Die Verbannung
erschrocken beiseite, dann entfernte er sich mit so viel Würde, wie er aufbringen konnte.
Dylan wartete, bis der Offizier sein Pferd bestiegen hatte und davongeritten war, dann kniete er neben der Stelle nieder, wo Ciaran sein musste. Auf Gälisch sagte er: »Guter Junge. Ich bin stolz auf dich.«
Ciaran tauchte mit dem Talisman in der Hand wieder auf und schlang seinem Vater die Arme um den Hals. Dylan hob ihn hoch und drückte ihn so fest an sich, dass der Junge aufschrie. Er war über und über mit Blut beschmiert. Dylan versuchte, ihm mit den Fingern das Gesicht zu säubern, verwischte aber die klebrige Flüssigkeit nur noch mehr. Cody kam ihm zu Hilfe. Mit dem Saum ihres Kleides wischte sie Ciaran sorgfältig die Wangen ab.
Dann setzte Dylan seinen Sohn ab und gab ihm einen Klaps auf das Hinterteil. »Jetzt ab ins Haus mit dir. Spiel mit deiner Schwester und ärgere Sinann ein bisschen.« Ciaran umklammerte die Knie seines Vaters. Dylan machte sich sacht los und beugte sich zu ihm hinunter. »Es ist alles in Ordnung, Sohn. Ich komme gleich nach. Aber vorher muss ich noch etwas erledigen.« Schließlich gehorchte der Junge widerwillig.
Sowie Ciaran im Haus war, nahm Dylan das Rapier Ramsays und Bedfords Säbel und schob beides in das Strohdach über seiner Tür. Dort würde so schnell niemand die Waffen finden. Dann betupfte er vorsichtig die Wunde in seiner Wange, ging zum anderen Ende des Hauses und zog seine Axt aus dein Hackklotz. Cody, die ihm gefolgt war, rief entsetzt: »Dylan, du blutest ja!«
»Ach so.« Wieder betastete er sein Gesicht. »Na ja, ein bisschen. Halb so schlimm.« Mit der Axt in der Hand ging er um das Haus herum zu der Stelle, wo Ramsay lag.
»Aber du bist doch voller ...« In diesem Moment fiel Co-dys Blick auf den Leichnam, und sie schnappte nach Luft. »Großer Gott!«
»Cody, niemand darf diese Leiche zu Gesicht bekommen oder auch nur erfahren, dass sie existiert. Alle anderen denken, Major Bedford hätte Cait auf dem Gewissen.« Er ging zu dem nahezu enthaupteten Leichnam hinüber. Ein paar Schritte davon entfernt löste er seinen Gürtel und ließ seinen Kilt zu Boden gleiten.
»Der Kerl hat sie umgebracht? Nicht Bedford?« Cody raffte ihre Röcke, kam angelaufen und betrachtete den Toten, wagte sich aber nicht zu nahe heran. Sorgfältig achtete sie darauf, ihre Turnschuhe nicht mit Blut zu beschmutzen.
Dylan nickte. Er stand jetzt nur mit seinem Hemd bekleidet vor dem Leichnam und musterte ihn so wachsam, als habe er eine Schlange vor sich und sei sich nicht sicher, ob sie auch wirklich tot wäre.
Codys Stimme zitterte. »Aber willst du denn nicht, dass dein Clan erfährt, wer Cait getötet hat? Und dass ihr Mörder kein Unheil mehr anrichten kann?«
Dylan beugte sich vor und heftete den Blick auf Ramsays fahles Gesicht. »Bloß nicht. Das hier ist Connor Ramsay. Wenn jemand herausfindet, dass er zum Zeitpunkt meiner Heirat mit Cait noch am Leben war, könnten unsere Kinder als unehelich eingestuft werden. Die Ehe wurde zwar nicht vollzogen, aber ohne Cait als Zeugin kann ich das nicht beweisen.« Er kniete sich auf den Boden, zückte seinen sgian dubh und begann, die Knöpfe von Ramsays Rock abzuschneiden. »Dort, wo wir beide herkommen, wäre so etwas nicht weiter tragisch. Aber hier gilt es als Verbrechen, uneheliche Kinder in die Welt zu setzen, und diese Kinder sind ihr Leben lang gebrandmarkt. Nur die Superreichen und die Bitterarmen können es sich erlauben, sich über solch ungeschriebene Gesetze hinwegzusetzen.«
Cody schüttelte ungläubig den Kopf. »Du hast es wirklich getan. Du hast ihn umgebracht.« Sie begann zu würgen. Dylan wünschte, sie würde entweder damit aufhören oder woanders hingehen.
Er konzentrierte sich auf seine Arbeit. »Ich musste es tun, sonst wäre ich jetzt tot. Und zwar wirklich tot, unwiderruflich und endgültig mausetot. Ramsay hat sich nämlich redliche Mühe gegeben, mich umzubringen.«
»Macht es dir denn überhaupt nichts aus, dass du einen Menschen getötet hast?«
Dylan blickte auf. »Was sollte ich denn empfinden, Cody? Trauer? Getrauert habe ich in der letzten Zeit genug, vielen Dank. Oder Reue? Der Kerl hat meine Frau umgebracht, und er hätte auch meine Kinder und mich selbst ermordet, wenn ich ihm nicht zuvorgekommen wäre.« Er begann, den Leichnam zu entkleiden. Die Knöpfe und Juwelen, die Geldbörse und andere Wertsachen legte er beiseite, um sie später von Tormod einschmelzen zu lassen. Die rote Seide, das
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