Die Verbannung
Leder und das Leinen würde er verbrennen. Dann schob er seinen Dolch in die Scheide zurück und wandte sich an Cody. »Geh ins Haus. Achte darauf, dass die Kinder nicht ans Fenster kommen. Ich würde auch dir davon abraten, hinauszuschauen.« Sie nickte, und er blickte ihr nach, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Dann drehte er Ramsays Leichnam um, hob die Axt und hieb den Kopf ganz ab. Danach zerlegte er den Körper methodisch in einzelne Teile. Blut strömte über das Gras.
Sowie der Leichnam in handliche Stücke zerteilt war, ließ er die Axt fallen und holte seine Schaufel, die an der Hauswand lehnte. Er grub ein Loch in seinen Komposthaufen, trug die Leichenreste hinüber und ließ sie hineinfallen. Das Fleisch fühlte sich noch warm an. Er empfand nichts, keinen Ekel, keinen Abscheu vor sich selbst, nichts.
Zuletzt schaufelte er reichlich Mist, Abfälle, Rinderknochen und Blätter über Connor Ramsay. Vor dem nächsten Frühjahr würde hier niemand menschliche Überreste entdecken, und wenn er dann seine Felder gepflügt hatte, konnte er die verrotteten Knochen vollends zermalmen und den Kompost als Dünger auf seinem Acker verteilen. Auf diese Weise hatte Connor Ramsay wenigstens ein einziges Mal in seinem wertlosen Leben etwas Nützliches getan.
Axt und Schaufel waren mit Blut verklebt, also ging er zum Bach, wusch die Geräte sorgfältig und watete dann ins Wasser, um sich selbst zu säubern. Er zog sein Hemd über den Kopf und rieb die Blutflecken im kalten Wasser heraus.
Geistesabwesend fuhr er mit seinen sauberen Fingern durch sein blutgetränktes Haar, starrte seine rot verfärbte Hand einen Moment blicklos an und fuhr dann fort, sich zu waschen. Noch immer schien jegliches Gefühl in ihm erstorben zu sein.
26. KAPITEL
Dylan wrang sein Hemd aus und streifte es über, dann kehrte er zu seinem Haus zurück. Die Sonne stand hoch am Himmel, das Hemd würde also rasch trocknen. Er steckte den Kopf durch das Fenster und bat Cody: »Gib mir die Fotokopie, die du mitgebracht hast, ja?« Cody zog das Papier aus ihrer Bluse und reichte es ihm. Dylan faltete es auseinander, setzte sich auf das Fensterbrett und überflog die Liste. Erstaunt stellte er fest, dass Ciarans Name noch immer darauf stand. »Hier stimmt doch etwas nicht.« Er sah sich nach Sinann um. »Tink, was hat das zu bedeuten?« Doch die Fee ließ sich nicht blicken. Dylan vermutete, dass sie sich zu sehr schämte, und sie hatte auch allen Grund dazu.
Cody warf einen Blick auf die Liste. »Der Name sollte ausgelöscht sein. Ich bin hergekommen, um Ciaran vor dem Tod zu bewahren, und da er noch lebt, dürfte sein Name nicht länger auf dieser Liste stehen.« Sie schlug die Hände vor den Mund, »O Gott, der Tag ist ja noch gar nicht zu Ende. Glaubst du, er könnte ...?«
Dylan blickte in die Richtung, in der Bedford verschwunden war. »Der Teufel soll mich holen, wenn ich hier bis zum Abend tatenlos herumsitze und abwarte, ob meinem Sohn etwas zustößt. Hol Sile und Ciaran und komm mit.«
Er führte sie den Pfad hinunter, den Cody vor zwei Tagen genommen hatte, als sie nach Ciorram hinuntergegangen war. Bei Marcs Haus, das am Fuß des Hügels lag, machte Dylan Halt und bat Ailis, Ciaran und Sile eine Weile mit ihren beiden Söhnen spielen zu lassen, während er mit seiner Base die Kirche besuchte.
Ailis schüttelte den Kopf. »Jetzt sitz aber nicht jeden Tag stundenlang an Caits Grab und hadere mit deinem Schicksal.«
Dylan übersetzte Cody die gälischen Worte, dann erklärte er Ailis: »Nein, wir wollen nicht lange bleiben. Meine Base möchte das Grab aber sehen. Es tut ihr nämlich sehr Leid, dass sie Cait nie kennen gelernt hat.« Ailis sah ihn verwundert an, aber Dylan ging nicht weiter darauf ein, sondern setzte mit Cody seinen Weg zur Kirche fort.
Vater Turnbull besuchte heute eine andere Kirche seiner Gemeinde, daher konnten Dylan und Cody ungehindert das Pfarrhaus und die Kanzleistube betreten. Drinnen war es feucht, und die Luft roch nach Weihrauch und Bienenwachs. Dylan suchte im Halbdunkel nach einer Kerze, fand eine und entzündete sie mithilfe von Stahl und Feuerstein, der auf dem Tisch lag. Ein schwaches, flackerndes Licht erhellte den staubigen Raum, der aussah, als sei er seit Jahren nicht mehr betreten worden.
Er war kärglich möbliert, enthielt nur ein schmales, hartes Bett, einen roh gezimmerten Tisch, einen Stuhl und ein Regal, auf dem ein paar große, ledergebundene Bücher standen - nicht viele,
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