringen, nach Europa zu ziehen«, sagte sie vorsichtig.
Olivia nickte begeistert. »Wir müssen sie davon überzeugen, dass Franklin Grove viel, viel besser ist.«
»Ach so, jetzt verstehe ich«, sagte Miss Everling sanft. »Meine beste Freundin ist nach Kalifornien gezogen, als ich dreizehn war. Es ist so bitter, sich voneinander trennen zu müssen.«
Allerdings, dachte Lucy traurig.
Miss Everling klopfte nachdenklich mit dem Bleistift an ihre dunklen Lippen. Dann zeigte sie auf die Kamera, die Sophia um den Hals hängen hatte. »Sind da Fotos von deinen Freundinnen drauf?«
»Natürlich«, erwiderte Sophia.
Miss Everling rückte ihre Brille zurecht. »Keine Sorge, meine Damen«, sagte sie. »Ich helfe euch dabei, einen tollen Wurf zu landen, dem eure Freundin nicht widerstehen kann. Etwas Aufregendes. Etwas Emotionales. Etwas echt Grottiges!« Sie zuckte zusammen, weil ihr unvermittelt etwas im Vampir-Jargon herausgerutscht war. »Ich meine, etwas echt GroÃartiges.«
Miss Everling ist die genialste Bibliothekarin aller Zeiten, dachte Lucy und wechselte aufgeregte Blicke mit ihren Freundinnen.
»Also«, sagte Miss Everling, »bis wann muss dieses wichtige Projekt fertig sein?«
»Heute«, erwiderte Lucy.
Miss Everling wollte gerade protestieren, als Sophia sagte: »Unsere Freundin soll in zehn Tagen umziehen.«
»Wir haben keine Zeit zu verlieren!«, sagte Olivia flehentlich.
»Okay, okay«, sagte Miss Everling. »Dann müssen
wir uns aufteilen. »Wer will über Franklin Grove recherchieren?«
»Das mache ich«, meldete Olivia sich freiwillig. »Ich bin erst vor ein paar Monaten hergezogen, da kann es nicht schaden, noch ein bisschen was dazuzulernen.«
»Gut«, sagte Miss Everling. »Die Abteilung mit Büchern zur Geschichte des Ortes findest du neben dem Kopierer in der Ecke. Camilla, wie wärâs, wenn du dir Europa vornimmst?«
»Roger, Königin Informasys!«, sagte Camilla und salutierte.
Lucy hatte keine Ahnung, was das heiÃen sollte  â Camilla brachte ständig irgendwelche rätselhaften Zitate aus den Science-Fiction-Romanen, die sie verschlang.
»Aha, ein Coal-Knightley-Fan.« Miss Everling grinste. »Ist er nicht der Beste? Wie auch immer, Captain Omega, Ihre Mission ist es, unattraktive Bilder von Europa zu finden. Es wird nicht leicht werden. Fang mit diesen Reiseführern an und dann such in der Abteilung über Europäische Geschichte weiter, so wie du und Lucy es geplant hattet.«
»Ihr zwei kommt mit mir zu den
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