Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
haben, als wir sie mit unserer Wahl an die Macht brachten. Doch was sehen wir nun? Sie unternimmt nichts und versucht, die Probleme auszusitzen! «
In der Geschichte des Grünen Hofs war es bislang nicht vorgekommen, dass eine Herrscherin vom Thron gestoßen wurde, doch prinzipiell gab es diese Möglichkeit durchaus. Es war also höchste Zeit, der Hetzerin Einhalt zu gebieten.
»Wenn ich mir dieses hysterische Gegackere anhöre,
kann ich nur sagen, dass ihr es mit eurer Königin gut getroffen habt«, versetzte Wseslawa bissig. »Schließlich hättet ihr auch dieses panische Huhn wählen können.«
Jaroslawas von Natur aus blasses Gesicht verwandelte sich in eine Feuerscheibe, und im Saal wurde es für einige Sekunden totenstill. Offene Beleidigungen waren bei den Priesterinnen nicht üblich.
»Deine Meinung über die Rolle der obersten Macht ist nicht gerechtfertigt, und deine Anschuldigungen sind lächerlich«, setzte Wseslawa mit ruhiger Stimme fort. »Obwohl es tatsächlich Gründe zur Besorgnis gibt, wären wir schlecht beraten, in Panik zu verfallen und den Kopf zu verlieren. Gelassenheit und Weisheit gehen immer Hand in Hand. Eure Königin hat die Situation nüchtern analysiert, und egal wie sie sich entscheiden wird, sie wird nicht überstürzt handeln. Sollte es nötig sein, werden wir zu einem vernichtenden Schlag ausholen, der die gesamte Stadt erschüttern wird. Doch bevor wir dies tun, müssen wir uns davon überzeugen, dass es die einzige Möglichkeit ist, unsere Probleme zu lösen.«
»Von was für einem Schlag redest du überhaupt?«, warf Jaroslawa ein, die sich rasch wieder gefangen hatte. »Die Energie des Regenbrunnens reicht nicht einmal für ein primitives Trugbild. Wir …«
»Und je weniger du darüber plapperst, desto weniger weden unserer Feinde davon erfahren«, unterbrach sie die Königin schroff. »Wir sind immer noch ein Herrscherhaus. Ich denke nicht, dass es Aufgabe der Priesterinnen ist, unsere Unannehmlichkeiten herumzuposaunen. Das ist eine interne Angelegenheit!«
»Aber hier sind wir doch unter uns«, wandte Jaroslawa ein, die in ihrer Angriffslust jedoch merklich gebremst war.
»Wir werden eine abwartende Haltung einnehmen und darauf hoffen, dass uns die magische Energie des Regenbrunnens möglichst bald wieder im gewohnten Maße zur Verfügung steht. Ich hoffe, wir sind uns darüber einig, dass dies in der gegenwärtigen Situation die einzig vernünftige Entscheidung ist.«
Die Königin sah Jaroslawa herausfordernd an, doch die hochgewachsene Priesterin schüttelte den Kopf.
»Die Barone sind in Sorge. Wir müssen sie in die Beratungen über die Lage des Herrscherhauses mit einbeziehen. «
Der Große Königsrat! Wenn Jaroslawa trotz allem auf seiner Einberufung bestand, war sie sich offenbar recht sicher, die Königin vom Thron stürzen zu können.
»Die Barone müssen wissen, was vor sich geht und darauf vorbereitet werden, notfalls zu intervenieren«, pflichtete Miroslawa der renitenten Priesterin bei. »Der Rat muss einberufen werden.«
Jetzt hatte Wseslawa keinen Ausweg mehr. Sie warf den Kopf in den Nacken und überzog die Priesterinnen sekundenlang mit eisigen Blicken.
»Hiermit verkünde ich die Einberufung des Großen Königsrats«, sagte sie schließlich. »Er wird sich morgen um drei Uhr im Grünen Hof versammeln.« Sie machte eine kleine Pause und fügte dann hinzu: »Um drei Uhr nachts.«
Die Priesterinnen sahen sich verdutzt an.
»Ähm, Eure Majestät …«, sagte Jaroslawa zögerlich. »Ich bin sicher, dass wir die Barone viel schneller zusammenrufen können. Meintet Ihr vielleicht drei Uhr nachmittags? «
»Ich habe das gemeint, was ich gesagt habe, und ich gehe davon aus, dass du die Entscheidung deiner Königin respektierst.«
Die beiden Frauen durchbohrten sich mit Blicken.
»Wir haben den Willen der Königin vernommen.« Miroslawas tiefe, autoritäre Stimme betonierte die Entscheidung: »Der Große Königsrat wird morgen um drei Uhr nachts zusammentreten.«
Kaum hatte sich das Hauptportal hinter den Priesterinnen geschlossen, betrat Metscheslaw durch die kleine Tür hinter dem Thron den Saal. Mit festen Schritten eilte er zur Königin, die verloren neben einem blühenden Strauch stand, und legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Du hast alles gehört?«, fragte Wseslawa.
»Ja. Jaroslawa drängt an die Macht, und dazu ist ihr jedes Mittel recht.«
Die Königin nickte.
»Erlaube mir, sie zu töten«, sagte der Baron und trug seinen
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